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AFRIKA/818: Westsahara - die letzte Kolonie Afrikas (Leben & Helfen)


Leben & Helfen - 1-2010
Das Magazin des Arbeiter-Samariter-Bund Österreichs

Westsahara - die letzte Kolonie Afrikas

Von Markus Widmer

Foto: © Andreas Blog, GEZA

Foto: © Andreas Blog, GEZA

Die Bevölkerung der Westsahara wartet seit Jahrzehnten auf ihr Recht, über die eigene Zukunft in einem fairen Referendum abstimmen zu dürfen. Eine Konferenz in Wien versuchte, wieder Bewusstsein für die verzweifelte Situation der Saharauis zu schaffen und Perspektiven aufzuzeigen.

Expertinnen und Experten trafen sich am 4. März 2010 in Wien zu einer Konferenz mit dem Thema "Westsahara - die letzte Kolonie Afrikas". Eingeladen hatten das Vienna Institute for International Dialogue and Cooperation (VIDC) und die Gemeinnützige Entwicklungszusammenarbeit GmbH (GEZA), deren Gesellschafter der Samariterbund ist. Vor der Konferenz standen die internationalen Gäste für ein Pressegespräch zur Verfügung.

Als "politischen und moralischen Skandal" bezeichnete Emhamed Khadad die Situation der Westsahara. Er ist seit 1982 Führungsmitglied der POLISARIO, der saharauischen Befreiungsbewegung. Diese kämpft seit 35 Jahren gegen die marokkanische Besetzung der Westsahara und für eine unabhängige Republik; seit dem Waffenstillstand von 1991 nur noch mit friedlichen Mitteln. Bereits 1992 hätte ein Referendum über die Zukunft der Westsahara stattfinden sollen, durchgeführt durch eine Mission der Vereinten Nationen (MINURSO). Trotz mehrerer Resolutionen der UNO und eines klaren Gutachtens des Internationalen Gerichtshofs wartet die saharauische Bevölkerung bis heute auf die Durchführung dieses Referendums. Marokko blockiert das vereinbarte Referendum seit 19 Jahren. Dennoch führt an der Abstimmung kein Weg vorbei, wie Ingunde Fühlau erklärte, die vier Jahre lang das Verbindungsbüro der MINURSO geführt hatte: "Das Referendum ist eine Minimalforderung. Die einzige Alternative wäre, dass sich Marokko aus der Westsahara zurückzieht".

Das Gegenteil ist der Fall. Während rund 165.000 Saharauis seit 35 Jahren in Flüchtlingslagern in der algerischen Geröllwüste leben und die POLISARIO einen Teil des Hinterlandes kontrolliert, beutet Marokko die reichen Bodenschätze des besetzten Teils der Westsahara aus. Zusätzlich schloss Marokko ein Fischereiabkommen mit der EU ab, wodurch nun die Gewässer der Westsahara zugunsten der marokkanischen Staatskasse durch EU-Fangflotten befischt werden. Axel Goldau, Mit- Initiator der Kampagne "Fish Elsewhere", brachte die Problematik dieses Abkommens auf den Punkt: "Mit dieser Vereinbarung hat die EU gegen das Völkerrecht verstoßen, wie ein Bericht des juristischen Dienstes des europäischen Parlaments eindeutig belegt. Damit kompromittiert die EU ihre eigene Integrität und stellt wirtschaftliche Interessen über die Grundsätze der Völker- und Menschenrechte." Im Rahmen des Fischereiabkommens zahlt die EU insgesamt 144 Millionen Euro an Marokko.

Einige Saharauis verlieren angesichts dieser Situation die Geduld und sprechen davon, dass auch der bewaffnete Kampf nicht auszuschließen sei. Das erklärte Ziel der UNO-Mission ist die Durchführung des Referendums. Der Weg dahin ist derzeit jedoch alles andere als frei.


Über die GEZA Die Gemeinnützige Entwicklungszusammenarbeit GmbH realisiert im Sinne von "Hilfe zur Selbsthilfe" Projekte in Bereichen wie Armutsbekämpfung, Demokratieförderung, Menschenrechte, Bildung, Gesundheit und lokale Wirtschaftsentwicklung. Neben Mittelamerika und Bildungsarbeit in Europa liegt der Schwerpunkt der GEZA in Afrika. In den Flüchtlingslagern der Saharauis in El Aiuun wird derzeit mit den Bewohnern eine Volksschule renoviert.
www.geza.at


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Quelle:
Leben und Helfen 01/2010, S. 7
Das Magazin des Arbeiter-Samariter-Bund Österreichs
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veröffentlicht im Schattenblick zum 18. Juni 2010