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AKTUELL/015: TV-Duell - Mindestlöhne, Finanzmärkte und Atomenergie (idw)


Universität Hohenheim - 14.09.2009

Mindestlöhne, Finanzmärkte und Atomenergie:

Das gestrige TV-Duell zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel und Vize-Kanzler Frank-Walter Steinmeier konnte die Zuschauer nur wenig begeistern. Dies belegt eine Studie, die von Kommunikations- und Politikwissenschaftlern der Universitäten Koblenz-Landau, Hohenheim und Mannheim durchgeführt wurde.


In Landau, Stuttgart, Mannheim und Jena verfolgten 432 Personen aller Altersgruppen, unterschiedlichen politischen Interesses und unterschiedlicher Parteineigung das TV-Duell und bewerteten die Politiker live. Während die Personen in Stuttgart, Jena und Mannheim das TV-Duell im Fernsehen ansahen, hatten die Teilnehmer in Landau Gelegenheit, die Debatte wie bei einer Radio-Übertragung lediglich zu hören. Die Ergebnisse der Audio-Gruppe aus Landau ähneln den Ergebnissen aus Jena und Hohenheim.

Nur in wenigen Passagen gelang es Angela Merkel und Frank-Walter Steinmeier deutlich zu punkten. Die mit Abstand stärkste Zustimmung erhielt der SPD-Kanzlerkandidat in der 24. Minute mit seiner Aussage zu den Mindestlöhnen: "Ich sage, wir müssen diese Lohnspirale nach unten aus mehreren Gründen aufhalten: Erstens, weil hier auch der Aspekt von Würde von Arbeit bedroht ist. Wer den ganzen Tag arbeiten geht, muss von seinem Einkommen aus Arbeit auch leben können. Wirklich leben können." Zustimmung fand er damit nicht nur im eigenen Lager, sondern auch bei den Unabhängigen und sogar bei den Unions-Anhängern.

Die Kanzlerin brachte die Zuschauer - sowohl des SPD-, als auch des Unions-Lagers und die Unabhängigen - mit folgender Aussage in der 12. Minute auf ihre Seite: "Und jetzt sage ich: Wir brauchen Regeln für die internationalen Finanzmärkte und wir brauchen auch einen Export der Prinzipien der sozialen Marktwirtschaft. Davon bin ich zutiefst überzeugt."

Auseinandersetzung fand selten statt. Am stärksten polarisierte Steinmeier mit der Aussage zur Atompolitik in seinem Schluss-Statement: "Schwarz-Gelb wird bedeuten, dass eine Rückkehr zur Atomkraft stattfindet. Das ist nicht mein Weg." Hiermit fand er Zustimmung bei den SPD-Anhängern und bei den Unabhängigen. Die CDU- und die FDP-Anhänger lehnten diese Position ab. Generell fällt auf, dass die Unabhängigen tendenziell Steinmeier stärker zugestimmt haben als Merkel.

Nur selten fanden sich Unterschiede zwischen den Zuschauern in den alten und in den neuen Bundesländern. Während Angela Merkels Warnung vor einem Bündnis der SPD mit der Links-Partei von den Stuttgarter Zuschauern befürwortet wurde, stieß sie bei den Zuschauern in Jena auf wenig Gegenliebe. Gleiches gilt für die Kritik Frank-Walter Steinmeiers an der Position der Links-Partei zur Afghanistan-Politik: Seine Kritik wurde in den alten Bundesländern geteilt, in den neuen Bundesländern hingegen nicht.

Fazit: Weder Angela Merkel noch Frank-Walter Steinmeier ist es gelungen, mit Hilfe des TV-Duells Begeisterung für die eigenen Positionen auszulösen. Allerdings hat es Steinmeier im Verlauf des Duells immer wieder geschafft, außer bei den eigenen Anhängern auch bei den Unabhängigen Zustimmung zu erhalten.

Hintergrund:
Zur Methode: 480 Bürgerinnen und Bürger waren eingeladen, das Fernsehduell an den Universitäten Koblenz-Landau, Stuttgart, Mannheim, Kaiserslautern und Jena live zu verfolgen. Während der Debatte konnten sie Angela Merkel und Frank-Walter Steinmeier entweder mit Drehreglern oder mit Push-Button permanent bewerten oder mit Hilfe von Fragebögen ihre Bewertung abgeben. Diese Untersuchung wird in Kooperation von den Universitäten Koblenz-Landau, Hohenheim und Mannheim durchgeführt. Sie ist Teil des von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Projektes "German Longitudinal Election Study". Ziel der Studie ist es, die Wahrnehmungsprozesse und die Urteilsbildung von Wählerinnen und Wählern zu erforschen.

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/pages/de/institution234


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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Universität Hohenheim, Florian Klebs, 14.09.2009
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 16. September 2009