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ASYL/1032: Asylpaket II beschlossen (Pro Asyl)


Pro Asyl - 29. Januar 2016

Asylpaket II beschlossen: Bundesregierung gefährdet Leben von Schutzbedürftigen


Gestern [28.01.2015] hat die Bundesregierung nach langen Diskussionen das Asylpaket II beschlossen - sogar mit zusätzlichen Verschärfungen gegenüber dem Beschluss vom November 2015. Das geplante Gesetz führt zu einer massiven Beschränkung des Rechtsschutzes von vielen Flüchtlingen und wird Familien auf lebensgefährliche Routen zwingen.


Bereits im November 2015 lag PRO ASYL ein Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Asylpaket II vor, der nun noch ergänzt wurde. Und schon damals musste man konstatieren: Es handelt sich um einen Frontalangriff auf das Asylrecht. Hier können Sie unseren Aufruf gegen das Gesetz unterstützen. Beschlossen wurde im Kabinett nun folgendes:

Beschränkung des Familiennachzugs bedeutet Lebensgefahr

Für Flüchtlinge mit subsidiärem Status wird der Familiennachzug für zwei Jahre ausgesetzt. Das sind all jene Flüchtlinge, die nicht individuell verfolgt werden, aber in ihrer Heimat Folter, Todesstrafe oder unmenschliche Behandlung befürchten müssen. Durch die Einzelfallprüfung der Syrer/innen könnte auch diese Gruppe betroffen sein - dabei haben diverse Oberlandesgerichte das BAMF in der Vergangenheit gerade dazu gezwungen, syrischen Flüchtlingen einen Status nach der Genfer Flüchtlingskonvention zu verleihen.

Ohnehin sind die Wartezeiten für den Familiennachzug derzeit sehr lange, zusätzlich zu den zwei Jahren Aussetzungen dürften noch mehrere Monate bis sogar Jahre hinzukommen. Die Folge: Familien werden sich auf die lebensgefährlichen Fluchtrouten aufmachen, werden in Lebensgefahr gezwungen. Auch die von der SPD vorgeschlagene Kontingentlösung behebt kein Problem, denn ob diese tatsächlich auf europäischer Ebene vereinbart werden können, ist mehr als ungewiss.

"Besondere Aufnahmeeinrichtungen": Sonderlager mit Beschränkung des Rechtsschutzes

In Schnellverfahren sollen bestimmte Flüchtlingsgruppen innerhalb einer Woche ein Asylverfahren durchlaufen und dann innerhalb von drei Wochen abgeschoben werden können - fernab der Ballungsgebiete, ohne adäquaten Zugang zu unabhängiger Rechtsberatung und effektiver anwaltlicher Vertretung. Anders als die Bundesregierung suggeriert, betreffen die geplanten Schnellverfahren nicht nur einen kleinen Teil der Asylsuchenden. Aufgrund der Bestimmung, dass Flüchtlinge ohne Pass Schnellverfahren unterzogen werden können, ist ein Großteil der Schutzsuchenden von den unfairen Eilverfahren bedroht. Denn wer verfolgt wird und untertauchen muss, kann in der Regel keine Papiere mitnehmen. Ohne Pass zu sein ist typisch für Menschen auf der Flucht!

Abschiebungen trotz psychischer Traumata

Von einer Abschiebung soll nur noch dann abgesehen werden, wenn schwerwiegende also akute Krankheiten bei Betroffenen vorliegen. Insbesondere posttraumatische Belastungsstörungen sind nach Ansicht der Bundesregierung kein Abschiebungshindernis. Angesichts der Tatsache, dass sich immer wieder Menschen in Abschiebungshaft das Leben nehmen, weil die Situation für sie psychisch belastend ist, ist es perfide wie hier mit dem Leben gespielt wird.

Nordafrika: Mehr sichere Herkunftsstaaten

Eine zusätzliche Verschärfung gegenüber dem Novemberbeschluss ist die Einstufung von Algerien, Marokko und Tunesien als sichere Herkunftsstaaten. In diesen Ländern ist die Menschenrechtssituation keinesfalls sicher, sondern überaus problematisch, wie PRO ASYL bereits dargelegt hat. Da dieser Teil des Gesetzes durch den Bundesrat zustimmungspflichtig ist, wird es darauf ankommen, ob insbesondere die grün-mitregierten Landesregierungen erneut in der Menschenrechtsfrage einknicken werden.

Asylpaket II stoppen!

Die Beschlüsse der Koalition müssen nun noch durch den Bundestag - wir fordern alle Abgeordneten des Deutschen Bundestages auf, das geplante Gesetz abzulehnen.


URL des Artikels auf der Pro Asyl-Homepage:
http://www.proasyl.de/de/news/detail/news/asylpaket_ii_beschlossen_bundesregierung_gefaehrdet_leben_von_schutzbeduerftigen/

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Quelle:
Pro Asyl, 29. Januar 2016
Postfach 160 624, 60069 Frankfurt/M.
Telefon: +49 (0) 69 - 24 23 14 - 0, Fax: +49 (0) 69 - 24 23 14 72
E-Mail: proasyl@proasyl.de
Internet: www.proasyl.de
mit freundlicher Genehmigung von Pro Asyl


veröffentlicht im Schattenblick zum 2. Februar 2016

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