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FORSCHUNG/982: Mit 80 Jersey-Kühen sparsam Milch erzeugen - Kieler starten Weidemilchprojekt (aid)


aid-Newsletter 30/15 vom 22.07.2015

Mit 80 Jersey-Kühen sparsam Milch erzeugen

Kieler starten Weidemilchprojekt


(aid) - Auf dem Versuchsgut "Lindhof" der Kieler Christian-Albrechts- Universität wird sich das Team um Leiter Professor Dr. Friedhelm Taube künftig mit der Milchviehhaltung beschäftigen. Hierzu wird gerade ein neuer Kuhstall errichtet. Anfang Juli 2015 wurde das Projekt mit einem symbolischen 1. Spatenstich von Beteiligten aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft gestartet.

Mit dem Forschungsprojekt "Ökoeffiziente Weidemilcherzeugung Lindhof" sollen neue Wege im Bereich der Milchproduktion entwickelt werden. Zentraler Gedanke dabei ist, Milch auf Basis der nahezu ausschließlichen Futtergrundlage Weidegras zu erzeugen. Dabei stehen neben ökologischen und Tierschutzaspekten auch klare ökonomische Ziele im Vordergrund. Hierzu wurde eine Herde von 80 Jersey-Rindern von dänischen Züchtern gekauft, die im Dezember in den neuen Stall einziehen und ab Februar 2016 mit der Milchproduktion beginnen sollen.

Bei der Planung des Stalls wurde besonderes Augenmerk auf den Tierkomfort gelegt. Die Kühe werden zu 100 Prozent auf Stroh gehalten. Die hierfür notwendigen Mengen an Stroh werden über eine Kooperation mit einem ökologisch wirtschaftenden Ackerbaubetrieb sichergestellt. Die Entscheidung, die Kühe auf Stroh zu halten, bietet Dr. Ralf Loges zufolge, der die Versuche am Lindhof koordiniert, auch einen Kostenvorteil. "Die Baukosten für den Stall wären deutlich teurer geworden, wenn wir uns für Güllekeller und Gülletechnik entschieden hätten."

Schleswig-Holsteins Umweltminister Dr. Robert Habeck sieht im Projekt einen weiteren Baustein, um die Weidewirtschaft zu stärken. Sie sei klimaschonend und komme den Tieren zu Gute, so der Minister. Zudem zeige sich, dass das Forschungsprojekt gerade angesichts der aktuellen Problematik auf den Milchmärkten bestens in die Zeit passe. Sollten sich im Verlauf der Forschungsarbeiten Produktionsverfahren ergeben, die nicht nur unter ökologischen, sondern auch unter ökonomischen Gesichtspunkten Vorteile bieten, so wäre das "genial". "Das öffentliche Geld sehe ich hier deshalb gut angelegt."

In der Tat suchen gerade Milchbauern nach Ansätzen, ihre wirtschaftliche Situation zu verbessern. Hierbei wurden bislang vor allem politische Markteingriffe oder Liquiditätshilfen diskutiert. Echte Ansätze zur Veränderung der Produktion sind dagegen kaum zu finden. Von daher ist eine Überprüfung der bisherigen Grundausrichtung der Produktion, wo immer das auf den Betrieben möglich ist, durchaus interessant. So zielt das aktuelle Projekt auf dem Versuchsgut Lindhof konsequent darauf ab, Milch in einem "Low Cost Milchviehhaltungssystem" zu produzieren.

Das zeigt sich auch bei der Wahl der Rasse. Jersey-Kühe liefern Milch mit hohen Gehalten an Inhaltsstoffen. Ihr vergleichsweise geringes Körpergewicht macht sie hervorragend geeignet für die Beweidung auch bei ungünstigen Witterungsverhältnissen.

Die Ziele des Projekts stellte Professor Taube vor: "Wir wollen den Tieren auf der Weide optimales kostengünstiges Futter mit ausgeglichenem Nährstoffgehalt anbieten. Heimisches Weidelgras und proteinreicher Klee sind dafür ideal. Wir wissen aus Voruntersuchungen, dass wir Energiedichten im Weidegras von mehr als 6,7 MJ NEL/kg TM im Durchschnitt der Weideperiode einkalkulieren können und bei dem angestrebten Milchleistungsniveau von ca. 6.000 kg ECM je Kuh und Jahr reicht das Proteinangebot aus dem Grobfutter komplett aus. Somit können wir auf Eiweißkonzentrate verzichten. Jetzt wollen wir herausfinden, wie wir die Weidehaltung optimieren können, dabei setzen wir auf saisonale Abkalbung nach irischem Vorbild. Kalben alle Tiere in der Zeitspanne Mitte Februar bis Mitte April, wird der nach dem Kalben ansteigende Futterbedarf optimal über das gleichzeitig steigende Graswachstum gedeckt. Die Verlängerung der Weideperiode im Herbst erfolgt über Zwischenfrüchte, um die Kosten für teures Winterfutter zu minimieren.

Dr. Uwe Scheper, www.aid.de

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Quelle:
aid-Newsletter 30/15 vom 22.07.2015
Herausgeber: aid infodienst
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veröffentlicht im Schattenblick zum 24. Juli 2015

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