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PARTEIEN/119: Homburger-Rede bei der Dreikönigskundgebung der FDP am 6. Januar 2013


fdk - freie demokratische korrespondenz -/2013 - 6. Januar 2013

REDE von BIRGIT HOMBURGER, MdB
Stellvertretende FDP-Bundesvorsitzende
und FDP-Landesvorsitzende Baden-Württemberg

beim Dreikönigstreffen der FDP
am 06. Januar 2013 in Stuttgart



Es gilt das gesprochene Wort!

Deutschland ist zu einer der größten Wirtschaftsmächte der Welt aufgestiegen, weil wir Deutsche uns mit Fleiß, Disziplin, Kreativität und Mut neuen Herausforderungen gestellt haben. Oft waren wir schneller als unsere Wettbewerber, meistens jedoch besser.

Unser Optimismus, unser Zukunftswille haben uns stark gemacht. Diese Stärke ist heute in Gefahr. In Deutschland hat sich die Angst vor Veränderungen, die Furcht vor Risiken, wie ein Geschwür tief in die Gesellschaft hineingefressen. Statt auf Chancen zu setzen, geht es vielen nur noch um das Vermeiden von Risiken.

In einer Umfrage des Allensbacher Instituts (2011) stimmen 52 Prozent der Befragten der Feststellung zu: "Wenn es auch nur ein geringes Risiko für den Menschen gibt, dann sollte man auf technische Entwicklungen lieber verzichten". 5 Jahre zuvor waren es nur 39 Prozent

S 21 zeigt: das gilt selbst für Technologien, die seit Jahrzehnten erprobt sind. Irrationale Technikängste sorgen für Stillstand.

Deshalb rufe ich allen Meckerern und Zauderern zu: Baden-Württemberg und die Bundesrepublik Deutschland waren immer dann erfolgreich, wenn sie auf die Kraft der Veränderung, wenn sie auf Modernisierung und Investitionen gesetzt haben. Das gilt angesichts rasanter Veränderungen in der Welt heute mehr denn je.

Anfang des letzten Jahres gab BASF bekannt, dass es den ganzen Bereich Pflanzenbiotechnologie in Europa aufgibt und in die USA verlagert. Hintergrund war die kritische Einstellung zu dieser Technologie in Deutschland und Europa.

Während in den 90er Jahren fast ausschließlich lohnintensive Unternehmensteile ins Ausland verlagert wurden, kamen in den letzten Jahren zunehmend auch kapital- und wissensintensive Bereiche auf den Prüfstand.

Das muss uns alle interessieren.

Wenn wir hier nicht gegensteuern, verlieren wir die
Zukunftsfähigkeit.

Die FDP tritt an, um das zu verhindern.

Was treibt die Menschen in unserem Land um?

Stabilität ihrer Währung, die wirtschaftliche Entwicklung, die Sicherheit des Arbeitsplatzes, die Kostenentwicklung bei lebenswichtigen Gütern.

Kurz: der Erhalt ihres Wohlstands und die Zukunftschancen ihrer Kinder und Enkel.

Wenn wir allerdings unseren Wohlstand halten wollen, dann schaffen wir das nicht, indem wir in der Konkurrenz am Weltmarkt billiger sind.

Wir schaffen es nur, wenn wir besser sind.

Deshalb müssen wir den Wettlauf um die besten Köpfe gewinnen. Das bedeutet Vorrang für Bildung und Forschung.

Deshalb hat die Koalition aus FDP und CDU/CSU in dieser Legislaturperiode 12 Mrd. _ mehr in Bildung und Forschung investiert.

Wir haben das Deutschlandstipendium auf den Weg gebracht und das BaFöG erhöht.

Wir haben das Wissenschaftsfreiheitsgesetz beschlossen und damit den außeruniversitären Forschungseinrichtungen endlich mehr Autonomie gegeben.

Davon profitieren beispielsweise die Deutsche Forschungsgemeinschaft, die Fraunhofer-Gesellschaft, die Max-Planck- Gesellschaft, die Helmholtz-Gemeinschaft und viele andere mehr.

In Baden-Württemberg seien exemplarisch das KIT und das Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie in Pfinztal genannt.

Die FDP hat dafür gesorgt, dass sie im Kampf um die besten Köpfe konkurrenzfähig bleiben.

Wir wollen wichtige Forschungseinrichtungen dauerhaft und unbürokratisch fördern. Das geht bisher nicht, da es dem Bund seit der Föderalismusreform verboten ist, Einrichtungen gemeinsam mit den Ländern dauerhaft zu finanzieren.

