Schattenblick →INFOPOOL →PARLAMENT → LANDESPARLAMENTE

SCHLESWIG-HOLSTEIN/2019: Das Urteil - Mehrheitsmeinung und Minderheitsvotum (Landtag)


Der Landtag Schleswig-Holstein
Parlamentszeitung Nr. 08 - Oktober 2013

Das Urteil: Mehrheitsmeinung und Minderheitsvotum



Die Mehrheit des Verfassungsgerichts hat die Beschwerden gegen den Status des SSW zurückgewiesen. Vier Richter sehen die "Rückausnahme" der Partei von der Fünf-Prozent-Hürde als gerechtfertigt an. Auszüge aus dem 59-seitigen Urteil:

"Eine Partei ist eine Partei der dänischen Minderheit, wenn sie aus der Minderheit hervorgegangen ist und sie gegenwärtig personell von der Minderheit getragen wird sowie programmatisch von ihr geprägt ist. Dies ist für jede Landtagswahl erneut zu prüfen. Der SSW war bei der Wahl zum 18. Schleswig-Holsteinischen Landtag eine Partei der dänischen Minderheit. (...)
Die Befreiung der Parteien der dänischen Minderheit (...) als Rückausnahme von der 5%-Klausel berührt zwar die Wahlrechtsgleichheit in ihrer Ausprägung als Erfolgswertgleichheit und die Chancengleichheit der Parteien. Die Regelung ist aber durch die Schutzpflicht des Landes für die politische Mitwirkung der nationalen dänischen Minderheit nach Artikel 5 Absatz 2 Landesverfassung legitimiert und verstößt nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. (...)
Die politische Mitwirkung der nationalen dänischen Minderheit ist ein Verfassungsgut von hohem Rang, dessen Schutz und Förderung dem Land aufgegeben ist. Es ist insofern geeignet, den die Sperrklausel begründenden Erwägungen sowie dem Anspruch konkurrierender Parteien auf Gleichbehandlung die Waage zu halten und als hinreichender und zwingender Grund für eine Rückausnahme anerkannt zu werden."

Den Richtern Klaus Brock, Christoph Brüning und Ulrike Hillmann geht die vollständige "Rückausnahme" des SSW von der Fünf-Prozent-Hürde dagegen zu weit. Auszüge aus ihrem zehnseitigen Sondervotum:

"In der Rechtsprechung des Gerichts wird die Bedeutung der Wahlgleichheit für die parlamentarische Demokratie besonders hervorgehoben. Bei Anwendung dieser Maßstäbe kommt man unserer Ansicht nach jedoch zu dem Ergebnis, dass die vollständige Befreiung des SSW von der Sperrklausel für die Sicherstellung der politischen Mitwirkung der dänischen Minderheit im Schleswig-Holsteinischen Landtag das Maß des zur Erreichung dieses Ziels Erforderlichen überschreitet und die Gleichheit der Wahl unangemessen beeinträchtigt.(...)
Je stärker eine Rückausnahme erfolgt, desto stärker ist die damit verbundene Ungleichbehandlung gegenüber anderen kleinen Parteien. Die vollständige Rückausnahme der Partei der dänischen Minderheit von der Sperrklausel ist daher ein stärkerer Eingriff als eine partielle Befreiung, etwa durch Beschränkung der Befreiung auf ein Mandat. Die Sicherstellung der politischen Repräsentation wird schon durch ein Mandat erreicht."

*

Quelle:
Der Landtag Schleswig-Holstein, Nr. 08 im Oktober 2013, S. 6
Mit freundlicher Genehmigung des Herausgebers:
Der Präsident des Schleswig-Holsteinischen Landtages
Referat für Öffentlichkeitsarbeit, Düsterbrooker Weg 70, 24105 Kiel
Tobias Rischer, Referatsleiter
Telefon: 0431/988-11 16
E-Mail: tobias.rischer@landtag-ltsh.de
Internet: www.sh-landtag.de
 
"Der Landtag" erscheint vierteljährlich.
Abonnement und Versand sind kostenfrei.


veröffentlicht im Schattenblick zum 26. Oktober 2013