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SCHLESWIG-HOLSTEIN/2206: "Rocker-Affäre" - Landtag richtet Untersuchungsausschuss ein (Der Landtag)


Der Landtag - Nr. 01 / März 2018
Die Parlamentszeitschrift für Schleswig-Holstein

"Rocker-Affäre": Landtag richtet Untersuchungsausschuss ein


Es geht um möglicherweise manipulierte Akten, um Mobbing-Vorwürfe gegen hochrangige Polizisten und um die Besetzung von Führungsposten in der Landespolizei. Der Landtag will die Ereignisse um die sogenannte Rocker-Affäre in einem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss (PUA) aufklären. Alle Fraktionen stimmten Ende Februar dafür, am 18. April soll es losgehen.


Bereits in der vergangenen Wahlperiode hatten die Piraten die Aufklärung angestoßen, inzwischen hat der Innen- und Rechtsausschuss rund 80 Aktenordner gesichtet, und Innenminister Hans-Joachim Grote (CDU) hat seinen Amtsvorgänger Klaus Buß (SPD, im Amt von 2000 bis 2005) zum Sonderermittler ernannt. Nun folgt der PUA. Er hoffe auf "Aufklärungswillen und Kooperationsbereitschaft aller Beteiligten", so der SPD-Abgeordnete Kai Dolgner. Im Ausschuss dürfte es auch um die Frage gehen, inwieweit die verschiedenen Innenminister von CDU und SPD im Laufe der Jahre über die Vorgänge im Bilde waren. Claus Christian Claussen (CDU) warnte aber vor einem "fröhlichen Scheibenschießen auf Ex-Innenminister".

Burkhard Peters (Grüne) sah das Kernproblem in der Rolle der "V-Leute". Die Doppelrolle der "Vertrauenspersonen" als Bandenmitglied und Polizeispitzel beinhalte eine "schwerwiegende Infektionsgefahr für den Rechtsstaat". Jan-Marcus Rossa (FDP) verwies auf "kurios anmutende Personalentscheidungen" in der Landespolizei im Jahr 2013. Damals seien Führungskräfte trotz massiver Mobbing-Vorwürfe befördert worden. Warum dies geschehen sei, müsse der PUA klären. Die "Rocker-Affäre" habe das Bild der Landespolizei in der Öffentlichkeit beschädigt, stellte Claus Schaffer (AfD) fest. Dies gelte es nun zu korrigieren.

Lars Harms (SSW) äußerte Zweifel, ob der Untersuchungsausschuss die Wahrheit zutage fördern könne. Er hätte eine richterliche Untersuchung der Vorfälle bevorzugt, so Harms. Es bleibe zu hoffen, dass man im PUA "trotz unterschiedlicher Parteiinteressen gemeinsam an der Klärung der Sachverhalte arbeitet".


DER AUFTRAG

Die SPD hat 80 Einzelfragen aufgelistet, CDU, Grüne und FDP haben den Untersuchungsauftrag ergänzt. Die Kernpunkte:
Rocker: Es geht um eine Messerstecherei in einem Schnellrestaurant in Neumünster im Jahr 2010 zwischen Mitgliedern der "Bandidos" und rivalisierenden "Red Devils". Zwei Ermittler geben an, ihr Vorgesetzter im Landeskriminalamt habe sie gehindert, entlastende Aussagen zugunsten von zwei beschuldigten Rockern vollständig zu protokollieren. Die Frage steht im Raum, ob ein Informant aus der Szene geschützt werden sollte - auf Kosten eines rechtsstaatlichen Verfahrens.
V-Leute: Darüber hinaus geht es grundsätzlich um den Umgang der Polizei mit sogenannten V-Leuten (Vertrauenspersonen), die Informationen aus dem Umfeld von Kriminellen liefern. Der "Bandidos"-Informant hätte gar nicht für die Polizei arbeiten dürfen, lautet ein Vorwurf. Denn es lief zu dieser Zeit ein Verbotsverfahren gegen den Rocker-Club.
Mobbing: Die beiden Ermittler behaupten, sie seien von ihren Vorgesetzten gemobbt und gegen ihren Willen versetzt worden. Der PUA will den Bericht einer polizeiinternen Mobbing-Kommission auswerten, in dem schwere Vorwürfe gegen den späteren Landespolizeidirektor Ralf Höhs erhoben werden.
Landespolizei: Ferner will der Ausschuss die Motive von Innenminister Hans-Joachim Grote (CDU) beleuchten, der im Herbst vergangenen Jahres überraschend Landespolizeidirektor Höhs sowie den Leiter der Polizeiabteilung im Innenministerium, Jörg Muhlack, abgesetzt hatte. Grote trat Mutmaßungen entgegen, seine Personalentscheidung stehe im Zusammenhang mit den Ermittlungen gegen die Rocker.
Polizeischule: Es soll mehreren Verdachtsfällen von Sexismus und Rassismus an der Polizeischule Eutin nachgespürt werden, darunter auch einer möglicherweise rassistischen Äußerung eines Ausbilders.


Weitere Informationen:
Den Vorsitz des PUA wird der CDU-Abgeordnete CLAUS CHRISTIAN CLAUSSEN übernehmen. Weitere Informationen zur Zusammensetzung, zu den Rechten eines PUA und zu den Sitzungsterminen lesen Sie in der kommenden Ausgabe der Landtagszeitschrift.

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Quelle:
Der Landtag, Nr. 01 / März 2018, S. 27
Mit freundlicher Genehmigung des Herausgebers:
Der Präsident des Schleswig-Holsteinischen Landtages
Schleswig-Holsteinischer Landtag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 6. Juni 2018

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