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MARKT/1793: Nachfrage nach Rindfleisch in Asien steigt - Produktrückgang in Argentinien (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 31. August 2010

SÜDAMERIKA:
Nachfrage nach Rindfleisch in Asien steigt - Produktionsrückgang in Argentinien

Von Marcela Valente


Buenos Aires, 31. August (IPS) - Die südamerikanische Wirtschaftsgemeinschaft Mercosur entwickelt sich zum größten Rindfleisch-Exporteur der Welt. Bereits jetzt kommen 40 Prozent des Rindfleisches aus den vier Mitgliedsländern Argentinien, Brasilien, Uruguay und Paraguay. Grund für die positive Entwicklung des Marktes ist unter anderem die wachsende Fleischnachfrage in Asien. Argentinien allerdings profitiert kaum - Exportrestriktionen haben das Angebot gedrosselt.

"Die Wirtschaft in Asien hat sich von der Krise schneller erholt als erwartet", heißt es in einem Bericht des argentinischen Landwirtschaftsministeriums. Die Nachfrage nach Rindfleisch steige daher vor allem in Südkorea, Hongkong und Japan. Die südamerikanischen Länder sehen darin ihre Chance, sich besser auf dem asiatischen Markt zu positionieren.

"Auch in Russland wird wieder mehr Fleisch gegessen", so der Bericht weiter. "Das nutzt insbesondere Brasilien, Paraguay und Uruguay." Ebenso profitieren die drei Länder davon, dass Argentiniens Exporte gesunken sind.

Das argentinische Agrarministerium schätzt, dass die Mercosur-Länder bis Ende 2010 annähernd 3.000 Millionen Tonnen Rindfleisch produzieren werden. Das macht einen Marktanteil von 40 Prozent aus. Der größte Rindfleisch-Exporteur der Welt sind die USA. Es folgt Brasilien mit 25 Prozent. Uruguay hat in diesem Jahr Argentinien überholt und befindet sich nun auf Platz sieben. Argentinien belegt Platz acht und Paraguay mit 280.000 Tonnen produzierten Rindfleisches immerhin Platz neun.


Immer weniger Rinder in Argentinien

Das Gaucho-Land Argentinien hat seine Rindfleisch-Produktion in den vergangenen Jahren immer weiter zurückgefahren. 1977 grasten in der weiten Pampa 61 Millionen Rinder. 2008 waren es noch 57,5 Millionen, ein Jahr später nur noch 48,9 Millionen. Der Nationalen Behörde für Gesundheit und Qualität landwirtschaftlicher Erzeugnisse zufolge sank die Anzahl der Rinder von März 2008 bis März 2009 um 15 Prozent.

2004 exportierte Argentinien noch 770.000 Tonnen Rindfleisch ins Ausland - 2010 werden es voraussichtlich nur noch 380.000 Tonnen sein. Was ist passiert? Produzenten wie lokale Analysten sagen, dass es sich einfach nicht mehr rechne, Fleisch zu produzieren. Das liegt unter anderem an den Exportrestriktionen, die die Regierung 2006 eingeführt hat, um die Preise auf dem lokalen Fleischmarkt zu regulieren. Auch die Dürre der Jahre 2008 und 2009 hat zum Produktionsrückgang beigetragen.

"Für zehn Prozent der gesunkenen Produktion ist die Dürre verantwortlich. Der Rest geht auf das Konto der Exportrestriktionen", sagt Arturo Llavallol, Vertreter des Internationalen Fleischsekretariats (IMS) in Argentinien. Er ist außerdem Mitglied der Argentinischen Landgesellschaft, einer mächtigen rechts-konservative Organisation, der traditionell die großen Landbesitzer angehören.


Rinderzucht lohnt kaum noch

"Die Produktion lohnt sich einfach nicht mehr. Die Viehzüchter töten schon ihre Kühe, damit diese nicht noch mehr Kälber in die Welt setzen." Um die Produktion auf gleich bleibendem Niveau zu erhalten, dürfen pro Jahr nur 45 Prozent der Rinderbestände geschlachtet werden. "Momentan werden allerdings 60 Prozent geschlachtet." Dass das ausgerechnet jetzt der Fall ist, wo Asien seine Nachfrage steigert, bedauert Llavallol.

Argentinien konnte schon seine reguläre Hilton-Quote nicht erfüllen. Die bezieht sich auf qualitativ hochwertiges Rindfleisch, dessen Einfuhr in die Europäische Union erlaubt ist. 60.000 Tonnen erlaubt die Europäische Union insgesamt pro Jahr, 28.000 Tonnen darf Argentinien beisteuern. Llavallol zufolge werden dieses Jahr allerdings nur rund 18.000 Tonnen erreicht.

Nutznießer der restriktiven Fleischpolitik der Regierung sind die Fleischhändler, sagt Fernando Vilella, Agrarwissenschaftler an der staatlichen Universität von Buenos Aires. "Besonders schlimm hat es die kleinen und mittleren Produzenten getroffen." Das Ziel, die Preise stabil zu halten, sei nicht erreicht worden. Viele Viehhalter töteten Tiere, weil sich deren Unterhaltskosten nicht mehr rentierten. Dann kam noch die Dürre hinzu, bei der sie weitere Tiere verloren. Und schließlich war das Angebot so gering, dass die Preise schließlich stiegen.

Viele Rindfleischproduzenten haben bereits auf Soja umgesattelt. Soja ist zurzeit das einzige landwirtschaftliche Produkt in Argentinien, dessen Wirtschaftlichkeit garantiert ist. Das Problem: Es gibt in Argentinien kaum noch Soja, das nicht genetisch manipuliert ist. Mittlerweile hat sich die Pflanze zum größten Exportprodukt des Landes entwickelt. Daneben setzen viele ehemalige Rinderzüchter auch auf Mais oder Weizen. (Ende/IPS/jt/2010)


Links:
http://www.meat-ims.org/
http://www.sra.org.ar/
http://www.ipsnoticias.net/nota.asp?idnews=96265

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veröffentlicht im Schattenblick zum 2. September 2010