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VERBRAUCHERSCHUTZ/1016: Ampel zur Nährwertkennzeichnung (DER RABE RALF)


DER RABE RALF
Nr. 153 - Dezember 2009 / Januar 2010
Die Berliner Umweltzeitung

VERBRAUCHER
Ampel zur Nährwertkennzeichnung
Diese Kennzeichnung hilft den Verbrauchern, versteckte Dickmacher von gesunden Produkten zu unterscheiden

Von Björn Klingspohn


Es hätte die Ampel zur Kennzeichnung bei zusammengesetzten Lebensmitteln längst geben können. Doch es gibt einen Streit zwischen Lebensmittelindustrie und Verbraucherschützern. Verbraucherorganisationen fordern eine farbliche Kennzeichnung der Inhaltsstoffe nach einem Ampelsystem. Nun geht die Diskussion um die Ampelkennzeichnung im EU-Parlament in die nächste Runde. Die endgültige Abstimmung zu dieser Kennzeichnung wird es voraussichtlich im Mai 2010 geben.

Dabei ist eine solche Information bei Lebensmitteln eine sinnvolle Sache, denn sie bietet einen Überblick über den Nährwert der zusammengesetzten Lebensmittel. Bei diesen Produkten ist es für Verbraucher nur schwer zu erkennen, wie hoch der Nährwertgehalt ist. Zu den zusammengesetzten Lebensmitteln zählen unter anderem Pizza, Fertigprodukte und Kinderlebensmittel.

Die Nahrungskennzeichnung von Lebensmitteln ist generell in Deutschland nicht ausreichend. Bei einer Überprüfung der Verbraucherzentrale von Lebensmitteln aus 11 Warengruppen in 17 Supermärkten auf Nährwertkennzeichnungen stellte sich heraus, dass fast die Hälfte aller untersuchten Produkte noch immer nicht die Kennzeichnung "Big Eight" hatte. Die sogenannten Big Eight bestehen aus den Nährwerten Energiegehalt, Eiweiß, Kohlenhydrate, Zucker, Fett, gesättigte Fettsäuren, Ballaststoffe und Salz.

Vorbild Großbritannien

Als vorbildlich gilt die britische Variante. In Großbritannien gibt es die kundenfreundliche Nährwertkennzeichnung bereits und sie kommt bei den Kunden sehr gut an. Bei den aktuellen Nährwertangaben in Deutschland ist es ganz anders. Für den Kunden, der auf die Verpackung des Produkts schaut, ist es meistens sehr verwirrend, weil entweder gar keine Angaben gemacht werden oder es verschiedene Tabellen oder freiwillige Informationen sind. Somit sieht der Kunde unverständliche Zahlen vor sich, hat wenig Durchblick und fühlt sich gezwungen, mit dem Taschenrechner einkaufen zu gehen.

Im Auftrag der Verbraucherorganisation Foodwatch hat Ingrid-Ute Leonhäuser vom Institut für Ernährungswissenschaft in Gießen eine Studie zur Verständlichkeit unterschiedlicher Nährwertkennzeichnungssysteme durchgeführt. Diese Studie kam zu einem klaren und deutlichen Ergebnis: Zwei Kennzeichnungssysteme werden von den Verbrauchern am besten verstanden: eine Kombination von Text und Ampelfarben oder eine Kombination von Text, Ampelfarben und den GDA- Angaben. GDA heißt "Guideline Daily Amounts" und bedeutet " Richtwert für die Tageszufuhr". Sie sollen die Nährwertangaben für die Verbraucher besser verständlich machen und zeigen, ob das Produkt zur angemessenen Tagesernährung passt und wie viel Prozent des Tagesbedarfs es deckt.

Die Kombination von Text und Ampelfarben gibt es schon auf einigen Produkten. Zumindest ein Tiefkühlkost-Lebensmittelhersteller hat die Ampel bereits auf einige Produkte gedruckt. Das ist schon ein erster Schritt in die richtige Richtung. Die Lebensmittelverbände, die das unbedingt verhindern wollen, können sich womöglich auch auf die Unterstützung der schwarzgelben Bundesregierung freuen, denn diese möchte die Debatte um die Ampelkennzeichnung endlich beenden. Die Krankenkassen hingegen sind dafür, denn durch Krankheiten, die jährlich als Folge von Übergewicht auftreten, entstehen ihnen zusätzliche Kosten. Was auch für eine Ampel spricht, sind 37 Millionen Erwachsene und zwei Millionen Kinder, die übergewichtig und fettleibig sind. Das ist fast die Hälfte der deutschen Bevölkerung. Mehr als jedes fünfte Kind weist Symptome einer Essstörung auf. Mit einer Ampelkennzeichnung müsste man den Familien nicht erklären, welche Produkte übergewichtig machen, denn sie könnten es wunderbar an den Farben erkennen.

Die Ampel ist in drei Farben mit Text dazu aufgebaut. Sie bietet eine Orientierungshilfe und signalisiert, was die Nährwerte umgerechnet auf 100 Gramm des Lebensmittels bedeuten:

Grün (niedrig) bedeutet, dass eine geringe Menge des betreffenden Nährstoffes im Produkt enthalten ist. So kann von diesem Lebensmittel ruhig reichlich gegessen werden.

Gelb (mittel) steht für einen mittleren Gehalt an Nährstoffen im Produkt und empfiehlt den Genuss in Maßen.

Rot (hoch) weist einen hohen Gehalt an Nährstoffen auf und ist deshalb nur sparsam zu verzehren. Dies ist eine Nährwertkennzeichnung, die sofort auf einen Blick klar und sichtbar ist. Sie enthält die wichtigsten Daten zum Nährwertgehalt und die Kalorien pro hundert Gramm. Dagegen wird bei der gewöhnlichen Kennzeichnung oft getrickst, indem bei Portionsgrößen unrealistisch kleine Angaben gemacht werden. Durch die angegebene kleine Menge erscheint der Zuckergehalt gering. Außerdem machen unterschiedliche Portionsgrößen das Vergleichen der Nährwertgehalte unmöglich. Auch die täglich empfohlene Verzehrmenge von Zucker ist zu hoch angesetzt. Während der Europäische Verband der Lebensmittelindustrie beim Tagesbedarf an Zucker von 90 Gramm ausgeht, wird der Gehalt von Zucker bei der Gesellschaft für Ernährung und der Welternährungsorganisation mit 60 Gramm angegeben.

Foodwatch wirft Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) ein scheinheiliges Doppelspiel mit der Bevölkerung vor. Einerseits gebe sie sich bundesweit offen für eine Ampelkennzeichnung, andererseits habe sie in Brüssel bei der EU auch nichts gegen ein Verbot dieser Kennzeichnung hinter dem Rücken der deutschen Bevölkerung und des deutschen Parlamentes einzuwenden.

Eine Ampelkennzeichnung ist für alle verständlich. Jeder kann an den Farben erkennen, wie gesund oder auch ungesund der Nährstoffanteil in den Lebensmitteln ist.

www.ampelcheck.de
www.foodwatch.de


Bildunterschriften der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildungen der Originalpublikation:
- Ampel auf einem Produkt
- Ampel Nährwertkennzeichnung


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Quelle:
DER RABE RALF - 20. Jahrgang, Nr. 153, Dez. 2009/Jan. 2010, S. 12
Herausgeber:
GRÜNE LIGA Berlin e.V. - Netzwerk ökologischer Bewegungen
Prenzlauer Allee 230, 10405 Berlin-Prenzlauer Berg
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veröffentlicht im Schattenblick zum 19. Februar 2010