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AFRIKA/925: Côte d'Ivoire - UN zwischen den Fronten (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 22. Dezember 2010

Côte d'Ivoire: UN zwischen den Fronten - Ban Ki-moon: Keine Souveränitätsverletzung

Von Thalif Deen


New York, 22. Dezember (IPS) - In Côte d'Ivoire sind die Vereinten Nationen und deren Friedenstruppen zwischen die Fronten eines erbitterten Machtkampfs geraten, den sich der noch amtierende Staatspräsident Laurent Gbagbo und sein Konkurrent Alassane Ouattara liefern. Mit 54 Prozent der Stimmen wird Ouattara international als Wahlsieger anerkannt. Für Gbagbo hatte die unabhängige Wahlkommission 46 Prozent registriert. Eine endgültige Entscheidung des ivorischen Verfassungsrats steht noch aus.

Neben der Afrikanischen Union (AU), der Wirtschaftsgemeinschaft westafrikanischer Staaten (ECOWAS) und der Europäischen Union (EU) stärkt auch UN-Generalsekretär Ban Ki-moon Ouattara, einem früheren UN-Vertreter beim Internationalen Währungsfonds (IWF), den Rücken. Doch Gbagbo klammert sich mit Hilfe der gut 30.000 Mann starken Armee und ihm ergebener Milizen an die Macht.

Jetzt debattieren die UN darüber, in wieweit es dem UN-Generalsekretär oder dem Sicherheitsrat erlaubt ist, sich in die inneren Angelegenheiten eines souveränen Staates einzumischen. Nach Kapitel VII der UN-Charta hat der Sicherheitsrat das Recht einzugreifen, wenn dem internationalen Frieden und der Sicherheit Gefahr droht. Sind aber die Voraussetzungen in Côte d'Ivoire für eine solche Intervention gegeben und dürfen bewaffnete UN-Truppen in das westafrikanische Land entsendet werden, um dort den rechtmäßigen Staatspräsidenten an die Macht zu bringen?

Der Sicherheitsrat hat bekräftigt, dass er "die konstruktive Haltung des UN-Generalsekretärs" unterstützt. Zugleich verurteilte er die gewalttätigen Übergriffe auf die dort stationierten 9.100 Blauhelme "auf das Schärfste".

Vor der UN-Vollversammlung sprach Ban von einer zunehmend angespannten Lage in Côte d'Ivoire und warnte vor einer Rückkehr zum Bürgerkrieg. Fünf Jahre lang, von 2002 bis 2007, hatten sich der Norden und der Süden des Landes bekämpft. Jetzt berichten Soldaten der dort stationierten UN-Truppe UNOCI von der Anwerbung liberianischer Söldner, die gegen bestimmte Volksgruppen vorgehen sollten.


Ban Ki-moon: UN auf der Seite Afrikas und der Demokratie

Klagen, die UN verletzten die ivorischen Souveränität, wies der UN-Generalsekretär entschieden zurück. "Die Vereinten Nationen stehen an der Seite Afrikas und damit gegen jeden Versuch, ein demokratisches Verfahren zu annullieren und den Willen des ivorischen Volkes zu missachten", erklärte Ban.

Zunächst verlängerte der UN-Sicherheitsrat das UNOCI-Mandat bis zum 30. Juni nächsten Jahres und beschloss zudem, bis März 2011 bis zu 500 weitere UN-Soldaten nach Côte d'Ivoire zu entsenden. Nach Ausschreitungen gegen UN-Blauhelme, die den Wahlsieger Ouattaras schützen sollen, hat sich die Lage zugespitzt. Der UN-Generalsekretär klagte, das Gbagbo unterstützende Militär schränke die Bewegungsfreiheit des UN-Personals ein. "Das ist eine offenkundige Verletzung von Resolutionen des Sicherheitsrates und des UN-Mandats", stellte er fest.

"Einer solchen direkten und unannehmbaren Herausforderung kann die Weltgemeinschaft nicht tatenlos zusehen" erklärte Ban. Nach Ansicht seines Sondergesandten für Côte d'Ivoire, Choi Young-jin, der mit der Überprüfung des Wahlergebnisses beauftragt war, haben die UN alles richtig gemacht. "Auch wenn es dem derzeitigen Amtsinhaber nicht gefällt, bekräftigen AU, ECOWAS und der Sicherheitsrat die Haltung der UN", erklärte er.

Zugleich warnte er, bei einer weiteren Verschlechterung der Lage in Côte d'Ivoire riskierten die UN zwischen die Fronten der sich bekämpfenden Parteien zu geraten. Dabei ging der UN-Diplomat von zwei möglichen Szenarien aus: Zum einen wäre jeder Angriff auf die UN auch ein Angriff auf die internationale Gemeinschaft, der für die Täter gravierende Folgen haben werde, stellte Choi fest.

Wenn anderseits die Spannungen anhalten und die Gewalt außer Kontrolle gerät, könnte es zu Massenmorden und zum Genozid kommen. "Genau diese Situation wollen wir vermeiden", bekräftigte er. Der international für Frieden und Sicherheit verantwortliche UN-Sicherheitsrat müsse deshalb entschieden für die Beendigung der Gewalt und die Rückkehr zur Normalität eintreten.

Unterdessen haben Gbagbo und Ouattara eigene Regierungen gebildet. Beide wollen eigene UN-Botschafter akkreditieren lassen. Der für die Beglaubigung von UN-Botschaftern zuständige UN-Ausschuss wird entscheiden, wer als Côte d'Ivoires legitimer Vertreter bei den UN akkreditiert wird. (Ende/IPS/mp/2010)


Links:
http://www.un.org/
http://www.un.org/en/peacekeeping/.../unoci
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veröffentlicht im Schattenblick zum 23. Dezember 2010