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LATEINAMERIKA/1038: Washington und der Honduras-Putsch - Die Fakten (amerika21.de)


Portal amerika21.de - Forum für ein anderes Amerika - 19.07.2009

Kritik an Honduras-Politik der USA

Washington und der Honduras-Putsch: Die Fakten

Von Eva Golinger/Albert Köstler (Übersetzung)


Einführung von Harald Neuber (amerika21.de):

Lateinamerikanische Staatschefs sehen Washington hinter Staatsstreich
Journalistin Eva Golinger weist Verstrickung nach

Tegucigalpa/Washington. Mehrere Staatschefs Lateinamerikas werfen den USA vor, hinter dem Militärputsch gegen die Regierung von Präsident Manuel Zelaya in Honduras zu stehen. Der Politiker der Liberalen Partei war am 28. Juni von Militärs aus seiner Residenz verschleppt und nach Costa Rica deportiert worden. Hintergrund des Putsches ist eine innenpolitische Auseinandersetzung mit politischen Vertretern der Oberschicht um die Annäherung Zelayas an das linksgerichtete Staatenbündnis Bolivarianische Allianz für Amerika (ALBA).

Während sich Zelaya selbst zurückhaltend äußerte, erhob vor allem Venezuelas Präsident Hugo Chávez mehrfach schwere Vorwürfe gegen die USA. "Dieser Putsch ging vom US-Außenministerium aus, daran habe ich nicht den geringsten Zweifel", sagte er in der vergangenen Woche: "Diese Militärs hätten nicht einen Schritt gewagt, ohne sich der Zustimmung der in Honduras stationierten US-Militärs sicher zu sein." Die US-Armee unterhält in dem mittelamerikanischen Land eine Militärbasis mit mehreren hundert Soldaten.

Ähnliche Vorwürfe wie Chávez äußerten auch die Präsidenten von Nicaragua, Daniel Ortega, und von Bolivien, Evo Morales. Auch sie vermuten hinter dem Staatsstreich US-amerikanische Institutionen oder gar die Regierung von Barack Obama.

Eine der besten Analysen der US-Verstrickung in den Militärputsch in Honduras lieferte die US-venezolanische Journalistin Eva Golinger. In ihrem Artikel "Washington und der Honduras-Putsch: Die Fakten" belegt Golinger, wie hochrangige US-Funktionäre den Putschisten beistehen. Das Regime von Roberto Micheletti sei unter anderen aus den USA finanziell unterstützt worden, schreibt sie in dem Bericht, den amerika21.de seinen Leserinnen und Lesern erstmals in deutscher Sprache zur Verfügung stellt.

Die zusammengetragenen Fakten "belegen die unverkennbare Rolle Washingtons im Staatsstreich gegen den honduranischen Präsidenten Manuel Zelaya", so Golinger. Es folgt der gesamte Text in einer Übersetzung des deutschen Solidaritätsaktivisten Albert Köstler (Venezuela Avanza München).


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Washington und der Honduras-Putsch: Die Fakten

Von Eva Golinger/Albert Köstler (Übersetzung)
amerika21.de


Das US-Außenministerium wusste von den Putsch-Plänen gegen Präsident Zelaya

• Das Außenministerium und der Kongress der USA finanzierten und berieten die Akteure sowie Organisationen, die am Putsch beteiligt waren.

• Das Pentagon trainierte, bildete aus, finanzierte und bewaffnete die Armee Honduras', die den Putsch durchführte und das Volk von Honduras nun unterdrückt.

• Die US-Militärpräsenz in Honduras, in der Militärbasis in Soto Cano (Palmerola), hat den Staatsstreich durch ihre stillschweigende Komplizenschaft und ihrer Ablehnung begünstigt, die Unterstützung für das Militär Honduras zurückzuziehen.

• Der Botschafter der USA in Tegucigalpa, Hugo Llorens, koordinierte den Sturz des Präsidenten Manuel Zelaya, gemeinsam mit dem Lateinamerika-Beauftragten in Außenministerium, Thomas Shannon, und John Negroponte, der zur Zeit Berater der Außenministerin Hillary Clinton ist.

• Von Anfang an hat die Regierung in Washington von zwei Konfliktparteien und von der Notwendigkeit eines Dialoges gesprochen, um die verfassungsmäßige Ordnung wieder herzustellen. Damit wurden die Putschisten quasi legitimiert.

