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SCHLESWIG-HOLSTEIN/1887: Vertraulichkeit und Laptops - Piraten bläst der Wind entgegen (Landtag)


Der Landtag Schleswig-Holstein
Parlamentszeitung Nr. 08 - Oktober 2012

Reform der Geschäftsordnung
Vertraulichkeit und Laptops: Piraten bläst der Wind entgegen



Über die Themen Transparenz und moderne Technik ist es zu einem heftigen Schlagabtausch zwischen den Piraten und allen anderen Fraktionen gekommen. Am Ende der Debatte beschloss das Parlament zwar eine neue Geschäftsordnung, die unter anderem die Vertraulichkeit der Ältestenratssitzungen ausdrücklich festschreibt. Inwieweit Computer künftig während der Plenarsitzungen benutzt werden dürfen, muss allerdings noch geregelt werden.


Fest steht nun: Der Ältestenrat tagt grundsätzlich vertraulich. Die Ergebnisse der Gespräche können zwar im Anschluss veröffentlicht werden, jedoch keine Gesprächsinhalte, Protokolle oder Unterlagen. Piraten-Fraktionschef Patrick Breyer warf den etablierten Parteien vor, die Entscheidungsprozesse im Parlament vor den Bürgern verbergen zu wollen. Solch ein "Geheimrat" sei aber "verfassungswidrig"; deswegen werde seine Fraktion vor das Landesverfassungsgericht ziehen.

Demgegenüber warfen die anderen Fraktionen den Parlamentsneulingen vor, an Kompromissen mit der großen Mehrheit im Landtag nicht interessiert zu sein. Die Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD, Birgit Herdejürgen, bescheinigte den "Paragrafenreitern der Piraten", sich "in der Rolle des armen Opfers zu gefallen". Wolfgang Kubicki (FDP) sah das genauso: Demokratie bedeute nicht, dass "sechs Abgeordnete dem Parlament vorschreiben können, was richtig und was falsch ist", sagte er mit Blick auf die Piraten-Fraktion.

Bislang war die Vertraulichkeit nicht ausdrücklich festgelegt, und die Piraten hatten mehrmals im Internet aus den Sitzungen berichtet. Im Falle eines "gröblichen" Verstoßes kann künftig eine Fraktion aus dem Gremium ausgeschlossen werden. Im Ältestenrat besprechen der Landtagspräsident, seine Vizes sowie die Spitzen der Fraktionen grundsätzliche Fragen der parlamentarischen Arbeit und bereiten die Plenarsitzungen vor. Auch für die Sitzungen der Fachausschüsse gibt es nun einen Vertraulichkeitspassus in der Geschäftsordnung.

Arbeitsgerät oder Störfaktor?

Zudem attackierten die Piraten ein Mehrheitsvotum des Ältestenrats, wonach der Gebrauch von Laptops im Plenum untersagt werden soll. Stattdessen sollten nur geräuschlose mobile Tablet-Computer und internetfähige Mobiltelefone zum Einsatz kommen - und das auch nur für Zwecke der Mandatsausübung, also beispielsweise nicht, um Fotos oder Tonaufzeichnungen zu machen. Für Breyer ist dies eine "Verbotsorgie aus der Steinzeit des Parlamentarismus". Als Grund für eine eingeschränkte PC-Nutzung hatten die anderen Fraktionen unter anderem störende Geräusche durch klappernde Tastaturen und der Lüfter von Laptops angeführt. Außerdem seien Abgeordnete hinter aufgeklappten Bildschirmen vom Präsidium aus oft nicht zu sehen, hieß es.

Da eine Regelung über den Gebrauch von Computern aber eine Verständigung aller Fraktionen voraussetzt, traten die verschärften Vorgaben zunächst nicht in Kraft, wie Landtagspräsident Klaus Schlie am Schluss der Debatte feststellte. Auf eine konkrete Lösung will sich der Ältestenrat bis zur nächsten Landtagssitzung Mitte November verständigen. (Drs. 18/9, /10, /181, /198)

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Quelle:
Der Landtag Schleswig-Holstein, Nr. 08 im Oktober 2012, S. 5
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veröffentlicht im Schattenblick zum 24. November 2012