Schattenblick →INFOPOOL →POLITIK → ERNÄHRUNG

INTERNATIONAL/109: Simbabwe - Mit urbaner Landwirtschaft aus der Armut (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 11. März 2014

Simbabwe: Mit urbaner Landwirtschaft aus der Armut - Frauen profitieren von Kartoffeleinfuhrverbot

von Jeffrey Moyo


Bild: © Jeffrey Moyo/IPS

Kartoffelpflanzen auf dem Hinterhof von Lina Chingama in der simbabwischen Stadt Norton
Bild: © Jeffrey Moyo/IPS

Harare, 11. März (IPS) - Shyline Chipfika gehört zu den tausenden Frauen Simbabwes, die dem städtischen Kartoffelanbau einen gewissen Wohlstand verdanken. Einen Anteil an dem Erfolg hat nicht zuletzt ein Verbot, die Knollen einzuführen. "Die Kartoffeln haben mein Leben verändert", frohlockt sie.

In Simbabwe sind derartige Erfolgsgeschichten eher selten. "Ich lebte lange in einem kleinen Appartement", berichtet die 26-Jährige. "Doch inzwischen konnten wir das, was wir hatten, zu einem ansehnlichen Besitz ausbauen." Was den Kartoffelanbau so interessant macht: Die Knollengewächse werden in Säcken gezogen. Agrarland ist also nicht erforderlich.

"Für Frauen hat sich die Methode, Kartoffeln in städtischen Hinterhöfen zu ziehen, als äußerst einfach und lukrativ herausgestellt", berichtet der Agrarbeamte Mike Hunde aus Marondera, einer Stadt in der simbabwischen Ostprovinz Mashonaland, etwa 70 Kilometer südlich von Harare. Der Wert dieser Hinterhöfe sei lange nicht erkannt worden. Das habe sich geändert.

Auch Lina Chingama aus der nordsimbabwischen Stadt Norton, etwa 40 Kilometer westlich von Harare, hat den Kartoffelanbau für sich entdeckt. Sie und alle anderen Produzentinnen profitieren davon, dass die Arbeit als Beitrag zur Ernährungssicherheit verstanden und staatlich gefördert wird. Und erst recht seit dem im letzten Jahr verhängten Kartoffelimportverbot floriert das Geschäft.

Die städtischen Kartoffelfarmerinnen haben sich inzwischen zu Interessensverbänden zusammengeschlossen, um in den Genuss von Krediten zu kommen, die sie bei Frauenorganisationen beantragen. Von den Fördermitteln versprechen sie sich einen weiteren Aufschwung.


Mehr als 16.000 Kartoffelbäuerinnen

Nach Angaben der Städtischen Vereinigung de Bäuerinnen, einer Gewerkschaft für Frauen, die in Harare Kartoffeln anpflanzen, haben die Mitglieder bereits 151 städtische Organisationen gegründet, die für die Mittelbeschaffung zuständig sind. Insgesamt sind 16.150 Frauen im Kartoffelanbau aktiv.

"Seit dem Importverbot bedienen wir acht Prozent des nationalen Kartoffelmarktes, 88 Prozent kommen von den Großbauern unseres Landes und die restlichen vier Prozent von Männern, die dem Vorbild der Stadtbäuerinnen nacheifern", berichtet Abigail Mlambo, Generalsekretärin der Gewerkschaft der urbanen Landwirtinnen, gegenüber IPS.

"Wir sind ein Zusammenschluss von zwölf lokalen Kartoffelbäuerinnen und haben uns an die Nichtregierungsorganisationen gewandt, damit sie uns beim Ausbau der Kartoffelproduktion unter die Arme greifen", erläutert Nancy Chikwari. Nachdem die Frauen 1.000 US-Dollar für landwirtschaftliche Inputs erhalten haben, sei es mit dem Projekt immer weiter bergauf gegangen. Heute sind die Mitglieder des Frauenverbands stolz, dass sie ihre Kinder auf weiterführende Schulen und Universitäten schicken können, ohne dass sich die Männer beteiligen müssen.