• das State Department hat sich geweigert die Vorgänge in Honduras juristisch als Staatsstreich zu bewerten und hat weder die Finanzhilfe noch den Handel mit dem Land suspendiert oder eingeschränkt. Auch wurden keinerlei wirksame Maßnahmen ergriffen, um Druck auf das Regime auszuüben.

• Washington hat die OAS manipuliert um die Beratungszeit zu verlängern, und so nicht die unverzügliche Rückkehr Zelayas in sein Amt unterstützt. Dies ist Teil einer weiterhin angewandten Strategie, die danach strebt die De-facto-Regierung zu legitimieren und das honduranische Volk in seinem Widerstand zu erschöpfen, das sich immer noch gegen den Putsch wehrt.

• seit der Präsident von Costa Rica, Oscar Arias, als "Vermittler" nominiert wurde, hörten die Außenministerin Clinton und ihre Sprecher auf, von der Rückkehr des Präsidenten Zelaya zu sprechen. Heute bezeichnen sie den Diktator Roberto Micheletti, der die Macht während des Putsches an sich gerissen hat, als "Interimspräsidenten".

• Die Strategie, mit den Putschisten zu "verhandeln" wurde von der Obama-Regierung durchgesetzt, um Präsident Zelaya zu diskreditieren. Man beschuldigt ihn, den Putsch provoziert zu haben. Auch dadurch werden die Putschisten legitimiert.

• US-Kongressabgeordnete, Demokraten und Republikaner, organisierten eine Reise mehrerer Repräsentanten der Putsch-Regierung nach Washington. Diese wurden mit Ehrenbekundungen unterschiedlichster Institutionen der US-Hauptstadt empfangen;

• Obwohl es der republikanische Senator John McCain war, der den Besuch der Putschisten in Washington koordinierte, so war es doch Lanny Davis, der Anwalt von Bill Clinton und enger Freund von Hillary Clinton, den man dafür unter Vertrag genommen hat, um die öffentliche Akzeptanz der Putschregierung in Washington zu erreichen.

• Otto Reich und der Venezolaner Roberto Carmona-Borjas, letzter war der Anwalt des Diktators Pedro Carmona während des Putsches in Venezuela 2002, halfen von Washington aus um die Bühne für den Putsch gegen Zelaya vorzubereiten.

• Das von Washington zusammengestellte Team für den Putsch in Honduras umfasste eine Reihe von US-Botschaftern, die kürzlich für Mittelamerika ernannt wurden. Ihm gehören Experten der Destabilisierung der kubanischen Revolution an und Adolfo Franco, der Beauftragte der US-Entwicklungshilfebehörde USAID für Kuba.

Niemand bezweifelt die Verwicklung Washingtons in den Staatsstreich von Honduras gegen den gewählten Präsidenten Manuel Zelaya, der am vergangenen 28. Juni begann. Viele Analysten, Intellektuelle oder sogar Präsidenten haben sie benannt. Die Mehrheit stimmt jedoch darin überein, die Obama-Regierung zu entschuldigen. Sie habe keine Rolle beim Putsch gespielt. Verantwortlich wären weiterhin die Hardliner der Bush-Regierung, die immer noch in den Fluren des Weißen Hauses ein- und ausgehen. Es ist richtig, dass diese Hardliner und die Protagonisten von Staatstreichen und Sabotageaktionen in Lateinamerika auch dieses Mal beteiligt waren. Es gibt aber auch umfangreiche Beweise, die auf die Rolle der Obama-Regierung hinweisen.


Das US-Außenministerium

Die neue US-Diplomatie, auch "smart power" genannt, hatte eine Hauptfunktion vor, während und nach dem Staatsstreich in Honduras gespielt. Die Sprecher des State Departments gaben in einer Pressekonferenz am 01. Juli zu, dass sie vorab Kenntnis vom Putsch hatten und mit den Planern desselben zusammen arbeiteten um eine "alternative Lösung" zu finden [I]. Man gab auch zu, dass zwei hohe Beamte des State Departments, die stellvertretenden Staatssekretäre für Lateinamerika, Thomas Shannon und James Steinberg, eine Woche vor dem Putsch in Honduras waren und sich dort mit zivilen und militärischen Gruppen getroffen haben, die den Putsch durchführten. Ihre Absicht wäre es gewesen, den Putsch zu "bremsen". Die verbale Distanzierung passt allerdings nicht mit der Unterstützung für die Putschisten zusammen.

