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INTERNATIONAL/080: Ecuador - 'Agrarrevolution' lässt auf sich warten (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 4. März 2013

Ecuador: 'Agrarrevolution' lässt auf sich warten - Konsultationsprozess für Wassergesetz hat begonnen

von Leisa Sánchez


Bild: © Martín Sánchez/IPS

Kleinbauern erhoffen sich endlich die von Präsident Correa versprochene Agrarrevolution
Bild: © Martín Sánchez/IPS

Quito, 4. März (IPS) - Bevor die aktuelle Legislaturperiode der ecuadorianischen Nationalversammlung im Mai endet, sollen die Abgeordneten noch über ein Wassergesetz abstimmen. Das Gesetz ist Teil der sogenannten 'Agrarrevolution', die vor allem viele indigene Gruppen fordern, die jedoch in den vergangenen vier Jahren der Amtszeit des Präsidenten Rafael Correa kaum vorangetrieben wurde.

Jetzt hat der Präsident der Nationalversammlung, Fernando Cordero, die Zivilgesellschaft aufgerufen, sich an einem Konsultationsprozess zu beteiligen. Rund 100 zivilgesellschaftliche Organisationen sowie indigene und afroecuadorianische Gemeinschaften erarbeiten nun seit Ende Februar Vorschläge für ein Wassergesetz. Dieses soll Traditionen und Riten berücksichtigen, ein Gleichgewicht zwischen privatem Gebrauch und gemeinschaftlichem Nutzen von Wasser finden sowie Anwohnern von Gewässern ein Mitspracherecht bei größeren Projekten zusprechen, die im Zusammenhang mit der Wassernutzung stehen. Bis zum 1. April können Vorschläge eingereicht werden, die dann im Parlament verhandelt werden.

'Agrarrevolution jetzt!' ist ein Kapitel des Wahlprogramms von Rafael Correa überschrieben. Der Präsident wurde 2007 zum ersten Mal gewählt und bei den Wahlen am 17. Februar dieses Jahres im Amt bestätigt. Die neue Legislaturperiode beginnt am 14. Mai. Um die Agrarrevolution herbeizuführen, seien neue Agrar- und Wassergesetze und solche für andere Produktionsmittel notwendig, heißt es im Wahlprogramm.

Im Rahmen des Vorhabens werden auch Fragen zur Biodiversität, zu Saatgut, Aquakultur und Fischerei sowie zu Arbeitsplätzen in der Landwirtschaft, Umweltschutz und indigenen Rechte verhandelt.


Vorschläge für neun Gesetze

"Wir haben Vorschläge für neun Gesetze eingereicht", berichtet Miguel Ríos von der Plurinationalen und interkulturellen Konferenz für Ernährungssouveränität (Copisa) gegenüber IPS. Die Copisa ist ein von der Regierung eingerichtetes Forum, das sich aus Vertretern unterschiedlicher Gruppierungen der Zivilgesellschaft zusammensetzt, darunter der Wissenschaft und indigener Völker. Das Forum soll für mehr Transparenz und Bürgerbeteiligung bei neuen Gesetzesinitiativen sorgen.

Doch die Zeit ist knapp, um tatsächlich Ergebnisse zu erzielen. Am 14. Mai wird die Nationalversammlung neu zusammengesetzt. Die regierende Mittelinks-Partei 'Alianza País' wird immerhin 57 Prozent der 136 Sitze für sich beanspruchen. Davor müssen die Vorschläge aus dem Konsultationsprozess gesichtet und für einen Bericht zusammengefasst werden, der den Parlamentariern vorgelegt werden soll.

Bereits seit 2009 wird über einen Entwurf für ein Wassergesetz diskutiert. Die regierende Alianza País hatte mit ihren 53 Sitzen nicht die erforderliche Anzahl von 60 Stimmen im Parlament erhalten. Eigene Abgeordnete verweigerten ihre Zustimmung, und Stimmen der anderen Parteien waren nicht zu bekommen. Nachdem ein Jahr darauf noch immer nichts geschehen war, forderten Indigene schließlich an der Ausarbeitung des Gesetzes mittels eines Konsultationsprozesses beteiligt zu werden.


Forderung nach klaren Regeln

Umstritten ist vor allem die Frage, welchem Sektor bei der Wassernutzung Vorrang eingeräumt werden sollte: Dem Konsum, der Landwirtschaft, dem Tourismus oder der Industrie. "Wir brauchen klare Regeln, damit beispielsweise Bergbauaktivitäten nicht die Trinkwasserqualität beeinträchtigen", fordert der Abgeordnete Pedro de La Cruz. In ländlichen Gegenden ist die Versorgung mit sauberem Trinkwasser unzureichend.

Für das nichtstaatliche Forum für Wasserreserven sind das größte Problem die Bewässerungssysteme in der Landwirtschaft. Offiziellen Zahlen zufolge werden fast 940.000 der 2,9 Millionen bewirtschafteten Hektar in Ecuador künstlich bewässert. Dafür werden große Mengen an Wasser eingesetzt.

77.000 Konzessionen für die Bewässerung von Feldern sollen nun überprüft werden. An ihre Stelle sollen lediglich Nutzungserlaubnisse treten.

Vertreter von Oppositionsparteien zweifeln daran, dass es noch in dieser Legislaturperiode zur Umsetzung des Wassergesetzes kommt. "Die Regierung hat in den vergangenen vier Jahren, seit das Gesetz auf der Agenda steht, nichts zu dessen Umsetzung unternommen. Warum sollte sich das jetzt plötzlich ändern?", fragt Diana Atamaint, Abgeordnete der Partei Pachakutik, der politische Arm der Vereinigung der Indigenen Ecuadors (Conaie). Atamaint kritisierte darüber hinaus, dass die Regierung von Correa bisher keine Anstrengungen unternommen hat, um die Landnutzung in Ecuador zu demokratisieren. (Ende/IPS/jt/2013)


Link:

http://www.soberaniaalimentaria.gob.ec/pacha/?page_id=1863
http://www.conaie.org/
http://www.ipsnoticias.net/nota.asp?idnews=102444

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IPS-Tagesdienst vom 4. März 2013
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veröffentlicht im Schattenblick zum 6. März 2013