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ASIEN/980: Korruptionsprozess in Hanoi beendet - Hauptangeklagter erhielt lebenslange Haftstrafe (Gerhard Feldbauer)


Korruptionsprozess in Hanoi beendet

Hauptangeklagter Trinh Xuan Thanh erhielt lebenslange Haftstrafe

von Gerhard Feldbauer, 22. Januar 2018


In Hanoi ging am Montag mit der Urteilsverkündung des Obersten Gerichts der Sozialistischen Republik Vietnam (RSV) der zweiwöchige Prozess gegen 22 der Korruption angeklagte frühere hochrangige Manager des staatlichen Öl- und Gas-Konzerns PetroVietnam (PVN) zu Ende. Sie wurden, wie Vietnam News Agency (VNA) aus der Anklageschrift wiedergab, beschuldigt, schwerste Wirtschaftsverbrechen begangen, Bestechungsgelder in Millionenhöhe kassiert, umgerechnet Hunderte Millionen Euro veruntreut zu haben. Hauptangeklagte waren der ehemalige PVN-Vorsitzende Dinh La Thang, früher Mitglied des Politbüros der Kommunistischen Partei Vietnams (KPV), gleichzeitig Partei-Chef von Saigon, und der einstige Chef der PVN-Tochtergesellschaft PetroVietnam Construction Joint Stock Corporation (PVC), Trinh Xuan Thanh. Wie VNA am Montag meldete, wurden Dinh La Thang zu 13 Jahren Haft und Trinh Xuan Thanh zu einer lebenslangen Haft verurteilt. Das Gericht kam damit den Anträgen der Staatsanwaltschaft, die diese gemäß Artikel 165 Absatz 3 des vietnamesischen Strafgesetzbuchs mit "vorsätzlichen Verstößen gegen die Verwaltungsvorschriften des Staates für die Wirtschaftsführung." begründet hatte.

Die vietnamesischen Medien, darunter die Parteizeitung Nhan Dan, widmeten dem Prozess große Aufmerksamkeit. In fast täglichen ausführlichen Berichten wurden sowohl der Standpunkt der Anklage als auch die Angeklagten mit Aussagen wiedergegeben. Entgegen Behauptungen in deutschen Medien widerspiegelten diese Berichte einen fairen Prozess. Thanh, der u. a. beschuldigt wurde, 500.000 Euro Schmiergelder kassiert zu haben, war vor seiner Verhaftung 2016 in die BRD geflohen und hatte einen Asylantrag gestellt. Die deutschen Behörden kamen einem vietnamesischen Auslieferungsantrag nicht nach. In Berlin wurde von offizieller Seite, u. a. von Außenminister Sigmar Gabriel, behauptet, Xuan Thanh sei vom Geheimdienst der RSV gewaltsam nach Vietnam zurück gebracht worden. Dieser erklärte dagegen vor Prozessbeginn im vietnamesischen Fernsehen, er sei freiwillig zurückgekehrt, um sich seiner Verantwortung zu stellen. Beide Hauptangeklagte erhielten zu Prozessbeginn Gelegenheit, zu der Anklage ausführlich Stellung zu nehmen, berichtete VietnamNet Online am 9. Januar. Sie waren geständig und gaben zu, Fehler gemacht zu haben. "Ich bedauere das, was ich getan habe, sehr", zitierte das Onlineportal VN Express am 17. Januar Xuan Thanh. Zu den Verlusten von Millionen Euro beim Bau von Kraftwerken sei es gekommen, weil er Verträge nicht ausreichend geprüft, aber trotzdem unterschrieben, und weitere Leiter angewiesen habe, das ebenfalls zu tun. Auf die Fragen nach hohen Vorauszahlungen, die in einem Projekt geflossen seien, lehnte er laut VietnamNet Online Aussagen ab und verwies auf die Zuständigkeit von anderen Angeklagten. Zur Wiedergutmachung des angerichteten Schadens zahlte die Mutter von Xuan Thanh 88.000 US-Dollar an die Staatskasse. Beide Angeklagte baten um milde Urteile und um Begegnungen mit Familienangehörigen vor Antritt ihrer Haftstrafen, so VNExpress Online. Xuan Thanh bat vor Strafantritt, seine Frau mit zwei Kindern in Deutschland besuchen zu dürfen. Ein Einspruch der Angeklagten zum Urteil liegt bisher nicht vor.

Gleichzeitig mit dem Prozess in Hanoi findet ein weiterer in Ho-Chi-Minh-Stadt (Saigon) statt, in dem ehemalige Manager der vietnamesischen Baubank angeklagt sind, 400 Millionen US-Dollar veruntreut zu haben. Gegen Xuan Tranh beginn am Mittwoch ein weiterer Prozess, in dem es um die entgegen genommenen Bestechungsgelder geht.

Die Prozesse verdeutlichten das große Ausmaß, das die Korruption unter führenden Wirtschaftsmanagern staatlicher Unternehmen, die mit ausländischen Konzernen durch Joint Ventures verbunden sind, angenommen hat. Von diesen Partnern geht die in der Welt des Kapitals übliche Praxis aus. Und sie wollen im Konkurrenzkampf nicht nur Millionenschwere Aufträge ergattern, sondern den kapitalistischen Sektor in der Wirtschaft der RSV von derzeit 40 Prozent ausweiten, ihn zum vorherrschenden machen und vor allem die führende Roll der KPV beseitigen. Ihre Handlanger sind bestochene Manager vom Typ eines Xuan Thanh. Es geht, wie KPV-Generalsekretär Nguyen Phu Trong, der sich an die Spitze der Antikorruptionskampagne stellte, deutlich machte, um den sozialistischen Weg. Er verurteilte scharf "eine sinkende Moral und einen dekadenten Lebensstil, der unter Parteimitgliedern um sich greife". Kader, die Korruption, Vetternwirtschaft, Bürokratie, Opportunismus und Individualismus betrieben, "hätten sich meilenweit von der Öffentlichkeit und dem, womit sich die normalen Menschen befassen, entfernt".

VNA zitierte ein Statement der "Patriotischen Front Vietnams", das "den Kampf gegen Korruption und Veruntreuung eine entscheidende Aufgabe" nannte, an dem "die Teilnahme der ganzen Gesellschaft und ihres politisches System" mobilisiert werden müsse. Der Vorsitzende des Dachverbandes der Massenorganisationen, Tran Thanh Man, betonte, die Rolle der KPV und aller Instanzen des Staates müsse "gestärkt werden".

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Quelle:
© 2018 by Gerhard Feldbauer
Mit freundlicher Genehmigung des Autors


veröffentlicht im Schattenblick zum 24. Januar 2018

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