Hillary Clinton veröffentlichte nach dem Putsch, am 28. Juni, eine Erklärung, die die Ereignisse nicht als "Putsch" bezeichnete und auch nicht die Rückkehr Zelayas zur Macht forderte. Zusätzlich wird immer auf die beiden Konfliktparteien hingewiesen, womit die Putschisten einerseits legitimiert werden und gleichzeitig der Präsident Zelaya öffentlich verantwortlich gemacht wird:

"Die Handlungen gegen den honduranischen Präsidenten Mel Zelaya verletzen die Prinzipien des Demokratischen Status der OAS und sind zu verurteilen. Wir rufen alle Parteien in Honduras auf, die verfassungsmäßige Ordnung und den Rechtsstaat zu respektieren. Sie mögen ihre Hinwendung zur Demokratie bekräftigen und sich verpflichten, politische Auseinandersetzungen auf friedliche Weise, mittels Dialog, zu lösen. Honduras möge sich den gleichen demokratischen Prinzipien verpflichten, die wir vor einem Monat in der OAS ratifizierten, die in diesem Land stattfanden." [II]

Seit dieser Zeit und trotz verschiedener Verweise, weigert sich das State Departement den Putsch als Putsch zu bezeichnen. Denn dies würde die USA verpflichten, jegliche ökonomische, diplomatische oder militärische Hilfe für das Land zu streichen. Am 01. Juli äußerten sich Sprecher des State Departments wie folgt:

"Es wäre richtiger zu sagen, dass es eine koordinierte Aktion zwischen Militärs und einigen zivilen Akteuren gewesen ist. Offensichtlich waren es die Militärs, die die Amtsenthebung des Präsidenten federführend geleitet und die öffentliche Ordnung während dieses Prozesses aufrechterhalten haben. Aber bei einem Putsch gibt es, anders als bei einer Rebellion oder einem Aufstand, eine Übertragung der Macht in Richtung der Militärs. In dieser Hinsicht deutet die Entscheidung des Parlaments, Micheletti zum Präsidenten zu wählen, darauf hin, dass das Parlament und seine Mitglieder eine entscheidende Rolle in dieser Situation gespielt haben." [III]

Diese ambivalente Positionierung, die einerseits die Vorgänge in Honduras als einen Bruch der verfassungsmäßigen Ordnung verurteilt, andererseits aber nicht zum Schluss kommt, diesen als Staatsstreich zu bewerten, wurde nach einer Besprechung bestätigt, die die Außenministerin Hillary Clinton mit dem Präsidenten Zelaya am 07. Juli hatte:

"Wir diskutierten die Vorgänge der letzten neun Tage und wie wir weiter verfahren wollen. Ich wiederholte ihm unsere Position, dass die Vereinigten Staaten die Wiederherstellung der verfassungsmäßigen Ordnung in Honduras unterstützen. Wir unterstützen die regionalen Bemühungen durch die OAS, eine friedliche Lösung nach dem Demokratiestatut der OAS zu erreichen. Wir rufen alle Seiten auf, keine Gewalt anzuwenden und eine friedliche, verfassungsgemäße und stabile Lösung zu finden, mittels Dialog. Zu diesem Zweck arbeiten wir mit unseren Kollegen in der Region, um einen Verhandlungsweg zu ebnen, einen Dialog, der in einer friedlichen Lösung dieser Situation münden wird." [IV]

Nach dieser Besprechung war es klar, dass sich Washington nicht weiter für die Rückkehr Zelayas an die Macht einsetzen würde, sondern eine "Verhandlung" mit den Putschisten suchte, die letztendlich den Interessen der USA dienen würde. Interne Quellen der OAS bestätigen, dass eine ranghohe US-Delegation am 04. Juli bei der OAS Druck auf die anderen Staaten ausübte, um eine Verhandlungslösung herbeizuführen, die nicht notwendigerweise die Rückkehr von Zelaya als Präsident von Honduras beinhaltete.

