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LATEINAMERIKA/1140: Ecuador - Visumspflicht wieder eingeführt (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 14. September 2010

Ecuador: Visumspflicht wieder eingeführt - Neun afrikanische und asiatische Länder betroffen

Von Gonzalo Ortiz


Quito, 14. September (IPS) - Ecuador ist von seinem Modell der 'universellen Staatsbürgerschaft' abgerückt. Zwei Jahre lang herrschte in dem südamerikanischen Land keine Visumspflicht. Nun wird sie wieder eingeführt - zunächst für die Staatsangehörigen von neun afrikanischen und asiatischen Ländern.

Betroffen von der neuen Regelung sind die Bürger der Länder Afghanistan, Bangladesch, Eritrea, Äthiopien, Kenia, Nepal, Nigeria, Pakistan und Somalia. Den Behörden zufolge ist die Zahl der illegalen Zuwanderer gerade aus diesen Staaten ungewöhnlich hoch. Es sei eine Verfünffachung, teilweise eine Verzehnfachung festzustellen gewesen, heißt es von offizieller Seite.

Wie Leonardo Carrión, der für Zuwanderungsfragen zuständige Staatssekretär im ecuadorianischen Außenministerium, erklärte, soll die partielle Rückkehr zur Visumspflicht verhindern, dass Ecuador von internationalen Menschenhändlerbanden als Brückenkopf in Drittstaaten missbraucht wird.

Das Prinzip der universellen Staatsbürgerschaft ist in Artikel 146 der ecuadorianischen Verfassung festgeschrieben. Darin heißt es, dass der Status eines Ausländers überwunden werden soll, um die ungleichen Beziehungen zwischen den Ländern und vor allem zwischen dem Norden und Süden grundlegend zu verändern.


Land mit Emigrationserfahrung

Íñigo Salvador, Professor für Internationales Recht an der Päpstlichen Katholischen Universität in Quito, sieht für die Vorstellung einer universellen Staatsbürgerschaft im internationalen Recht keine Grundlage. Offenbar handele es sich um eine Reaktion auf die schwierigen Emigrationserfahrungen, die viele Ecuadorianer im Ausland hätten machen müssen, meint er.

Zum Ende der 90er Jahre des 20. Jahrhunderts hatte die Zahl der Auswanderer stark zugenommen. Zwar liegen keine offiziellen Zahlen vor, doch leben schätzungsweise zwei bis drei Millionen Ecuadorianer im Ausland, vor allem in Spanien und Italien. Ecuador selbst zählt 14 Millionen Einwohner.

Rechtswissenschaftler Salvador vermutet, dass die Regierung des linksgerichteten Präsidenten Rafael Correa in idealistischer Weise auf eine Öffnung der Zuwanderungspolitik anderer Länder hinwirken wollte. Nun aber sei nicht auszuschließen, dass die Visumspflicht auch für Staatsangehörige weiterer Länder eingeführt werde. Zu den Faktoren, die berücksichtigt werden müssten, zähle nicht zuletzt die nationale Sicherheit Ecuadors.

Jaime Velasco, ehemaliger Vorsitzender des Obersten Gerichtshofs Ecuadors, stellt klar: "Jedes Land ist frei in der Entscheidung, was es Ausländern abverlangen kann, damit sie einreisen können - sei es als Tourist, Investor oder mit der Absicht, sich dauerhaft in dem Land niederzulassen." Hierbei handele es sich jedoch um eine Frage der staatlichen Souveränität. Die Aufhebung einer Visumpflicht könne auf der Grundlage des Prinzips der Gegenseitigkeit zwischen zwei Staaten erfolgen.


Druck aus Washington

Einige Beobachter nehmen an, dass die neue Visumpolitik der ecuadorianischen Regierung auf den Druck Washingtons zurückzuführen ist. Schließlich sind die USA das Endziel vieler Migranten aus den lateinamerikanischen Ländern.

Das ecuadorianische Außenministerium veröffentlichte kürzlich eine Liste mit den Namen von 174 Ausländern, die sich die ecuadorianische Staatsangehörigkeit mit falschen Dokumenten erschlichen haben sollen. In 166 Fällen handelte es sich um Kubaner.

Die größte Gruppe ausländischer Staatsbürger bilden in Ecuador allerdings Kolumbianer. Ihre Zahl wird auf bis zu 300.000 geschätzt, von denen 58.000 Flüchtlingsstatus haben. Der Zustrom der vielen Menschen ist eine Folge des bald 50-jährigen Bürgerkriegs in dem südamerikanischen Land.

Kolumbiens neuer Staatspräsident Juan Manuel Santos hat einem Vorschlag Ecuadors zugestimmt, eine gemeinsame Kommission einzurichten, die sich mit dem Flüchtlingsproblem in Ecuador befassen solle. Amtsvorgänger Álvaro Uribe hatte sich dem Anliegen jahrelang verschlossen. (Ende/IPS/bs/2010)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 16. September 2010