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GENTECHNIK/417: Eine gigantische Verschwörung (Hans Fricke)


Eine gigantische Verschwörung

Von Hans Fricke, Mai 2009


Nur Stunden nach Bekanntgabe der Entscheidung der Bundesregierung, das Genmais von Monsanto zu verbieten, einbestellte Obamas Handelsrepräsentant Ron Kirk den deutschen Botschafter Klaus Scharioth ins Ministerium, um ihn zu befragen, wie die deutsche Regierung es wagen könne, sich dem imperialen Willen zu widersetzen, und den Anbau von gentechnisch verändertem Mon810-Mais zu verbieten.

Dieses ungeheuerliche Vorgehen der Obama-Regierung stellt nicht nur einen Affront gegen das souveräne Recht eines Staates dar, über die Politik der nationalen Nahrungssicherheit selbst zu entscheiden. Es offenbart auch, was wirklich hinter Washingtons Unterstützung für die GVO-Getreidesorten (GVO=Gentechnisch Veränderter Organismus) steht: Für die US-Außenpolitik ist es auch unter Obama im Rahmen der sogenannten "Full Spectrum Dominance" (dt. etwa "Überlegenheit auf allen Ebenen") von höchster Priorität, weltweit GVOs durchzusetzen. Für Washington geht es dabei nicht um bessere Ernteerträge oder um den Einsatz von weniger Pflanzenschutzmitteln. Es geht schlicht und einfach um Kontrolle: um die Macht über die Versorgung der Welt mit Saatgut. Schon in den 1970er Jahren erklärte Henry Kissinger: "Wer das Öl kontrolliert, ist in der Lage, ganze Nationen zu kontrollieren; wer die Nahrung kontrolliert, kontrolliert die Menschen."

In seinem Buch "Saat der Zerstörung. Die dunkle Seite der Gen-Manipulation" dokumentiert William F. Engdahl eine gigantische Verschwörung, indem er aufzeigt, dass sich innerhalb von fünf bis zehn Jahren wesentliche Teile der weltweiten Nahrungsmittelversorgung in den Händen von nur vier global agierenden Großkonzernen befinden werden. Diese Firmen halten exklusive Patente auf Saatgut, ohne dass kein Bauer oder Landwirt der Welt säen und später ernten kann. Es handelt sich dabei allerdings nicht um gewöhnliches Saatgut, sondern um solches, das genmanipuliert ist. Eine besondere Entwicklung ist das "Terminator-Saatgut". Es lässt nur eine Fruchtfolge zu. Danach begehen die Samen "Selbstmord" und sind als Saatgut nicht wieder verwendbar. Damit soll sichergestellt werden, dass Saatgut jedes Jahr neu erworben werden muss - ein Geschäft, das der Teufel nicht hätte besser erfinden können. Engdahl zeigt insbesondere, welche Rolle dabei das US-Landwirtschaftsministerium und die letzten drei Präsidenten gespielt haben, von denen die Verbreitung von GVO-Saatgut zum strategischen nationalen Ziel erklärt wurde.

Offensichtlich ließen sich diese Repräsentanten der US-Administration von der Überzeugung leiten: "Wenn man dem Teufel dient, braucht man für die Belohnung nicht auf den Himmel zu warten." Wie anders wäre es sonst zu erklären, dass auch für den "tiefgläubigen Christ" Georg W. Bush, der unter anderem für den Tod und die Verstümmelung von mindestens einer Million irakischer Zivilisten verantwortlich ist, diese teuflischen Pläne von Monsanto, die eine neue, bislang nicht für möglich gehaltene Form der Leibeigenschaft zum Ziel haben, höchste Priorität hatten. Kein Wunder, dass der frühere englische Regierungschef Tony Blair, der sich ebenfalls rühmt, "ein Werkzeug Gottes" zu sein, Bushs engster Komplize war, was einen Teilnehmer des diesjährigen Gebetsfrühstücks in Washington zu den Zwischenruf veranlasste: "Wenn ich höre, dass Tony Blair ein Christ ist, dann bin ich stolz darauf, Atheist zu sein."

Engdahl dokumentiert, dass die amerikanische Rockefeller-Stiftung der treibende Motor hinter dieser weltweiten Verschwörung ist. Zusammen mit privaten Forschungsinstituten und in Mittäterschaft der US-Regierung versucht eine kleine mächtige Elite "Gott zu spielen" - mit erschreckenden Folgen für die Völker der Welt.