Dieses Vorgehen - ein Thema zu manipulieren, eine Position einzunehmen und gleichzeitig durch die Handlungen das Gegenteil zu bewirken - bilden Teil der Strategie, die von Obama "smart power" (intelligente Machtausübung) genannt wurde: Ziele sollen erreicht werden ohne die Regierung in Washington zu dämonisieren. "Smart Power" ist die Kombinationsmöglichkeit von "harter Macht" und "weicher Macht" um eine Erfolg versprechende Strategie zu erreichen. Smart Power nutzt strategisch die Diplomatie, die Überzeugung, die Bildung von Ressourcen, militärische, ökonomische und politische Macht auf eine effektive Weise, besonders unter Hinweis auf die "Förderung von Demokratie". Dies ist neue eine Taktik, um in das Geschehen der Länder einzugreifen, anstelle plumper Militärinvasion.


Der Botschafter

Der Journalist Jean-Guy Allard hat die Ursprünge des derzeitigen Botschafters der USA in Honduras, Hugo Llorens, enthüllt. [V]. Laut Allard ist Hugo Llorens ein gebürtiger Kubaner, der im Rahmen der "Operation Peter Pan" in die USA kam.

Das Weiße Haus unter George W. Bush hat den cleveren Llorens 2002 als Direktor des Nationalen Sicherheitsrates in Washington D.C. als Experten für Angelegenheiten der Andenstaaten angeworben. Dies machte ihn gleichzeitig zum Chefberater des US-Präsidenten für Venezuela. Der Putschversuch 2002 gegen Hugo Chávez in Venezuela fand statt, während Llorens dem Staatssekretär für die Region, Otto Reich, und dem sehr umstrittenen Elliot Abrams unterstellt war. Im Juli 2008 wurde Llorens zum Botschafter in Honduras ernannt. Am 04. Juni erklärte Llorens der honduranischen Presse: "Man kann nicht die Verfassung verletzen um eine Verfassung zu schaffen. Wenn man keine Verfassung habe, so lebt man im Dschungel." [VI]

Diese Auffassung vertrat er in Bezug auf die in Honduras geplante Volksabstimmung über eine verfassungsgebende Versammlung, die am 28. Juni stattgefunden hätte, wäre es nicht zum Staatstreich gegen Zelaya gekommen. Die Kommentare von Llorens zeigen nicht nur seine Positionierung gegen die Volksabstimmung, sondern sie sind eine offene Einmischung in die inneren Angelegenheiten von Honduras.

Aber Llorens stand nicht alleine. Nach seiner Ernennung als Botschafter in Honduras - ein Amt, das man ihm offensichtlich anvertraute, um den wachsenden Einfluss der Linksregierungen in der Region und das Regionalpotential der ALBA zu neutralisieren - wurde weitere Botschafter Washingtons in den Nachbarstaaten ernannt. Alle sind Experten in der Destabilisierung der kubanischen Revolution und in psychologischer Kriegsführung.

Der Diplomat Robert Blau kam als zweiter Mann der Botschaft am 02. Juli 2008 nach El Salvador. Im Januar stieg er zum Verhandlungsführer der Botschaft auf. Vor El Salvador war Blau der stellvertretende Direktor für kubanische Angelegenheiten im State Department. Vor dieser Zeit verbrachte Blau zwei Jahre in der Interessensvertretung Washingtons in Havanna, als politischer Berater. Seine Arbeit mit den Dissidenten und Konterrevolutionären Kubas wurde so effizient eingeschätzt, dass ihm dafür ein Ehrenpreis verliehen wurde. Llorens und Blau sind alte Freunde, die im State Department, im Team von Otto Reich, zusammenarbeiteten.

Stephen McFarland wurde am 05. August 2008 als Botschafter in Honduras ernannt. McFarland verdiente seine Sporen an der Militäruniversität der Vereinigten Staaten und als Mitglied einer Kampfeinheit der Marines in Irak. Er war der zweite Mann in der Botschaft der USA in Venezuela, unter dem Botschafter William Brownfield, der schrittweise und in einem alarmierenden Umfang die finanzielle und politische Unterstützung der Opposition gegen Chávez durch die USA steigerte. Nachdem McFarland in der Botschaft der Vereinigten Staaten in Paraguay den Aufbau von Militärstützpunkten vorantrieb, war er Direktor für kubanische Angelegenheiten im State Department. Sein Profil weist ihn als Experten aus im "demokratischen Übergang, Menschenrechten und Sicherheit" aus.

