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INTERNATIONAL/015: Sierra Leone - Länger die Schulbank drücken, bildungspolitischer Reformbedarf (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 23. März 2012

Sierra Leone: Länger die Schulbank drücken - Bildungspolitischer Reformbedarf

von Damon van der Linde und Mustapha Dumbuya

Sierra Leones Schüler schneiden schlecht ab - Bild: © Damon van der Linde/IPS

Sierra Leones Schüler schneiden schlecht ab
Bild: © Damon van der Linde/IPS
Freetown, 23. März (IPS) - Sierra Leone hat sein Bildungsbudget in den letzten vier Jahren um 36 Prozent aufgestockt, nachdem nur ein Prozent der Absolventen der Sekundarstufe bei der standardisierten westafrikanischen Zulassungsprüfung (WASSCE) die Mindestnoten für den Besuch von Fachschulen und Universitäten erreichte. Doch der Erfolg lässt auf sich warten. Eine Reform des Schulsystems soll nun Abhilfe schaffen.

Geplant ist, in einem ersten Schritt die Unterrichtszeit ab 2013, dem Jahr, in dem in Sierra Leone die nächsten Examina stattfinden, auf täglich sieben Stunden zu verdoppeln. Außerdem ist vorgesehen, die Sekundarschuljahre von bisher drei auf vier zu verlängern.

"Wenn mindestens 25 Prozent unserer Schüler das Examen bestehen, würde diese Leistung unserem Land entsprechen", meinte Sheriff Sapateh, Direktor des nationalen Büros des Westafrikanischen Prüfungsrates (WAEC). Die Regierung hat ihn mit der Leitung der so genannten Gbamanja-Kommission beauftragt, die die Defizite des Prüfungssystems aufdecken und Verbesserungsvorschläge erarbeiten soll.

Auch die Folgen des langen Bürgerkriegs (1990-2001) hätten sich direkt und indirekt auf die dürftigen Prüfungsergebnisse von 2008 ausgewirkt, betonte der Bildungsexperte. In den Jahren des bewaffneten Konflikts sei der Unterricht nur unter äußerst schwierigen Bedingungen möglich gewesen, betonte er. Viele Lehrer hätten das Land verlassen und seien durch andere ersetzt worden, deren Ausbildung sich auf Crash-Kurse beschränkte.

Dele Sannoh, Direktor der Fachschaft für Erziehungswissenschaften am Fourah-Bay-College der Universität von Sierra Leone und ebenfalls Mitglied der Gbamanja-Kommission, möchte niemanden aus der Verantwortung für die Leistungsdefizite der Sekundarschüler entlassen. "Alle haben dazu beigetragen - Gemeinden, Familien, die Kinder selbst, Schulen und Lehrer", meinte er. "Auch die Regierung hätte mehr tun können."

Zu den Reformplänen gehören auch eine hochwertigere Lehrerausbildung sowie eine bessere Ausstattung der Schulen, die mehr Büchereien und Computer erhalten sollen. "Wir tun alles, was sich mit den begrenzten Regierungsmitteln erreichen lässt", versicherte Salieu Kamara, leitender Beamter im Bildungsministerium.


Reform in der Kritik

Die geplante Schulreform findet nicht überall Zustimmung. Ophelia Morrison, Direktorin der 'Annie Walsh Memorial Senior Secondary School', deren Schülerinnen und Schüler beim WASSCE besser abschneiden als der Durchschnitt der Prüfungskandidaten, will von einem zusätzlichen Schuljahr nichts wissen. "Meine Schule ist erstklassig. Zwei Drittel unserer 300 bis 400 Schüler bestehen regelmäßig das Examen. Ich hoffe, wir sind von den Änderungen nicht betroffen" betonte sie und kritisierte: "Vor der Ankündigung von Reformen hätte man zunächst mit den Schulleitern sprechen sollen."

Der 18-jährige Imran Seray, der die Sekundarschule der Muslim-Bruderschaft besucht, gehört zu den ersten Schülern, deren Schulzeit sich um ein Jahr verlängert. Doch er wird sich ein weiteres Schuljahr nicht leisten können. "Ich muss selbst für meinen Lebensunterhalt sorgen und das Schulgeld aus eigener Tasche bezahlen", erklärte er. (Ende/IPS/mp/2012)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 24. März 2012