Schattenblick →INFOPOOL →POLITIK → AUSLAND

NAHOST/593: Gaza-Freiheitsmarsch, 31.12.09 - Ein Teilnehmer/PalAK HH


Ein Teilnehmer des Gaza-Freiheitsmarsches - Kairo, 31.12.2009

Kairo update

Heute morgen war der Himmel bedeckt und es war etwas kuehl (fuer Kairoer Verhaeltnisse, schaetzungsweise 15 Grad). Im Laufe des Tages kam die Sonne durch und es wurde waermer. Wenn man laenger in der Sonne war, war es ziemlich warm. Das war der Wetterbericht.

Heute begann auch der Gaza Freedom March, an dem auch Internationale Delegationen aus 43 Laendern teilnehmen wollten, aber nicht durften, weil die aegyptische Regierung die Grenze zu Gaza verschloss und es nicht zuliess.

Der Marsch in Gaza hat stattgefunden, es sollen ca. 5.000 Leute daran teilgenommen, haben wir gehoert. Mehr wissen wir nicht.

Ihre Veraergerung darueber, dass es ihnen verboten wurden, an dem Marsch teilzunehmen bzw. sich zusammen zu treffen oder einen Gedenkaktion auf der Nil in Erinnerung an die Opfer des israelischen Angriffs auf Gaza von vor einem Jahr, haben die Internationalisten gut zum Ausdruck gebracht. Vor allem die Franzoesen haben starke Praesenz gezeigt, seit fuenf Tagen kampen sie vor der franzoesischen Botschaft.

Ausser dem Protest vor der franzoesischen Botschaft, gab es ein Spontanprotest nach dem Verbot der Nilfahrt und Kundgebungen vor dem Buero des Journalistenverbandes mit starker Unterstuetzung bzw. organisiert von aegyptischen und palaestinensischen Aktivisten.

Zwischen 9:30 Uhr und kurz vor 10:00 Uhr gingen ca. 300 Internationalisten in Kleingruppen zum Tachrir Platz und spielten den Tourist. Um 10 Uhr tauchte eine Gruppe von Internationalistinnen aus verschiedenen Laendern vor dem Eingang zum aegyptischen Museum auf und rollten einen Transparent auf. Parolen rufend gingen sie auf die Strasse. Innerhalb kurzer Zeit entstand einen lautstarken Demonstrationszug aus Hunderten von Teilnehmer der internationalen Delegationen und aegyptischen Aktivisten. Die Sicherheitskraefte - vor dem Museum bzw. auf dem Platz gibts es staendig eine starke Zivil- und uniformierte Polizei-/Militaerpraesenz - waren total ueberrascht. Dennoch kam der Demozug nur einige Hundert Meter bevor er zum stoppen gebracht wurde.

Es kam am Anfang zu kleinen Auseinandersetzungen, Schubserei und dergleichen, als die Polizei/Militaer versuchten Leute daran zu verhindern Fotos zu machen oder sie in Richtung Buergersteig zu schieben. Nachdem die Staatssicherheitskraeften das Kommando uebernahm, wurde das Klima erheblich rauher. Alle setzten sich auf die Strasse und hakten sich die Arme in einander da fingen die Sicherheitskraeften an, die Leute auseinander zu ziehen und zum Buergersteig hin zu schleifen. Es gab keine grosse Pruegelei, aber die eine oder der andere bekamen schon einen Fausthieb oder einen Tritt ab. Nach ca. einer Stunde schafften sie es die Strasse zu raeumen und viele der Demonstranten auf dem Buergersteig zwischen zwei Strassenmuendungen einzukesseln. Den Verkehr zu stoeren und zum erliegen zu bringen war eine Kardinalsuende erfuhr man spaeter. Das haben sie ueberhaupt nicht gern.

Im Laufe des Nachmittags erschien eine groessere Gruppe von Franzoesen, die den Botschaftskamp verlassen hatten, um mit zu demonstrieren.

Eingekesselt auf dem Buergersteig fuehrten die Internationalisten den Protest fort und beendete den erst etwa gegen 16 Uhr. Sofort wurden Transparenten zwischen Baeumen und/oder Lichtmasten aufgehaengt und Parolen, wie "Freiheit fuer Gaza", "Freiheit fuer Palaestina", "Wir wollen nach Gaza", wie auch welche fuer die Beendigung der Besatzung und die Belagerung von Gaza, in verschiedenen Sprachen gerufen. Als die Namen der Orten in Gaza aufgerufen wurden, antworteten alle mit "Resistance". Das Ganze wurde staendig musikalisch begleitet.

Der Platz wurde zum "Free Gaza Square" umbenannt, "I support Gaza" Aufkleber an die Wand geklebt und Plakaten in verschiedenen Sprachen hochgehalten. Die US-Amerikaner erinnerten Barak Obama an seine Rede bei seinem Kairobesuch: "Those who stand up for justice are always on the right side of history", in etwa, "Diejenigen, die sich fuer Gerechtigkeit einsetzen, denen wird die Geschichte recht geben". Vertreter der verschiedenen Sprachgruppen hielten kurze Reden, in denen, der israelische Kolonialismus, Zionismus und Besatzung und Belagerung Palaestina und Gazas angeprangert wurde.

In seiner Rede zitierte der Vertreter des suedafrikanischen Gewerkschaftsdachverbands COSATU Nelson Mandela, der sagte, Suedafrika wird nie wirklich frei sein, bis Palaestina frei ist.

Im Laufe des Nachmittags wurde die Anzahl der Demonstrierenden allmaehlich geringer, diejenigen die den Platz verliessen, duerften nicht wieder reinzukommen. Um einem befuerchteten Angriff der Sicherheitskraefte zuvor zu kommen, entschieden die Teilnehmer der Demonstration, dass sie bestimmen wuerden, wann der Protest beendet ist. Nach einer Abstimmung wurde der Protest gegen 16 Uhr offiziell beendet.


*


Quelle:
Ein Teilnehmer / Palästina-Solidaritätsbündnis Hamburg
Kairo, 31.12.2009


veröffentlicht im Schattenblick zum 1. Januar 2010