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MARKT/2256: Kleines Mengenplus zieht Milchpreis nach unten (UBS)


Unabhängige Bauernstimme, Nr. 420 - April 2018
Die Zeitung von Bäuerinnen und Bauern

Kleines Mengenplus zieht Milchpreis nach unten
AbL-Milchtagung diskutiert Bündelung, Anforderungen an Molkereien sowie Chancen der Qualitätserzeugung

von Ulrich Jasper


Schon kleine Mengenveränderungen können zu großen Preisschwankungen führen", stellte Jens Schaps, Direktor für Märkte und Marktanalysen bei der EU-Kommission, Anfang März auf der Milchtagung von AbL, KLJB (Katholische Landjugendbewegung Deutschlands) und der Uni Kassel fest. Nach dem Jahr 2017 mit auskömmlichen Preisen und einer wieder zunehmenden Milchmenge rechne die EU-Kommission für 2018 mit einem Mengenzuwachs von EU-weit 1,4 Prozent. Aktuell seien weiter sinkende Preise zu erwarten. "Es hängt jetzt ganz davon ab, wie sich die Menge entwickelt", sagte Schaps. Er rechnet aber nicht mit einer Dramatik wie im Jahr 2016. Der langjährige Kommissionsexperte riet den Bäuerinnen und Bauern, ihr Angebot viel stärker als bisher in Erzeugerorganisationen zu bündeln, um mit den Molkereien über Mengen, Preise und Qualitäten zu verhandeln. Die EU habe die Rechte hierfür zum Jahresbeginn nochmals erweitert (Omnibus-Verordnung). Die im Krisenjahr 2016 einmalig gezahlten Anreize zur freiwilligen Mengenreduzierung bezeichnete Schaps als "zielführender als das, was es vorher gab". Es bleibe aber schwierig zu vermitteln, für ein Nichterzeugen Geld zu geben. Auffallend stark verwies Schaps auf die Marktinstrumente bei Obst und Gemüse. Hier nehmen anerkannte Erzeugerorganisationen eine zentrale Rolle ein. Die EU unterstützt sie unter bestimmten Bedingungen auch für die Produktionsplanung und Lagerhaltung.

MEG Milch Board

Auch Peter Guhl, Vorsitzender der bundesweiten Milcherzeugergemeinschaft MEG Milch Board, hält die Bündelung der Milcherzeuger für notwendig. Allerdings behindere die EU die Bemühungen dazu bisher durch Ausnahmen für Molkereigenossenschaften. Guhl forderte, auch Genossenschaftsmitgliedern ein vollständiges Recht auf unabhängige Bündelung und auf einen schriftlichen Liefervertrag zu geben. Guhl sprach sich zudem für die Einführung einer flächendeckenden Pflicht zum Abschluss von Lieferverträgen aus, in denen jährlich vor der Lieferung Menge und Preis festgelegt werden. Hier sei auch die Bundesregierung gefordert. Erst durch eine starke Bündelung der Milcherzeuger und die generelle Pflicht zum Verhandeln könne ein Wettbewerb unter den Molkereien um die Rohmilch entstehen, erklärte Guhl. Heute variiere die Wertschöpfung aus der Milch unter den Molkereien erheblich, aber der Auszahlungspreis unterscheide sich kaum, wie Guhl anhand von Studienergebnisse zeigte. Die Folge sei nicht nur eine zum Teil mangelhafte Verwertung. Es fehle den Molkereien auch der Anreiz, bei unzureichenden Absatzmöglichkeiten den Milcherzeugern das Signal zur Mengenzurückhaltung zu geben.

Auch Molkereien gefordert

Ottmar Ilchmann, Milchsprecher der AbL, forderte die deutschen Molkereien auf, jetzt schnell solche mengenreduzierenden Anreize zu geben, wie sie die große niederländische Molkereigenossenschaft FrieslandCampina eingeführt habe. "Die Preissenkungen der Molkereien in den ersten Monaten 2018 von monatlich bis zu über 4 Cent je Liter treffen die Betriebe hart, denn sie haben noch mit den Folgen der letzten Krise zu kämpfen", mahnte Ilchmann. Die Milchviehbetriebe seien sehr wohl in der Lage, kurzfristig die Menge zurückzunehmen. Das würden sie aber erst umsetzen, wenn das ein großer Teil der Kollegen ebenso handhabe. Dazu brauche es jetzt die Anreize der Molkereien. Mittelfristig forderte Ilchmann politische Instrumente zur Vermeidung preisdrückender Überschüsse, wie sie die EU 2016 zur freiwilligen Mengenreduzierung genutzt habe. Ein ausgeglichener Milchmarkt sei ein wichtiger Beitrag für eine tier- und umweltgerechte sowie menschenwürdige Milcherzeugung. Umgekehrt könne eine solche Milcherzeugung auch dazu beitragen, Mengen- und Preisschwankungen zu vermeiden. Als Beispiel dafür nannte er die Weidemilcherzeugung.

Heumilch bringt Mehrwert

Petra Müller stellte auf der Tagung die Heumilch-Vermarktung der "Demeter Milch-Bauern Süd" aus Baden-Württemberg vor. Die Gemeinschaft wurde 2013 als wirtschaftlicher Verein gegründet und erfasst und vermarktet heute zusammen rund fünf Millionen Liter Milch von 26 Demeter-Betrieben. Die Gemeinschaft betreibe keine eigene Molkerei, sondern lasse den Großteil der Milch von Molkereien im Lohn zu Trinkmilch und Joghurt verarbeiten und abfüllen, die an verschiedene Handelsunternehmen abgesetzt würden. Ein kleinerer Teil der Milch werde vor allem an kleinere Käsereien und Molkereien direkt als Rohmilch verkauft. Die Milchleistung der Kühe sei aufgrund der gras- und heubetonten Fütterung niedriger, aber das werde durch eine gute Tiergesundheit und einen höheren Erzeugerpreis ausgeglichen. "Wir sind wirklich froh, dass wir in die Heumilch eingestiegen sind", so Müller.

A2-Milch besonders bekömmlich

Der Milchviehhalter und Wissenschaftler Dr. Peter Hamel aus dem hessischen Vogelsberg referierte über die Umstellung seiner Herde in einen reinerbigen A2-Milchviehbestand. Die so genannte A2-Milch unterscheide sich von der A1-Milch durch eine andere Aminosäuren-Zusammensetzung im Beta-Kasein der Milch, die vererbt werde. Früher hätten alle Rinderrassen A2-Milch gegeben, A1-Milch sei durch eine Mutation vor etwa 7.000 Jahren entstanden. Der Konsum von A2-Milch scheine für empfindliche Personen mit einer Milchunverträglichkeit bekömmlicher zu sein, so Hamel. Daher bilde sich mittlerweile ein eigener Markt für diese Milch heraus. In Australien und Neuseeland werde zunehmend auf A2-Milch gezüchtet, und auch in Deutschland untersuchten mittlerweile die ersten Besamungsstationen die Bullen und gäben die Ergebnisse bekannt.


Bildunterschrift der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildung der Originalpublikation:

Referenten der Milchtagung: Josef Jacobi, Onno Poppinga, Peter Hamel, Jens Schaps, Petra Müller, Peter Guhl, Ottmar llchmann

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Quelle:
Unabhängige Bauernstimme, Nr. 420 - April 2018, S. 6
Herausgeber: Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft -
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veröffentlicht im Schattenblick zum 1. Mai 2018

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