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ITALIEN/025: Kommunisten Italiens appellieren an Einheit von Mitte Links (Gerhard Feldbauer)


Kommunisten Italiens appellieren an Einheit von Mitte Links

Rechte zimmert Wahlallianz zusammen

von Gerhard Feldbauer, 10. Oktober 2012



Italiens Kommunisten, die Parteien PRC und PdCI, haben an die Parteien von Mitte Links appelliert, die parteiinternen Machtkämpfe zu beenden und den Attacken der Rechten einheitlich entgegen zu treten. Anlass sind deren Manöver, einen Einheitsblock gegen einen möglichen Wahlsieg von Mitte Links zusammen zu zimmern.

Die früheren Parteigänger des im November 2011 zu Fall gebrachten faschistoiden Regierungschefs Silvio Berlusconi versuchen zur Zeit, sich als "moderate Koalition" ein demokratisches Image zu verschaffen. Es sind die von dem früheren Führer der faschistischen Alleanza Nazionale, Gianfranco Fini, aus seiner Gefolgschaft neu formierte Partei Zukunft und Freiheit (FeL), die Volksfreiheitspartei (PdL) Berlusconis, die Union Demokratischer Christen (UDC) und weitere rechte Grüppchen. Nicht zu vergessen die rassistische Lega Nord, die sich zwar noch ziert, deren Beitritt zur neuen Rechtsallianz aber sicher sein dürfte. Im Süden soll der Berlusconi-Intimus und Bürgermeister von Salerno, Vittorio Sgarbi, den die Staatsanwaltschaft erst kürzlich wegen Mafia-Verwicklungen im Visier hatte, Stimmen sammeln. Wem Kontakte zur ehrenwerten Gesellschaft nachgesagt werden, der ist dafür seit jeher bestens geeignet.


Monti soll für die Rechte kandidieren

Diese Allianz will den früher traditionellen Namen Centrodestra (Rechtes Zentrum) übernehmen, in der keine dieser faschistoiden Parteien einst einen Platz erhalten hätte. In der für Mitte Links stehenden römischen "Repubblica" wurde denn auch gefragt, wo da ein Zentrum sein soll. Es soll durch den derzeitigen konservativen Regierungschef Mario Monti repräsentiert werden. Entgegen den Vereinbarungen, er solle ausschließlich als Premier einer Übergangsregierung amtieren, will die Rechte jetzt mit ihm als Spitzenkandidat und "Repräsentant der Moderaten" zu den Parlamentswahlen 2013 antreten.

Dabei versuchen die Rechten von der Erklärung des im November vergangenen Jahres als Regierungschef zu Fall gebrachten Mediendiktators Silvio Berlusconi zu profitieren, nicht wieder für das Amt des Premiers zu kandidieren. Dessen Nachfolger an der Spitze der Volksfreiheitspartei (PdL), Angelo Alfano, gab zu verstehen, dass der Verzicht des Medientycoon nicht so ganz freiwillig erfolgte, aber im Interesse "der Einigung des Rechten Zentrums" durchgesetzt worden sei.


Berlusconi will weiter die Fäden ziehen

Berlusconi, der noch immer über beträchtlichen Einfluss in seiner PdL verfügt, erklärte dafür seine Unterstützung für Monti als Spitzenkandidat, um zu verhindern, dass "das Land den Linken ausgeliefert wird." Sein Verzicht bedeute mitnichten einen Rückzug aus der Politik, in der der Medientycoon weiter den rechten Kurs bestimmen will. Der Sekretär der Union Demokratischer Christen (UDC), Pierferdinando Casini, ebenfalls ein früherer Parteigänger Berlusconis, unterstützte die Kandidatur Montis, der "kein Unfall auf der Strecke" sein dürfe.


Personelle Machtkämpfe in Demokratischer Partei

Während die Rechte an ihrer Einheit bastelt wird in der Demokratischen Partei, der führenden Kraft von Mitte Links, eine - auch hier zu Lande bekannte - machtpolitische Personaldebatte geführt, mit der der Wahlsieg aufs Spiel gesetzt werden könnte. Aussichtsreichster Kandidat ist der 62jährige Parteivorsitzende Pierlugi Bersani, ein zwar etwas farbloser, aber gerade deswegen an der Parteibasis recht beliebter Politiker. Mit ihm an der Spitze werden der DP derzeit 37 Prozent Stimmen zugerechnet. Er soll als Spitzenkandidat bei den nach US-amerikanischem Vorbild eingeführten Primarie (Vorwahlen) aufgestellt werden. Gegen ihn tritt der 37jährige Florenzer Bürgermeister, Matteo Renzi, an, der bereits vor den Primarie einen scharfen Wahlkampf führt, der an Populismus kaum zu überbieten ist. Unter Losungen wie "Italien braucht neue Gesichter" propagiert der als rechter Flügelmann bekannte politische Newcomer "die Verschrottung" der alten Führergeneration, verlangt einen Wechsel "adesso" (jetzt) ohne ein Wahlprogramm vorzulegen und lässt sich als der "beliebteste Bürgermeister Italiens" feiern. Ihm strömen vor allem viele Jugendliche aus dem Heer der Arbeitslosen zu und von den Niederlagen der Linken enttäuschte Wähler. Für den Fall, dass er nicht nominiert wird, hat er bereits angekündigt, allein anzutreten. Es wird befürchtet, dass es dann zu einer Spaltung der DP kommen könnte.

Der Vorsitzende der Linkspartei Umwelt und Freiheit (SEL), der derzeitige Chef einer Mitte Links-Regierung von Apulien, Nicchi Vendola, der zu verstehen gegeben hatte, dass er zugunsten Bersanis auf eine eigene Kandidatur verzichten könnte, hat nun angekündigt, wenn Renzi antritt, sich ebenfalls selbst zu bewerben. Seiner SEL werden gut zehn Prozent Stimmen zugetraut.

PRC und PdCI versuchen mit Resten der früheren Linksdemokraten, die sich der SEL nicht anschlossen, und Gewerkschaftslinken ein Linksbündnis zustande zu bringen. Noch ist nicht entschieden, ob es sich mit einigen Kandidaten auf der Liste der DP aufstellen wird. In der Leitung, vor allem der PRC wird das als einzige Chance gesehen, wieder ins Parlament einzuziehen. An der Basis wird dagegen eine eigenständige Kandidatur verlangt. Bei den letzten Parlamentswahlen 2008 erreichten PRC und PdCI mit den Grünen auf der Einheitsliste Arcobaleno (Regenbogen) 3,1 Prozent, kamen damit nicht mehr ins Parlament.

In diesem Zusammenhang beunruhigt besonders, dass der frühere PRC-Vorsitzende Fausto Bertinotti, der im Wahlkampf 2008 die Auflösung seiner Partei propagierte und den Regenbogen damit in die Wahlniederlage führte, ein eifriger Wahlkampfhelfer Renzis ist.

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Quelle:
© 2012 by Gerhard Feldbauer
Mit freundlicher Genehmigung des Autors


veröffentlicht im Schattenblick zum 11. Oktober 2012