Der US-Botschafter für Nicaragua, Robert Callahan, kam Anfang August nach Managua. Er arbeitete in den Botschaften von La Paz (Bolivien) und San José (Costa Rica). Er war Professor an der Nationalen Militäruniversität der Vereinigten Staaten. 2004 wurde er in den Irak geschickt als Botschaftsbeauftragter für Pressearbeit. Nach seiner Rückkehr baute er ein Büro für Presse- und Propagandaarbeit in Washington auf, für die kurz zuvor gegründete Geheimdienstabteilung DNI. Die DNI ist derzeit die mächtigste Geheimdienstinstitution innerhalb der USA.

Gemeinsam mit diesen Botschaftern - Experten in Staatsstreichen, Destabilisierung und Propaganda - hat man das Terrain für den Putsch gegen Zelaya vorbereitet.


Finanzierung der Putschisten

Genau einen Monat vor dem Putsch gegen Zelaya bildete sich eine Koalition zwischen unterschiedlichen nichtstaatlichen Gruppen, Unternehmern, politischen Parteien, der katholischen Kirche und Massenmedien, die sich "Demokratische Zivile Union" nannte. Deren einziges Ziel war der Sturz des Präsidenten Zelaya, um zu verhindern, dass er den Weg für eine verfassungsgebende Versammlung ebnen könnte, die dem Volk die Möglichkeit gäbe, ihre Stimme zu erheben und am politischen Prozess teilzunehmen.

Diese "Demokratische Zivile Union" setzt sich zusammen aus Organisationen wie dem
• Nationalen Rat gegen Korruption
• dem Erzbischof von Tegucigalpa
• dem Rat von Honduras der Privatunternehmen (COHEP)
• dem Rektorenrat der Universitäten,
• der Konföderation der Arbeiter von Honduras (CTH)
• dem Nationalforum für Zusammenarbeit
• die Nationale Föderation von Handel und Industrie in Honduras (FEDECAMARA)
• der Vereinigung der Massenmedien (AMC)
• der Gruppe Frieden und Demokratie
• Studentengruppen.

Die Mehrheit dieser Organisationen waren Nutznießer von den mehr als 50 Mio. US-Dollar, die von den US-Organisationen NED und USAID in den "demokratischen Wandel" in Honduras investiert wurden.

Tatsächlich hebt ein Bericht der USAID über ihre Zusammenarbeit und Finanzierung mit COHEP hervor: "Das Profil unter USAID in diesem Projekt half, sicherte die Glaubwürdigkeit von COHEP als eine honduranische Organisation und nicht als Arm der USAID."

Die Sprecher der "Zivilen Demokratischen Union", nach eigenem Bekunden die Zivilgesellschaft Honduras', erklärten der Presse am 23. Juni - fünf Tage vor dem Putsch gegen Zelaya: "Wir vertrauen auf die Armee, dass diese ihre Pflicht wahrnimmt, um die Verfassung, den Rechtsstaat, Frieden und Demokratie zu verteidigen".

Als der Putsch am 28. Juni erfolgte, waren sie die ersten, die erklärten, es hätte keinen Staatsstreich gegeben, sondern man habe "die Demokratie gerettet". Zelayas Verbrechen war es, dem Volk Stimme, Präsenz und Teilnahme geben zu wollen. Die "Zivile Demokratische Union", Vertreterin der Ober- und Mittelschicht, bezeichnete die Bevölkerungsteile, die Zelaya unterstützte als "Pöbel".

Das Republikanische Internationale Institut, das Gelder von der NED (National Endowment for Democracy) erhält, gab 2009 1,2 Mio. US-Dollar aus, um mit politischen Kreisen in Honduras zu arbeiten. Die Arbeit widmete sich in der Bildung von "Denkfabriken" und "Machtgruppen" in Honduras, um auf die politischen Parteien einzuwirken und zur "Förderung von Initiativen zur Verankerung politischer Positionen während der Wahlkampagne 2009". Dies ist eine klare Einmischung in die inneren Angelegenheiten von Honduras und zeigt die Finanzierung der Putschisten des Landes durch die NED.


Die Lobby in Washington

Der republikanische Senator John McCain, Ex-Präsidentschaftskandidat, half den Besuch der Delegation der Putschisten in der vergangenen Woche zu koordinieren. McCain ist bekannt für seine harte Haltung gegenüber Venezuela, Bolivien und andere Länder der Region, die als "antiimperialistisch" betrachtet werden, aber auch für seine enge Verbindung mit der kubanischen Mafia in Miami. McCain ist gleichzeitig Chef des Republikanischen Internationalen Institutes (IRI), eine Finanzquelle der Putschisten in Honduras. McCain bot die Dienste seines Unternehmens (Cormac Group) als Versammlungsort an und organisierte am 07. Juni eine Pressekonferenz im Nationalen Presseclub.

