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SCHLESWIG-HOLSTEIN/2205: Landtag sucht nach Alternativen zum Diesel-Fahrverbot (Der Landtag)


Der Landtag - Nr. 01 / März 2018
Die Parlamentszeitschrift für Schleswig-Holstein

PLENUM
Landtag sucht nach Alternativen zum Diesel-Fahrverbot


Städte dürfen grundsätzlich Fahrverbote für Diesel-Autos verhängen, um gegen schmutzige Luft vorzugehen. Das hat das Bundesverwaltungsgericht im Februar entschieden - und liegt damit konträr zur Position des Landtages. Der sprach sich im März erneut gegen ein generelles Diesel-Fahrverbot aus und sieht auch eine Blaue Plakette für relativ saubere Diesel-Autos nicht als Lösung.
Umweltminister Robert Habeck (Grüne) sucht für die besonders stark mit Stickoxid belastete Hauptverkehrsader in Kiel, den Theodor-Heuss-Ring, nach milderen Alternativmaßnahmen.


Das Umweltministerium, das für die Luftreinhaltung zuständig ist, arbeite gemeinsam mit der Stadt Kiel an einem so genannten Luftreinhalteplan. "Die Zeit drängt", sagte Habeck im Landtag mit Blick auf die Deutsche Umwelthilfe. Sie klagt aufgrund der anhaltend hohen Luftbelastung in Kiel gegen das Ministerium. Die Bundesregierung müsse Regelwerke mit differenzierten Lösungen schaffen, um pauschale Fahrverbote zu verhindern, appellierte Habeck.

AfD: "Feldzug gegen die deutsche Automobilindustrie"

Die AfD, die das Thema im März auf die Tagesordnung gesetzt hatte, sprach sich gegen eine Blaue Plakette aus, wie sie Umweltschützer und einige Kommunen fordern. Damit sollen relativ saubere Diesel-Autos von Fahrverboten in bestimmten Stadtbereichen ausgenommen werden können. AfD-Politiker Volker Schnurrbusch sagte, Dieselfahrer müssten mobil bleiben und "ein Feldzug gegen die deutsche Automobilindustrie" sei "unverantwortlich". Er warf der Deutschen Umwelthilfe "Lobbyismus" vor. Ein AfD-Antrag gegen die Auto-Kennzeichnung wurde von allen anderen Fraktionen abgelehnt. Sie gingen in der Debatte vor allem auf Lösungen abseits von Plaketten ein.

Die SPD forderte die Automobilindustrie zu kostenfreien Soft- und Hardware-Nachrüstungen bei den Fahrzeugen auf. Verantwortung müssten "die Betrüger, nicht die Betrogenen" tragen, erklärte Fraktionschef Ralf Stegner. Ein entsprechender SPD-Antrag wurde abgelehnt.

CDU-Fraktionschef Tobias Koch stellte sich gegen Fahrverbote und ging auf die Problematik der Luftbelastung ein: An Industriearbeitsplätzen gelte ein Grenzwert von 950 Mikrogramm Stickoxid pro Kubikmeter Luft für mehrere Arbeitsstunden am Tag - am Theodor-Heuss-Ring waren 54 Mikrogramm gemessen worden. "Selbst für Büroräume ist mit 60 Mikrogramm eine höhere Belastung erlaubt als auf dem Fußweg am Theodor-Heuß-Ring", machte er deutlich.

Der liberale Fraktionschef Christopher Vogt sagte, die Dieseltechnologie sei besser als ihr Ruf. Er forderte für Kiel eine Stärkung des Nahverkehrs und eine Verbesserung des Verkehrsflusses.

Grüne sehen Oslo als Vorbild

Kiel könnte von der "innovativen und klugen" Stadt- und Mobilitätspolitik Oslos lernen, sagte Andreas Tietze (Grüne). "100.000 E-Fahrzeuge, freie Schnell-Ladeinfrastruktur in der Stadt, E-Autos fahren auf Busspuren und sind von der City-Maut ausgenommen. Bis 2030 will Oslo den Verbrennungsmotor im gesamten Stadtgebiet verbieten."

Flemming Meyer (SSW) sieht die Bundesregierung in der Pflicht. Sie dürfe Kommunen und Länder nicht allein lassen. Ein DieselFahrverbot auf dem Theodor-Heuss-Ring lehnt er ab. Das löse das Problem nicht, sondern verlagere es nur auf andere Straßen.

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Quelle:
Der Landtag, Nr. 01 / März 2018, S. 23
Mit freundlicher Genehmigung des Herausgebers:
Der Präsident des Schleswig-Holsteinischen Landtages
Schleswig-Holsteinischer Landtag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 1. Juni 2018

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