Allein im letzten Jahr hatten sie 30 Tonnen Kartoffeln geerntet. Jeden 15-Kilosack konnten sie für acht Dollar verkaufen, was ihnen Einnahmen von mehreren tausend Dollar erbrachte. Das ist eine gute Nachricht für Simbabwes Frauen, die traditionell diejenigen sind, die von Arbeitslosigkeit bedroht werden. Nach Angaben des Zentralen Statistikamts sind 60 Prozent oder 7,8 Millionen der 13 Millionen Simbabwer Frauen, von denen wiederum 66 Prozent beziehungsweise 5,14 Millionen erwerbslos sind.

Weitere Zahlen aus dem letzten Jahr belegen, dass in dem Land im südlichen Afrika gerade einmal 850.000 Menschen einer formellen Tätigkeit nachgehen. Das Welternährungsprogramm schätzt, dass 60 Prozent der Simbabwer ohne Arbeit sind - trotz der Vielzahl der Menschen, die in der Schattenwirtschaft beschäftigt sind.


Finanziell gesichert

Doch für die Städterinnen, die sich dem Kartoffelanbau widmen, gehört der Wunsch nach einem Arbeitsplatz der Vergangenheit an. "Wir machen uns keine Gedanken mehr darüber, ob wir nun einen Job finden oder nicht", meint Chingama. "Ich verdiene richtig gut an meinen Kartoffeln." Sie erntet drei Mal im Jahr jeweils 1.200 Kilogramm. Die Zehn-Kilo-Beutel verkauft sie für zehn Dollar auf dem Markt.

Obwohl Frauen in Simbabwe traditionell von ihren Männern finanziell abhängen, sind einige von ihnen inzwischen zu Familienvorständen aufgerückt. "Soll nochmal jemand sagen, dass Frauen ihre Familien nicht versorgen können. Unglaublich, was der Kartoffelanbau so vielen Frauen ermöglicht hat", meint dazu Grace Mbiza, eine Frauenaktivistin gegenüber IPS.

Dem Umweltschützer Archibald Chigumbu zufolge werden die Kartoffeln umweltfreundlich angebaut. "Mit ihrer Methode verursachen die urbanen Farmerinnen keine ökologischen Schäden, weil sie lokale Kartoffelsorten wie 'Mont Claire', BPI, 'Jacarana', 'Opal' und 'Emerald' ziehen", sagt er.

Ronald Museka ist Vorsitzender des Simbabwischen Kartoffelrats, dessen Aufgabe es ist, dafür zu sorgen, dass genügend Kartoffeln für die lokalen Märkte produziert werden. Das sei dank der Unterstützung der urbanen Bäuerinnen der Fall, meint er und fügt hinzu, dass sie bald ins Exportgeschäft einsteigen dürften.

Simbabwes Landwirtschaftsminister Joseph Made ist ein Fan der städtischen, von Frauen betriebenen Landwirtschaft. "Unsere Frauen haben die Kartoffelerträge maximiert und allen Grund, sich zu freuen, wenn sie zur Bank gehen", meinte er. "Wir werden keinen Augenblick zögern, sie in jeder Hinsicht zu unterstützen."

Dennoch könnten die urbanen Kartoffelbäuerinnen auf administrative Hürden stoßen, da die Aktivitäten bisher nicht gesetzlich geregelt sind. "Sicher, die Frauen leisten gute Arbeit", meint dazu ein lokaler Behördenvertreter. Dennoch müsse die urbane Landwirtschaft erst noch von den Stadträten gebilligt werden. (Ende/IPS/kb/2014)


Link:

http://www.ipsnews.net/2014/03/women-turn-potatoes-gold-zimbabwes-cities/

© IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH

*

Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 11. März 2014
IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
Marienstr. 19/20, 10117 Berlin
Telefon: 030 / 54 81 45 31, Fax: 030 / 54 82 26 25
E-Mail: contact@ipsnews.de
Internet: www.ipsnews.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 13. März 2014