Aber auch über die Verbindung der Republikaner mit den Putschisten in Honduras hinaus gibt es einen Verbindungsmann in der Regierung des Demokraten Barack Obama. Der Anwalt Lanny Davis wurde beauftragt, durch die Vereinigung der Unternehmer Lateinamerikas (CEAL) Lobbyarbeit für die Putschisten zu betreiben und die Entscheidungsträger in Washington zu überzeugen, die De-facto-Regierung in Honduras anzuerkennen.

Lanny Davis war Anwalt des ehemaligen Präsidenten Bill Clinton, zu dessen Zeit im Weißen Haus. Er ist ein Freund und Berater der derzeitigen Außenministerin Hillary Clinton. Davis organisiert zurzeit eine diplomatische und medienwirksame Offensive zu Gunsten der Putschisten. Dies schließt sowohl den Kauf von Werbeseiten in US-Zeitungen ein, aber auch die Organisation von Treffen zwischen den Putschisten und verschiedenen Kongressabgeordneten, Senatoren und Regierungsbeamten der USA.

CEAL setzt sich aus lateinamerikanischen Unternehmern zusammen, die Anschläge gegen Volksbewegungen in der Region verübt haben. Zum Beispiel ist der derzeitige Repräsentant von Venezuela in der CEAL niemand geringerer als Marcel Granier, der Präsident von RCTV, des Fernsehsenders, der den Putsch in Venezuela gegen Präsident Chávez förderte und legitimierte.

Als Ergebnis ihrer Bemühungen erreichten sie eine Sonderanhörung vor dem "Komitee für Auswärtige Beziehungen des Kongresses der Vereinigten Staaten" unter Beteiligung von Kongressabgeordneten der Demokraten und Republikaner und Förderern des Putsches, wie Michael Shifter (Interamerikanischer Dialog), Guillermo Pérez-Cadalso (Exaußenminister und Richter am Obersten Gericht in Honduras) und dem berühmten Otto Reich (US-Kubaner, bekannt durch seine herausragend Rolle in der Destabilisierung von Linksregierungen in Lateinamerika seit den 1980er Jahren). Als Ergebnis dieses Treffens unterstützt der Kongress der Vereinigten Staaten eine Resolution, die die De-facto-Regierung von Honduras als legitim anerkennt.

Ein weiteres Ergebnis der Lobby-Arbeit von Lanny Davis war das Treffen des "Rates beider Amerikas" am 09. Juni. Daran nahm Jim Swigert, der Direktor des Nationalen Demokratischen Institutes (NDI) für Lateinamerika und die Karibik, teil. Das NDI erhält Finanzmittel des NED. Es nahmen weiterhin Cris Arcos, der ehemalige Botschafter der USA in Honduras, und Adolfo Franco, ehemaliger Verwalter des USAID für Lateinamerika und Karibik teil. Franco ist gleichzeitig Beauftragter des "Übergangs" in Kuba. Diese drei Persönlichkeiten haben als Berater in der Obama-Regierung in der Honduras-Frage fungiert. Franco, außenpolitischer Berater für den Senator John McCain, während dessen Präsidentschaftskandidatur 2008, wurde der Korruption beschuldigt, bedingt durch den Umgang der Finanzmittel der USAID für das Programm "Förderung der Demokratie" in Kuba. Ein großer Teil dieser Gelder erhielten Gruppen in Miami, wie das "Komitee für ein freies Kuba" und das "Institut für kubanische Studien" in Miami, ohne jegliche Art von Transparenz oder Revision.


Immer wieder: Negroponte und Reich

Es gibt viele Spekulationen über die Rolle des ehemaligen Botschafters der USA in Honduras, John Negroponte, der paramilitärische Kräfte unter der Bezeichnung "Contras" und Todesschwadrone gegen Linksaktivisten in Zentralamerika während der 1980er Jahre leitete. Negroponte hatte verschieden Ämter unter der Regierung von George W. Bush inne: Botschafter der USA im Irak, Botschafter für die Vereinten Nationen, Nationaler Direktor für Geheimdienst und letztendlich Vize- Staatssekretär von Condoleezza Rice.

