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LATEINAMERIKA/1784: Mexiko - Wahlbetrug mit angeblichen Trans* Frauen im Bundesstaat Oaxaca (poonal)


poonal - Pressedienst lateinamerikanischer Nachrichtenagenturen

Mexiko
Oaxaca: Wahlbetrug von angeblichen Trans* Frauen

Von Anayeli García Martínez und Sonja Gerth


(Mexiko-Stadt, 12. Juni 2018, cimacnoticias) - In Mexiko schreibt das Wahlgesetz seit 2014 vor, dass die Parteien 50 Prozent ihrer Listenplätze mit Frauen besetzen müssen. Die weiblichen mexikanischen Abgeordneten waren sehr erfolgreich damit, Quoten durchzusetzen - schon jetzt besetzen sie 43 Prozent der Sitze im Parlament. Diese Zahl, wie auch die der weiblichen Kommunalpolitikerinnen, soll mit der Wahl am 1. Juli noch einmal steigen.

Noch nie hat es jedoch einen so dreisten Versuch gegeben, dieses Gesetz zu umgehen wie jetzt im Bundesstaat Oaxaca. Die Mitte-links Parteien Movimiento Ciudadano (MC) und Nueva Alianza (Panal) haben 17 Kandidaten als Trans* aufgestellt, um die Frauenquote zu erfüllen. Die staatliche Wahlbehörde nahm die Kandidaturen Ende April an, denn laut ihren Richtlinien wird für die Quote das Geschlecht angenommen, das sich Transgender, Transsexuelle oder Intersexuelle, oder Personen des dritten Geschlechts (in Oaxaca gibt es das traditionell indigene Konzept der "muxe") selbst zuschreiben.


Keiner der 17 Trans* Kandidaten hatte sich zuvor als solcher bekannt

Publik wurde der Fall erst, als LGBTI-Gruppen aus der Region darauf aufmerksam machten und eine offizielle Beschwerde einreichten. Demnach lebten alle Kandidaten, in ihren Gemeinden allgemein anerkannt, in heterosexuellen Ehen, teils mit Kindern, und hatten sich kein einziges Mal öffentlich als Trans* bekannt. In einem Fall hatte der nun als Trans* aufgestellte Kandidat im letzten Jahr noch eine Transvestitin öffentlich beleidigt.

Bei drei der 17 Kandidaten ging es um eine Wiederwahl als Bürgermeister. Das Oberhaupt der Gemeinde Santa María Teopoxco war 2016 noch als Mann gewählt worden und stand nun als Trans* Frau auf der Liste eines Parteienbündnisses, genauso wie der Gemeindepräsident von San Juan Cacahuatepec und der Bürgermeister von San Antonio Castillo Velasco.

"Die politischen Parteien ziehen es vor, dass ihr Betrug entdeckt wird, als dass sie Frauen suchen, die sich dem Wahlprozess stellen", so Carmelita Sibaja Ochoa, Mitglied des Verwaltungsrats der Wahlbehörde in Oaxaca, gegenüber Cimacnoticias. Und ihre Kollegin Nayma Enríquez Estrada fügt an: "Die Kandidaturen sind ein Beweis dafür, wie viel Widerstand es in den Parteien gegen die politische Beteiligung der Frauen und von Trans* Personen gibt. So wie 2009, als die Parteien eine ganze Gruppe von gewählten Parlamentarierinnen zugunsten ihrer männlichen Stellvertreter zum Rückzug zwangen."


Wahlbetrug zum Machterhalt

Für Enríquez Estrada ein klarer Wahlbetrug. Das zeige auch die Tatsache, dass es keinen Fall von Frauen gegeben hätte, die versuchten als Trans* Männer durchzugehen. Der Geist des Gesetzes sei verletzt worden. Dies sei besonders schlimm, da Movimiento Ciudadano zusammen mit anderen Parteien die Impulsgeberin für Änderungen zugunsten von Parität und Diversity gewesen sei.

Die Beschwerde der LGBTI Aktivist*innen führte schlussendlich zu einer Untersuchung. Anfang Juni stellte die Wahlbehörde fest, dass die 17 Männer sich eindeutig nur deswegen als Trans* ausgegeben hatten, um die Frauenquote ihrer Partei zu erfüllen. Damit hätten sie die Rechte von Frauen und Trans* verletzt und die Diskriminierung, die diese Gruppen erfahren, ausgenutzt. Die 17 Kandidaturen wurden von den Listen gestrichen, gegen die Parteien wurden Geldstrafen verhängt. Allerdings dürfen die politischen Bündnisse mit den restlichen Kandidat*innen, bei denen keine Unregelmäßigkeiten festgestellt wurden, weiter zur Wahl antreten.


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veröffentlicht im Schattenblick zum 20. Juni 2018

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