Schattenblick →INFOPOOL →POLITIK → BILDUNG

UNIVERSITÄT/2434: Studentenproteste auch in Dresden (TU Dresden)


Dresdner UniversitätsJournal Nr. 19 vom 24. November 2009

Studentenproteste auch in Dresden
Studenten in Deutschland streiken. Studenten in Dresden auch

Von Mathias Bäumel/Kim-Astrid Magister


Einige von ihnen besetzen seit dem 9. November 2009 den Hörsaal 81 im Potthoff-Bau der TU Dresden. Die Besetzer organisieren sich in teils über zwanzig Arbeitsgruppen, mit deren Hilfe sie drei größere Themenbereiche bearbeiten. Dabei wurde sogar eine extra Arbeitsgruppe eingerichtet, die sich dem "Umgang mit dem Rektor" widmet.

Am 12. November 2009 übermittelten die Besetzer einen ausführlichen Forderungskatalog an die Leitung der TU Dresden, an den Freistaat Sachsen und an den Bund, der eine Ansammlung sowohl grundlegender als auch Detailthemen enthält. Konkret wird mehr studentische Mitbestimmung in allen universitären Organen gefordert. Zusätzlich fordern die jungen Leute mehr Geld für Bildung, um eine bessere räumliche und personelle Ausstattung zu gewährleisten. Auch die Einführung des Bachelor und Master und die Abschaffung der Abschlüsse Diplomingenieur und Magister waren Gegenstände der Kritik.

Obwohl die Besetzer hochschulrechtlich gesehen keine Befugnis haben, für die Studentenschaft zu sprechen, bot die Universitätsleitung ihnen schon frühzeitig Gespräche an. Am 13. November 2009 um 17 Uhr schließlich fanden sich die Besetzer für ein - wie sie sagten - "informelles" Gespräch mit dem Rektor der TU Dresden, Prof. Hermann Kokenge, bereit. Sie entsandten sieben Vertreter ins Rektorat.

Im rund zweistündigen Gespräch, an dem auch der Prorektor für Wissenschaft teilnahm, zeigte sich schnell, dass die Positionen zwischen den protestierenden Studenten und dem Rektorat oft dicht beieinander liegen. Gerade was die finanzielle und personelle Ausstattung der TU Dresden anbelangt, besteht absoluter Konsens, dass damit keine optimalen Studienbedingungen gewährleistet werden können. Ebenso bestand Konsens, dass die Qualität der Bachelor- und Masterstudiengänge weiter gesteigert werden muss. Außerdem erhofften sich die Studenten vom Rektor die Zusage, dass der von ihnen "besetzte" Hörsaal POT 81 nicht geräumt wird.

Doch diese Zusage war angesichts der Tatsache, dass die Streikenden überhaupt keine Aussage treffen konnten, wie lange sie dort noch verweilen wollen, schier unmöglich. Dennoch waren die jungen Leute offenbar zufrieden, sie twitterten zunächst: "Gruppe von Studies hatten konstruktives Gespräch mit Rektor. Die Besetzung ist vorerst nicht durch Räumung gefährdet", und dann etwas später "chillige Atmosphäre im besetzten POT 81 in Dresden. Gitarren und B ..." Der Protest wurde also unterhaltsam. Einen Schritt weiter in Richtung "Protest als Entertainment" gingen die streikenden Studenten, indem sie am 17. November 2009 eine Flashmob-Tour durchs Dresdner Stadtzentrum inszenierten. Und obwohl sie - gemessen an der Gesamtzahl Dresdner Studenten - wenige waren (schätzungsweise sechzig bis hundert Protestler nahmen daran teil) und im Vergleich zu den Vortagen keine neuen Forderungen stellten, erreichten sie damit ein großes Medienecho - was auch ein entlarvendes Licht auf die Interessen der Medien wirft. Immerhin: "Großes Feedback, viel Presse, viele Interessierte, viele Mobber", war die Selbsteinschätzung der frischgebackenen "Unterhaltungskünstler".

Die Lehrveranstaltungen wurden bis zum 20. November 2009 (nach Redaktionsschluss) aus dem Hörsaal POT 81 in andere Räume verlegt. Wann der Hörsaal wieder für eine geregelte Lehre zur Verfügung steht, war zum Zeitpunkt der Endproduktion der Druckvorstufe dieser UJ-Ausgabe noch offen.

Am späten Abend des 18. November 2009 haben die protestierenden Studenten die sächsische Wissenschaftsministerin, Prof. Sabine von Schorlemer, in den POT 81 zu einem Gespräch eingeladen - die Wahl des Termins haben sie der Ministerin überlassen. An der von der Konferenz der Sächsischen Studierendenschaften (KSS) für den 24. November 2009 in Leipzig geplanten Demonstration zur Hochschulrektorenkonferenz wollen Dresdner Studenten teilnehmen. Der Studentenrat der TU Dresden hat dafür einen Sonderzug gemietet.


*


Quelle:
Dresdner UniversitätsJournal, 20. Jg., Nr. 19 vom 24.11.2009, S. 4
Herausgeber: Der Rektor der Technischen Universität Dresden
Nöthnitzer Str. 43, 01187 Dresden
Telefon: 0351/463-328 82
Telefax: 0351/463-371 65
E-Mail: uj@tu-dresden.de
Internet: www.tu-dresden.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 4. Dezember 2009