Nach seinem Ausscheiden aus dem State Department wechselte Negroponte in die Privatwirtschaft. Man bot ihm eine Stelle als Vizepräsidenten der einflussreichsten Beratungsfirma McLarthy Associates in Washington an. Negroponte nahm an. McLarthy Associates wurde durch Thomas "Mack" McLarthy, ehemaliger Kabinettschef und Sondergesandter für Lateinamerika unter Bill Clinton, gegründet. McLarty leitet die mächtigste Beratungsfirma in Washington. Bis zum Jahr 2008 nannte sich McLartyAssociates "Kissinger-McLarty Associates" wegen der Verbindung zwischen Tomas McLarty und Henry Kissinger, was die enge politische Union zwischen Demokraten und Republikanern in Washington belegt. In seinem neuen Amt arbeitet John Negroponte als außenpolitischer Berater des State Departments unter Hillary Clinton. Man darf nicht vergessen: Der amtierende US-Botschafter in Honduras, Hugo Llorens, arbeitete lange unter Negroponte.

Otto Reich arbeitet bereits seit Jahren an einer Kampagne gegen den Präsidenten Zelaya. Er wurde von Zelaya im April 2009 verklagt, nachdem dieser öffentlich behauptete, Zelaya habe 100 Millionen US-Dollar von der staatlichen Telekommunikationsfirma (Hondutel) geraubt. Reich arbeitet als Lobbyist für eine private Telekomunikationsfirma, die Hondutel privatisieren wollte. Nach dem Sturz Zelayas und einem Unternehmer an der Macht, ist es durchaus möglich, dass Reich sein Multimillionen-Dollar-Projekt erreicht.

Reich gründete in Washington eine Organisation namens "Arcadia Foundation" [VII], gemeinsam mit dem Venezolaner Robert Carmona-Borjas, einem Spezialisten in militärischen Angelegenheiten und nach eigenen Aussagen am Putschversuch im April 2002 in Venezuela beteiligt. Man vermutet, dass Robert Carmona-Borjas gemeinsam mit Pedro Carmona in Miraflores, dem Präsidentenpalast in Venezuela, war und mit diesem auch entkam, als das Gebäude von der Präsidentengarde wieder eingenommen wurde. Seit dieser Zeit lebt er in Washington DC. Seit letztem Jahr führen Reich und Carmona-Borjas eine Kampagne gegen Zelaya im Namen des Kampfes gegen Korruption, der Meinungsfreiheit und des Wechsels in Honduras. [VIII]

Carmona Borjas reiste in den letzten Monaten häufig nach Honduras. Er sprach sogar von einem "technischen" Staatsstreich, gemeinsam mit anderen Akteuren, wie dem "Verteidiger des honduranischen Volkes", Ramon Custodia, der Anfang Juni erklärte: "Der Putsch ist eine Möglichkeit, die in jedem möglichen politischen Szenario geschehen kann." Nach dem Putsch tauchte Robert Carmona-Borjas in Honduras in einer Kundgebung der Putschisten in Tegucigalpa auf. Er war einer der wichtigster Akteure, die die Abschiebung von Zelaya und die Amtsübernahme von Micheletti möglich machten. [IX]


Die Militärmaschinerie

Die Vereinigten Staaten unterhalten eine außerordentliche Militärpräsenz in der Basis Soto Cano (Palmerola), die sich 97 km von der Hauptstadt befindet. Sie ist seit 1981 permanent im Einsatz, als sie von der Reagan-Regierung aktiviert wurde.

In den 1980er Jahren wurde Soto Cano durch den Oberst Oliver North als Operationsbasis der "Contras" genutzt: Paramilitärs, die der der CIA trainiert und finanziert wurden. Deren Aufgabe war es, den Krieg gegen die linken Bewegungen in Zentralamerika zu führen, im Besonderen gegen die sandinistische Regierung Nicaraguas. Von Soto Cana aus führten die "Contras" ihre terroristischen Attacken, Streifzüge der Todesschwadrone und Sondermissionen. Deren Konsequenz waren Tausende von Ermordeten, Verschwundenen, Gefolterten und Verkrüppelten in Zentralamerika.

John Negroponte, damals Botschafter der USA in Honduras, leitete damals, gemeinsam mit Oliver North und Otto Reich diese schmutzigen Operationen.