Nur Tage nach der überraschenden Entscheidung von Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) kam es zu einem weiteren Rückschlag für den Genmais von Monsanto. Laut einem Bericht, der am 28. März in der südafrikanischen Zeitung Rapport veröffentlicht wurde, gab es in Südafrika, wo es diesem Großkonzern gelungen war, den Fuß für GVO-Getreide in die Tür zu bekommen, katastrophale Missernten für sein Genmais. Die Aussaat auf über 82.000 Hektar Genmais von Monsanto führte zu einer praktisch sterilen Ernte. Auf dem Maisfeld seien zwar wunderbare grüne Stängel gewachsen, doch die hätten keine Maiskolben getragen, obwohl der Konzern damit geworben hatte, sein Genmais werde einen höheren Pro-Hektar-Ertrag bringen. Von dem Desaster seien etwas vier Prozent der gesamten südafrikanischen Maisernte betroffen.

Mais ist ein Grundnahrungsmittel in Südafrika. Zirka 2,8 Millionen Hektar Mais wurden dort 2008 angebaut, davon schätzungsweise 57 Prozent Genmais, vor allem von Monsanto. Südafrika ist das einzige Land im südlichen Afrika, das GVOs zugelassen hat. Während der Regierungszeit Georg W. Bush hat die USAID (dt. Behörde der USA für internationale Entwicklung) wiederholt versucht, unter dem Deckmantel der "Nahrungsmittelhilfe" die Verbreitung von GVOs stillschweigend in ganz Afrika durchzusetzen, was die Hinterlist und den teuflischen Charakter dieser Pläne bestätigt.

Washington wird jetzt versuchen, das Berliner Verbot von Monsanto-Genmais, dessen Anbau bisher als einziges GVO-Saatgut in der EU gestattet war, zur zentralen Frage der Handelsstrategie der Errichtung einer "Freihandelszone" zwischen der EU und den USA bis zum Jahr 2015 zu machen - den sogenannten Transatlantischen Wirtschaftsrat, TEC -. Dass es sich bei der weltweiten Verbreitung von GVO um eine gigantische Verschwörung handelt ist leider keine Theorie oder Spekulation, sondern vielmehr rasant voranschreitende Realität.

Bemerkenswert, dass Obama ausgerechnet Michael Fromm zum amerikanischen Vertreter bei den TEC-Gesprächen ernannt hat. Fromm gehört zum engsten Kreis der Wirtschaftsberater um Obama und ist stellvertretender Sicherheitsberater für Wirtschaftsfragen - eine Position, die gemeinsam vom Nationalen Sicherheitsrat und dem Nationalen Wirtschaftsrat getragen wird. Das unterstreicht, dass die Regierung Obama die Handelsgespräche mit der EU als Frage der "nationalen Sicherheit" betrachtet und sie wie andere Bereiche der Wirtschaftskriegsstrategie behandelt.

Wenn die EU das wäre, was sie ständig vorgibt zu sein, dann müsste sie beim nächsten Treffen der TEC am 13. Juni den Washingtoner Wirtschaftskriegern im Namen des Lebens und der Zukunft ihrer fast 500 Millionen Einwohner und deren Nachkommen ein so klares und eindeutiges "Nein" entgegenrufen, dass ihnen auch unter Obama die Lust vergeht, die Staaten Europas weiterhin wie Bananenrepubliken behandeln und sie ihren imperialen Gelüsten unterordnen zu wollen.

"Wir sind geneigt zu sagen, dass niemand
bei gesundem Menschenverstand diese
Dinge je einsetzen wird - aber nicht
jedermann ist bei gesundem
Menschenverstand."
(F. William Engdahl)


Hans Fricke ist Autor des im August 2008 im Berliner Verlag am Park erschienenen Buches "Politische Justiz, Sozialabbau, Sicherheitswahn und Krieg", 383 Seiten, Preis 19,90 Euro, ISBN 978-3-89793-155-8


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Quelle:
© 2009 Hans Fricke
mit freundlicher Genehmigung des Autors
    


veröffentlicht im Schattenblick zum 8. Mai 2009