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INNEN/2382: NSU-Terror - Thüringer Verfassungsschutz schwer belastet


Pressemitteilung der SPD-Bundestagsfraktion - 17. Januar 2013

Arbeitsgruppe: des 2. Untersuchungsaussch. (Terrorgruppe NSU)

NSU-Terror: Thüringer Verfassungsschutz schwer belastet



Zur heutigen Zeugenvernehmung von Oberstaatsanwalt Gerd Michael Schultz erklärt die Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion im Untersuchungsausschuss "Terrorgruppe NSU" Eva Högl:

Der Thüringer Verfassungsschutz hat Ende der 1990er Jahre die Ermittlungen gegen die untergetauchten rechtsextremistischen NSU-Terroristen maßgeblich behindert. Dies ergibt sich aus Akten des Untersuchungsausschusses und wurde heute von Oberstaatsanwalt Gerd Michael Schultz bestätigt, der damals die Ermittlungen führte. Schwere Vorwürfe wurden vor allem auch gegen die Leitung des Landesamtes für Verfassungsschutz (LfV) erhoben.

Nachdem die Zielfahndung des Landeskriminalamtes keinerlei Anhaltspunkte für den Verbleib des flüchtigen NSU-Trios hatte, sei die Vermutung aufgekommen, dass der Verfassungsschutz Erkenntnisse über die Untergetauchten haben könnte, diese aber gezielt zurück halte. Der damalige Leitende Oberstaatsanwalt Arndt Koeppen hat daraufhin - auf Drängen des Zeugen - in einem Schreiben konkrete Fragen an die Leitung des LfV gerichtet. Insbesondere wollte man wissen, ob beim LfV Informationen über das Trio vorlagen, die für die Zielfahndung wichtig gewesen wären. Dies wurde durch das LfV sowohl schriftlich verneint, als auch noch einmal bei einem persönlichen Besuch der Leitung des LfV (Präsident Helmut Roewer oder Vizepräsident Peter-Jörg Nocken) bei der Staatsanwaltschaft besonders betont.

Inzwischen ist jedoch nachgewiesen, dass damals bereits wichtige Hinweise über das Trio im LfV vorgelegen hatten und auch danach noch eingegangen sind, die - aus bislang ungeklärten Gründen - weder an die Zielfahndung noch an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet wurden.

Das LfV hatte nach dem Abtauchen des Trios zunächst Hinweise, dass in der rechten Szene Geld, später Waffen besorgt werden sollten, da das Trio einen Überfall plane. Im Jahr 1999 gab es auch den Hinweis, dass die drei kein Geld mehr benötigten, da sie "jobben" würden. Bei einer systematischen Auswertung, Zusammenschau und insbesondere Weiterleitung an die Zielfahndung der Polizei hätten sich wichtige neue Fahndungsansätze ergeben können. Die Frage, wie man sich unter Verwendung von Waffen Geld verschafft, hätte das Augenmerk der Polizei auf die ungeklärten Banküberfälle lenken können. Dies wurde durch das LfV Thüringen verhindert.

Der Zeuge Schultz hat ferner bestätigt, dass das LfV versucht hat, Einfluss auf die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen, insbesondere im Verfahren gegen den damaligen V-Mann des Verfassungsschutzes, Tino Brandt, zu nehmen. Seiner Erinnerung nach sei ein Mitarbeiter des Landesamtes für Verfassungsschutz bei ihm vorstellig geworden und habe die Ermittlungen gegen Tino Brandt kritisiert. Dieser sei schließlich kein Gewalttäter, man verstehe nicht, warum die Staatsanwaltschaft sich so für Tino Brandt interessiere. Zurecht hat der Zeuge Schultz dagegen sehr deutlich gemacht, dass Tino Brandt als V-Mann völlig ungeeignet sei, da er im Verdacht stand, zahlreiche rechtsextremistische Straftaten begangen zu haben.

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Quelle:
Pressemitteilung Nr. 046 vom 17. Januar 2013
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veröffentlicht im Schattenblick zum 19. Januar 2013