afrika süd - zeitschrift zum südlichen afrika
Nr. 2, März/April 2016
Umkämpftes Land
Die Rückgabe von Land ist in Südafrika politisch umstritten
Daten- und Faktenbasis: offizielle Publikationen und Medienberichte
Änderungen der Landreform sollen die ungleiche Landverteilung überwinden. Damit will die ANC-Regierung der Oppositionspartei Economic Freedom Fighters (EFF) gegensteuern, die mit Forderungen zur Enteignung und Verstaatlichung von Land vor den Kommunalwahlen ab Mai 2016 um Wähler wirbt.
In der Debatte über den Land Expropriation Bill prallten Anfang
Februar 2016 die parteipolitischen Fronten aufeinander. Während
ANC-Vertreter den Gesetzesentwurf zur möglichen Enteignung von Land
für öffentliche Bauprojekte wie Straßen oder Stromlinien zustimmten,
kritisierten die Oppositionsparteien Economic Freedom Fighters (EFF)
und Democratic Alliance (DA) diese Novelle scharf. Die Kontroverse
über privaten Landbesitz und staatliche Rahmenbedingungen ist schon
seit Jahren ideologisch aufgeladen. Denn die EFF setzt auf radikale
Enteignung, demgegenüber will die DA Privatbesitz als wichtige
Wirtschaftsbasis schützen.
In seiner Rede zur Nation erklärte Präsident Jacob Zuma im Februar 2015, ein neuer Gesetzesentwurf (Regulation of Land Holding Bill) soll den Landbesitz auf 12.000 Hektar pro Farm beschränken. Ausländer sollten nicht mehr Land kaufen dürfen, sondern langfristige Pachtverträge schließen. Eine Neuregelung werde es mit dem Property Valuation Act geben, denn das neu einzurichtende Amt des Valuer-General soll Landbesitzfragen regeln, die bisherige Methode "williger Käufer - williger Verkäufer" werde damit beendet. Zuma kündigte eine zügige Verabschiedung und Umsetzung der Gesetzesnovellen an.
Landrechtsexperten zufolge wurden bis Ende Dezember 2015 bis zu 121.000 neue Anträge auf Landrückgabe bei der Landrechtskommission eingereicht, und zwar von Menschen, die den Stichtag 31.12.1998 verpasst hatten. Diese Kommission hatte vor allem aus den Provinzen Gauteng, dem Western und Eastern Cape sowie aus KwaZulu-Natal und dem Freistaat Anträge auf Landrückgabe erhalten, davon wurden über 60.000 bis zum 30.6.2015 bearbeitet, knapp 7000 Anträge standen noch aus. In der Provinz Eastern Cape waren das offiziellen Angaben zufolge 17.638 Anträge, bis zum 31.3.2015 wurden davon 16.726 bearbeitet, 912 standen noch aus.
Im Eastern Cape und im Freistaat gibt es - unter Bezug auf die Verfassungsgrundlagen - Neuaufteilungen von Farmen: 50 Prozent an die Farmarbeiter unter Berücksichtigung ihrer dortigen Arbeitsjahre und 50 Prozent an die bisherigen Besitzer. Die Regierung will den Anteil für die Farmarbeiter zahlen, wobei das Geld für Investitionen und die Verbesserung der Management- und weiterer Kompetenzen der neuen Anteilseigner genutzt werden soll. Die Gesetzesgrundlagen dafür bieten Erweitungen des Security of Tenure Act (ESTA) und des Labour Tenants Act.
Schon Mitte Februar 2013 hatte der damalige Minister für Landreform und ländliche Entwicklung, Gugile Nkwinti, klargestellt: Das Ziel des Landreformprogramms 2009, bis 2014 24,5 Mio. Hektar von 82 Mio. Hektar aus dem Besitz weißer Farmer an frühere Besitzer zurückzugeben, war zu eng gesteckt. Zwar war damals ein Entwicklungstrust im Rahmen des Rekapitalisierungs- und Entwicklungsprogramms (Recap) eingerichtet worden und das vom Kabinett 2011 verabschiedete Green Paper zum Landbesitz stärkte zusätzlich die Reformansätze. Zudem gab es Unterstützungsprogramme für neu angesiedelte Farmer. Sie waren jedoch kein integraler Bestandteil der Landreform. Gleichzeitig blieb der Kreditzugang für viele neue Farmer schwierig. Zwischen 1994 und Anfang Januar 2013 wurden im Rahmen verschiedener Programme 4813 Farmen mit 4,123 Mio. Hektar Land an 230.886 Personen zurückgegeben. Dazu zählten 50.440 Frauen, die nun 1,7 Mio. Hektar Land besitzen, 32.563 junge Menschen und 674 Behinderte. Dafür hat der Staat 12,9 Milliarden Rand ausgegeben. Er hat auch 1,8 Mrd. Rand in die Kapitalausstattung von 696 Farmen investiert, die nun 4982 Arbeiter beschäftigen.