Das führt zu abstrusen Situationen. Da die Länder nicht in der Lage sind, eine angemessene Finanzierung allein sicherzustellen, wird dies mit immer neuen Finanzkonstruktionen zwischen Bund und Ländern umgangen. Deshalb haben wir im Deutschen Bundestag eine Änderung des Art. 91b GG beschlossen, mit der zukünftig wieder eine gemeinsame Finanzierung ermöglicht werden soll.

Diese Regelung wird u.a. von der grün-roten baden- württembergischen Landesregierung blockiert. Nicht weil sie dagegen ist, sondern weil sie zusätzlich vom Bund weiteres Geld für den Bildungsbereich bekommen will.

Die FDP fordert die grün-rot regierten Länder auf, die Forschungsfinanzierung nicht länger gegen die Bildungsfinanzierung auszuspielen.

Das schadet der Innovationsfähigkeit des Landes.

Neue Technologien brauchen finanzielle Förderung, aber keine finanzielle Hängematte. Das zeigt die Entwicklung bei den Erneuerbaren Energien, insbesondere in der Solarbranche.

Dort herrscht seit einiger Zeit das große Heulen und Zähneklappern, weil deutsche Solarmodule auf dem Weltmarkt nicht mehr konkurrenzfähig sind.

Und wer trägt nach Ansicht der grünen Solarlobby die Schuld? Natürlich die FDP.

Meine Damen und Herren, die Energiewende ist beschlossen. Das enthebt uns aber nicht Aufgabe für ein Industrieland wie Deutschland Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeit von Energie sichezustellen.

Deshalb muss endlich Schluß gemacht werden mit der Übersubventionierung bei den Erneuerbaren Energien. Diese Forderung gefährdet angeblich die deutsche Solarwirtschaft.

Das ist purer Unfug! Denn von der Forderung allein kommt noch niemand in wirtschaftliche Bedrängnis.

Im Gegenteil: Die Solarbranche hat dank garantierter Einspeisevergütungen in den letzten Jahren ihre Anstrengungen zu Innovationen weitgehend eingestellt.

Das Ergebnis sind andere Anbieter am Weltmarkt, insb. China, die jetzt qualitativ mindestens gleich, aber deutlich günstiger produzieren als deutsche Anbieter.

So verbaut der deutsche Installateur vielfach chinesische Module.

Das zeigt: Schuld an den Problemen ist nicht die FDP, sondern die schwarz-rot-grüne Planwirtschaft!

Noch entscheidender als Finanzierungsfragen ist allerdings die Einstellung unserer Gesellschaft zu Forschung, Entwicklung und Innovation.

Ich will Ihnen anhand einiger Beispiele aufzeigen, dass sich bei uns eine erschreckende Gedankenlosigkeit breit macht.

Nehmen wir zum Beispiel die rote Gentechnik. Also der biotechnologischen Forschung im medizinischen Bereich. Wenn aufgrund gentechnischer Forschung Fortschritte im medizinischen Bereich erreicht werden, gibt es keine Hemmschwellen, das zu nutzen.

Die Firma Hoechst war einst der Weltmarktführer bei Insulin. Sie hatte in Frankfurt eine hochmoderne Anlage gebaut, die zum Technikmuseum wurde, weil ihr die Landesregierung die Genehmigung verweigerte.

Der zuständige Minister hieß Joschka Fischer und hielt Biotechnologie für Teufelszeug.

Als Wettbewerber schließlich den deutschen Markt mit Kunstinsulin belieferten, waren zwar die Diabetiker glücklich, aber Hoechst war seinen Vorsprung los.

Dieses Beispiel ist etliche Jahre alt und viel diskutiert. Gelernt haben die Grünen daraus aber nichts.

Die Beispiele für grüne Technikfeindlichkeit sind Legion.

Die Grünen sind gegen Gentechnik, gegen CCS, gegen Erdgasförderung, gegen die Finanzierung der Stammzellforschung und gegen Nanotechnologie und gegen moderne Infrastruktur.

Sie sind gegen S 21, gegen Transrapid, gegen den Bau modernster, emissionsarmer Kohlekraftwerke, gegen den Münchner Flughafen, gegen die ICE-Strecke bei Fulda und wenn es nach den Grünen gegangen wäre hätten wir heute weder Internet noch Kabelfernsehen, weil die Grünen seinerzeit dagegen waren.

Mit einer Haltung gegen alles, kann man keine Zukunft gestalten. Deshalb dürfen die Grünen keine Verantwortung für Deutschland bekommen!

