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ASYL/1312: Wegen BAMF-Fehler - Erneute rechtswidrige Abschiebung (Pro Asyl)


Pro Asyl - Pressemitteilung vom 18. Oktober 2018

Wegen BAMF-Fehler: Erneute rechtswidrige Abschiebung

Sachsen muss Familie unverzüglich zurückholen - PRO ASYL und Sächsischer Flüchtlingsrat fordern sofortige Umsetzung der Gerichtsentscheidung


Der Fall einer weiteren rechtswidrigen Abschiebung macht deutlich, dass aus den bisherigen Fehlern wenig gelernt wurde. Ein syrisches Ehepaar mit drei Kindern sollte nach dem Willen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) aus Sachsen nach Rumänien zurückgeschickt werden, da sie dort - auf dem Papier - subsidiären Schutz erhalten habe. Aufgrund der dort herrschenden Umstände hat die Familie jedoch Klage eingereicht. Diese Klage hatte aufschiebende Wirkung. Das heißt, solange das Gerichtsverfahren läuft, kann sie nicht abgeschoben werden. Das beruht auf dem Prinzip des grundrechtlich gebotenen effektiven Rechtsschutzes. Es wäre der Familie wesentlich erschwert, aus dem Ausland überhaupt noch ihre Rechte vor Gericht durchzusetzen. Nicht immer gibt es diese automatisch aufschiebende Wirkung, aber in diesem Fall wurde sie sogar vom Verwaltungsgericht Dresden in einem ersten Eilverfahren ausdrücklich bestätigt.

Dennoch hat das BAMF den sächsischen Behörden eine Fehlinformation über diese aufschiebende Wirkung zukommen lassen und die Abschiebung damit frei gegeben. Seit über einem Monat harrt die Familie nun schon in Rumänien aus. Erst in einem zweiten Gerichtsverfahren vor dem Verwaltungsgericht Dresden gibt das BAMF zu: Es habe fälschlicherweise diese Fehlinformation weitergegeben. Daraufhin hat das Verwaltungsgericht am 9. Oktober 2018 entschieden, dass Sachsen, welches die Abschiebung letztlich durchgeführt hat, die Familie »unverzüglich« zurückholen muss.

Und trotzdem sitzt die Familie weiterhin in Rumänien fest. Auch nach Aufforderung durch den Flüchtlingsrat Sachsen hat das zuständige Landesinnenministerium noch nicht alles in Bewegung gesetzt, um die Familie endlich nach Deutschland zu bringen. »Was in die eine Richtung schnellstens funktioniert hat, muss nun auch auf umgekehrtem Wege umgesetzt werden. Es kann nicht sein, dass das Landesinnenministerium nach dieser klaren Gerichtsentscheidung noch keinen Rückflug gebucht hat«, erklärt Mark Gärtner vom Sächsischen Flüchtlingsrat. Die ersten Tage habe die Familie noch ohne Wohnung in einem Park verbracht. Nur mit Unterstützung des Rumänischen Flüchtlingsrates konnte ihr wenigstens Obdach in einer Garage vermittelt werden.

Es ist auch nicht das erste Mal, dass dem BAMF ein solch schwerwiegender Fehler unterläuft. Erst wurde der Fall des abgeschobenen Fazelpur bekannt, der durch Behördenfehler aus Deutschland über Bulgarien nach Afghanistan abgeschoben wurde - und letztlich doch noch einen Flüchtlingsstatus in Deutschland erhalten hat. Zuletzt gab es beispielsweise die rechtswidrige Abschiebung nach Afghanistan von Nasibullah, der ebenfalls unter schwierigen Umständen zurückgeholt werden musste.

»Diese Fälle zeigen, wie fahrlässig hier mit essentiellen Entscheidungen umgegangen wird. Durch ein Ineinandergreifen des BAMF-Fehlers und der Verzögerung durch das Landesinnenministerium harrt die Familie unter menschenunwürdigen Zuständen in Rumänien aus«, so Bellinda Bartolucci, rechtspolitische Referentin bei PRO ASYL. Gerade bei Fragen einer Abschiebung müsse aber alles dafür getan werden, dass solche Fehler nicht passieren. PRO ASYL und Sächsischer Flüchtlingsrat fordern: Sachsen muss die Familie sofort zurückholen.

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Quelle:
Pro Asyl - Pressemitteilung vom 18. Oktober 2018
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veröffentlicht im Schattenblick zum 19. Oktober 2018

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