In Rahmen des Restitution of Land Rights-Programms von 1995 hat der Staat laut Minister Gugile Nkwinti 16 Mrd. Rand ausgegeben und 4.001 Stück Land, konkret 1,443 Million Hektar, im Rahmen von 5856 Anträgen verteilt. Davon profitierten unter anderem 136.968 Haushaltsleiterinnen und 672 Behinderte. Von 77.148 Antragstellern bevorzugten demnach 71.292 kein Land, sondern finanzielle Kompensationen, die sie auch erhielten. Damit wurden Anträge auf Landrückgabe im Kontext des nationalen Entwicklungsplans geregelt.
*
ICH BIN, WEIL ANDERE SIND: MENSCHEN AUF DEM WEG
Menschen auf dem Weg. Bernhard (Felix) von Grünberg und Klaus Thüsing
über Migration und Flucht.
AKTUELL
URAN IN NAMIBIA - SEGEN ODER FLUCH?
In Namibia wird Uran abgebaut, das Industrieländer als Brennstoff für
ihre Atomkraftwerke nutzen. Gleichzeitig importiert Namibia teuren
Strom. Bertchen Kohrs deckt diese Gegensätze auf.
PHOSPHATRAUSCH IN DER TIEFSEE
Der geplante Phosphatabbau vor Namibias Küste ruft Wissenschaftler und
Kritiker auf den Plan. Swakopmund Matters fürchtet um die Zerstörung
des marinen Ökosystems und der Fischerei.
DORFBEWOHNER GEGEN URANABFALL
Im Malawisee werden Uranabfälle versenkt. Die Bewohner im
Karinga-Distrikt wollen das stoppen. Von ihrer Kampagne berichtet
Collins Mtika.
IM GUPTAGATE VERFANGEN
Ausverkauf des Staates, Errichtung einer Schattenregierung und
verantwortungslose Patronage lauten die Vorwürfe gegen Präsident Jacob
Zuma. Eine Chronologie von Rita Schäfer skizziert Hintergründe und
Kontroversen in der Regierung und Opposition.
DARF DER MÖRDER VON CHRIS HANI AUF FREIEN FUSS?
Gibt des zwanzig Jahre nach Beginn der Wahrheits- und
Versöhnungskommission (TRC) Gerechtigkeit für die Opfer? fragt
Marjorie Jobson.
KENNY MOTSAMAI: KEINE HAFTENTLASSUNG OHNE FREIHEIT
In Südafrika sind heute noch schwarze politische Gefangene in Haft.
Das betrifft Kämpfer der APLA, des bewaffneten Arms des Pan Africanist
Congress (PAC). Sabelo Sibanda setzt sich für sie ein.
"EIN GRIQUA OHNE LAND IST EIN NACKTER GRIQUA"
Den Kampf der Griqua um Land und Identität beschreibt Erwin
Schweitzer.
UMKÄMPFTES LAND
Die Rückgabe von Land ist in Südafrika politisch umstritten.
LANDSCHAFTEN DES ERINNERNS
Unsettled. Ein südafrikanischer Fotoessay über das Ostkap von Cederic
Nunn. Seinen Spuren folgt Tamara Fick.
ZAKES MDA UND NAKHANE TOURÉ
Literarische Begegnungen im Goethe-Institut in Johannesburg. Beate
Steinblum über den Dialog der zwei bedeutenden südafrikanischen
Autoren.
BLAME ME ON HISTORY - WILLIAM 'BLOKE' MODISANE
Er schrieb Geschichte - die Geschichte Sophiatowns, des vibrierenden
Jazz- und Kulturbezirks in Johannesburg. Modisane zählte auch zu den
wichtigsten Journalisten der Zeitschrift Drum. Katharina Fink erinnert
an sein Werk.
LINDA GABRIELS LYRIK
Warnung des Chefarztes: Diese Gedichte könnten Sie verfolgen. Ncube
beschreibt Empfindungen beim Lesen der Lyrik und stellt ausgewählte
Gedichte vor.
DAS AUSSCHWEIFENDE ZURECHTSTUTZEN
Der angolanische Schriftsteller Jose Eduardo Agualusa im Gespräch mit
Manfred Loimeier.
ALLES PASSIERT HIER Michael Keglers Gedanken zu zwei großartigen Luanda-Romanen.
ISLAM UND POLITIK AUF SANSIBAR
Auf dem Inselarchipel Sansibar fanden am 20. März 2016 erneute Wahlen
statt. Roman Loimeier erläutert den Einfluss des Islams auf Politik
und Geschichte.
REZENSIONEN
*
Quelle:
afrika süd - zeitschrift zum südlichen afrika
45. Jahrgang, Nr. 2, März/April 2016, S. 21
Herausgeber: informationsstelle südliches afrika e.V. (issa)
Königswinterer Straße 116, 53227 Bonn
Tel.: 0228 / 46 43 69, Fax: 0228 / 46 81 77
E-Mail: info@issa-bonn.org
Internet: www.issa-bonn.org
"afrika süd" erscheint mit 6 Heften im Jahr
Jahresabonnement Euro 40,-
veröffentlicht im Schattenblick zum 16. Juni 2016
Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang