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LATEINAMERIKA/1330: Honduras - Halbzeit für Lobo-Regierung, Staatspräsident verliert an Rückhalt (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 30. Januar 2012

Honduras: Halbzeit für Lobo-Regierung - Staatspräsident verliert an Rückhalt

von Thelma Mejía


Tegucigalpa, 30. Januar (IPS) - In Honduras hat Präsident Porfirio Lobo am 27. Januar die erste Hälfte seiner Amtszeit hinter sich gebracht. Die Bilanz ist niederschmetternd. Abgesehen davon, dass er seine wichtigsten Wahlversprechen wie die Bekämpfung der Kriminalität und der Arbeitslosigkeit nicht einhalten konnte, haben die Korruption zu- und der Rückhalt für seine Regierung abgenommen.

Wie aus einer Umfrage von zwei Institutionen der katholischen Gesellschaft Jesu hervorgeht, bringen die Honduraner ihrem rechtsgerichteten Staatsoberhaupt nicht mehr viel Vertrauen entgegen. So gaben sie ihm nur noch 4,6 von insgesamt zehn Punkten. Vor einem Jahr waren es 5,11 Punkte gewesen. Bei dem Urnengang im November 2009 hatte er 56,6 Prozent aller Wähler hinter sich vereinigt.

Ismael Moreno, Provinzial der honduranischen Jesuiten, spricht von der bislang schlechtesten Bewertung Lobos. Als positiv sei lediglich die Unterstützung der Armen mit 10.000 Lempira (526 US-Dollar) alle drei Monate hervorzuheben, sagte er.

Angekreidet wird Lobo vor allem der mangelnde Erfolg im Kampf gegen die verbreitete Unsicherheit im Lande. Dies geht aus der Auswertung von 1.540 Umfragen hervor, die die honduranische Forschungs- und Kommunikationsgruppe 'Eric' und die Zentralamerikanische José-Simeón-Cañas-Universität (UCA) mit Sitz in El Salvador in 16 der 18 honduranischen Departements in der zweiten Novemberhälfte durchgeführt hatten.

Nach offiziellen Angaben werden in dem 8,4 Millionen Einwohner zählenden Honduras jeden Tag durchschnittlich 17 Menschen ermordet. Nach Schätzungen des Observatoriums für Gewalt der Nationalen Autonomen Universität lag die durchschnittliche Mordrate 2011 bei 82 pro 100.000 Einwohner.


Korrupte Polizei

Lobo räumt ein, dass es ihm nicht gelungen ist, sein Wahlversprechen zu halten und die Kriminalität im Lande zu senken. Der Eric- und UCA-Umfrage zufolge zeigten sich 67 Prozent der Teilnehmer zudem davon überzeugt, dass Verbindungen zwischen Polizei und organisiertem Verbrechen bestehen. 72 Prozent gaben an, sich in Anwesenheit von Polizisten unsicher zu fühlen.

Der am 7. Dezember ermordete Anti-Drogenexperte Alfredo Landaverde hatte Lobo sogar nahegelegt, aufgrund der verbreiteten Polizeikorruption einen neuen Sicherheitsapparat aufzubauen. Aus Justizkreisen heißt es, Polizisten stünden in Verdacht, das Verbrechen an Landaverde begangen zu haben, um die Beteiligung hochrangiger Sicherheitskräfte am Rauschgifthandel zu vertuschen.

Etwas besser kommen bei den Honduranern die Angehörigen der Streitkräfte weg, die in die Straßenpatrouillen einbezogen werden. 46 Prozent der von Eric und UCA Interviewten gaben an, den Militärs Vertrauen entgegenzubringen. Die Umfrage zeigt ferner eine zunehmende Unzufriedenheit mit der politischen Elite und den politischen Institutionen.

Auch Korruption und Arbeitslosigkeit sind Themen, die den Popularitätsverlust des Präsidenten erklären. Lobo hatte in seinem Wahlkampf versprochen, für 100.000 neue Arbeitsplätze zu sorgen. Doch wie er am 24. Januar bei der Präsentation seines zweiten Jahresberichts vor dem Einkammerparlament eingestehen musste, dürften es höchstens 10.000 neue Stellen gewesen sein.

Auf der Habenseite hob Lobo die Rückkehr des Landes in die Organisation der Amerikanischen Staaten (OAS) im Juni 2011 und den erneuten Zugang zu Krediten der multilateralen Finanzorganisationen hervor. Darüber hinaus hielt er sich zugute, für eine Regierung der Einheit und Integration gesorgt und die sozialen Streitigkeiten im Zuge des zivil-militärischen Putsches gegen den gewählten Präsidenten Manuel Zelaya im Juni 2009 beendet zu haben.

Für den Soziologen Eugenio Sosa steht fest, dass das Ansehen von Lobo weiter sinken wird, sollte er im Kampf gegen die Korruption innerhalb der Polizei und gegen die allgemeine Unsicherheit im Lande nichts unternehmen. Dann dürfte er als einer der schlechtesten Präsidenten in die jüngere Geschichte des Landes eingehen. (Ende/IPS/kb/2012)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 1. Februar 2012