Die Basis Soto Cano ist der Sitz der JTF-B der USA, eines Spezialkommandos der US-Armee, die sich aus Kräften des Heeres, der Luftwaffe, Sicherheitskräften und des ersten Regimentbataillons der Luftwaffe der USA zusammensetzt. Es handelt sich um 600 Personen mit 18 Kampfflugzeugen, eingeschlossen Kampfhubschrauber vom Typ UH-60 BlackHawk und CH-47 Chinook. Soto Cano ist gleichzeitig der Sitz der Luftfahrtakademie von Honduras. Mehr als 650 Bürger Honduras und der USA leben in der Militärbasis.

Die Verfassung Honduras erlaubt eigentlich keine ausländische Militärpräsenz im Land. Ein per Handschlag besiegelten Abkommen zwischen Honduras und Washington erlaubt dennoch die wichtige und strategische Präsenz von hunderten US-Militärs in der Basis. Dieses Abkommen wurde 1954 als Teil der Militärhilfe der USA für Honduras angeboten. Die Militärbasis wurde durch die CIA benutzt, um noch im Jahr der Einrichtung den Putsch gegen Jacobo Arbenz in Guatemala durchzuführen.

Jährlich genehmigt Washington Hunderte von Mio. US-Dollar in Militär- und Wirtschaftshilfe für Honduras, dem drittärmsten Land dieser Hemisphäre. Das Abkommen das die Militärpräsenz der USA erlaubt, kann ohne vorherige Ankündigung aufgekündigt werden.

Am 31. Mai 2008 kündigte Manuel Zelaya an, dass Soto Cano (Palmerola) für kommerzielle internationale Flüge genutzt werden würde. Der Bau des zivilen Terminals wurde durch einen Fonds des ALBA finanziert.

Die beiden Generäle, die Hauptdrahtzieher des Putsches gegen Zelaya, wurden beide in der US-Militärakademie School of the Americas ausgebildet und unterhalten enge Beziehungen mit den US-Militärs in Honduras. Der Oberkommandierende der Luftwaffe in Honduras, General Luis Javier Prince Suazo, studiert in der berüchtigten Akademie im Jahr 1996. Der Chef des gemeinsamen Oberkommandos der Armee, General Romeo Vásquez, der von Zelaya am 24. Juni wegen Befehlsverweigerung des Amtes enthoben wurde und wenige Tage später zum Hauptakteur des Militärcoups wurde, graduierte sich ebenfalls in der School of the Americas. Diese beiden hohen Armee-Offiziere unterhalten sehr enge Beziehungen zum Pentagon und den US-Militärs in Soto Cano.

Der US-Botschafter in Honduras, Charles Ford, der im September 2008 ausgetauscht wurde, wechselte zum "Militärkommando Süd" nach Miami, als Berater des Pentagons für Lateinamerika.

Die honduranischen Militär sind finanziert, trainiert, indoktriniert und kommandiert durch die US-Armee, auf Grundlage einer antisozialistischen Doktrin. Deshalb war es auch so einfach, sie gegen ihren Oberbefehlshaber, den Präsidenten Zelaya, einzusetzen. Sie sahen in ihm eben die "linke Bedrohung" vor der sie seit Jahrzehnten gewarnt wurden. [X]

Diese und weitere Beweise werden in Zukunft öffentlich gemacht. Sie alle belegen die unverkennbare Rolle Washingtons im Staatsstreich gegen den honduranischen Präsidenten Manuel Zelaya.


Anmerkungen:

[I] http://www.state.gov/r/pa/prs/ps/2009/july/125564.htm

[II] http://www.state.gov/secretary/rm/2009a/06/125452.htm

[III] Siehe Fußnote 1.

[IV] http://www.state.gov/secretary/rm/2009a/july/125753.htm

[V] http://www.radiomundial.com.ve/yvke/noticia.php?28366

[VI] http://www.elheraldo.hn/País/Ediciones/2009/06/05/Noticias/Lo-que- se-haga-debe-ser-legal-y-constitucional

[VII] http://www.arcadiafoundation.org

[VIII] http://www.arcadiafoundation.org/videos.html

[IX] http://www.youtube.com/watch?v=ukacM-77lXs

[X] http://www.aporrea.org/actualidad/n138264.html


Quelle des Originalartikels:
http://amerika21.de/hintergrund/2009/usa-82534234-putsch-honduras


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Quelle:
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veröffentlicht im Schattenblick zum 5. August 2009