Oder nehmen wir die Stammzelltechnologie, mit deren Hilfe in Zukunft Menschen therapiert oder zumindest Krankheiten gelindert werden können.

In Deutschland ist es Forschern erlaubt, an embryonalen Stammzellen zu forschen. Allerdings nur an importierten.

Bei der künstlichen Befruchtung entstehen auch in Deutschland Embryonen, die nicht eingepflanzt werden können.

Diese dürfen selbst dann nicht für die Forschung verwendet werden, wenn die Frau, von der die Eizelle stammt, diese für Forschungszwecke spenden möchte. Das über 20 Jahre alte Embryonenschutzgesetz ist hier unerbittlich.

Gleichzeitig wird der Import embryonaler Stammzellen zu
Forschungszwecken erlaubt.

Auch das spiegelt die Stimmung in unserer Gesellschaft wieder.

Die einen nennen das politisch und ethisch korrekt.

Ich nenne diese Einstellung verlogen.

Vor allem auch, weil die Ergebnisse aus dieser Forschung, wenn sie sich in medizinischem Fortschritt und persönlichem Nutzen ausdrücken, natürlich unbedenklich in Anspruch genommen werden.

Wenn ethische Aspekte und Moral nach Grenzen definiert wird, wird Moral beliebig. Es wird Zeit, dass wir diese Fragen in der deutschen Gesellschaft und Politik offen diskutieren.

Zu dieser Verlogenheit passt, dass die Diskussion über Zivilklauseln wieder an Fahrt gewinnt. Insbesondere die Grünen fordern, dass Universitäten, Hochschulen und Forschungseinrichtungen ausschließlich zivile Zwecke verfolgen sollen.

So wird jegliche Grundlagenforschung kaputt gemacht. Grundlagenforschung bedeutet ja gerade, dass man eben nicht weiß, was am Ende dabei heraus kommt.

Ein Blick in die Geschichte zeigt, dass viele segensreiche Entwicklungen ursprünglich aus der militärischen Forschung stammen. Sonar, Radar, sogar der Ursprung des Internets.

Deshalb macht es keinen Sinn, alles vorgeben zu wollen.

Es ist in höchstem Maße unfair, alle Forscher und Wissenschaftler unter Generalverdacht zu stellen, wie es die Grünen jüngst wieder auf ihrem Landesparteitag getan haben.

Das haben diese nicht verdient. Denn sie haben ihr Verantwortungsbewusstsein in der Vergangenheit eindrucksvoll unter Beweis gestellt.

Deshalb brauchen sie auch in Zukunft keine bürokratischen Vorschriften und politische Gängelung durch die Grünen.

Die FDP hat eine fundamental andere Einstellung zu unserem Land, zu unserer Gesellschaft, und zu jedem einzelnen Bürger in Deutschland. Wir verstehen die Freiheit des Einzelnen nicht als Risiko. Denn Freiheit bedeutet für uns immer auch Verantwortung. Deshalb wollen wir die Freiheit auch nicht unter eine möglichst strenge Kontrolle des Staates setzen. Nein, wir begreifen die Freiheit als Chance.

Das schließt das Vertrauen von Politik und Gesellschaft in unsere Wissenschaftler, Forscher, Ingenieure und Tüftler ein. Die FDP will denjenigen, die Freiheit und Verantwortung vorbildlich leben, in Deutschland eine Zukunft und eine politische Heimat geben.

Die grüne Spitzenkandidatin Katrin Göring-Eckardt sagte kürzlich (24.12.12, Berliner Zeitung): "Die Grünen sind eine liberale Partei in dem Sinne, dass die Bürgerinnen und Bürger selbst entscheiden sollen, wie sie leben möchten."

Die Grünen wollen den Menschen alles vorschreiben:

08.11.12 Alkoholverbot zur Weiberfastnacht
Grüne OB in Trier für 07. Februar 2013
Oktober 2012 MP Kretschmann will ein Alkoholverbot auf Plätzen
14.10.12 Rauchverbot im Auto
Fleischverbot in Kantinen
Limonadenverbot an Schulen
Spielautomatenverbot
Verbot von Ponyreiten
Verbot von Heizpilzen
Plastiktütenverbot
Verbot von Motorrollern mit Verbrennungsmotor.
und der neue Stuttgarter Oberbürgermeister setzte sich vor Jahren ein für ein Sonntagsfahrverbot und Verbot von Autowerbung

Das ist das grüne Verständnis von Freiheit. Das zeigt: Alle möglichen reklamieren die Freiheit für sich: Sozis, Grüne, Konservative. Es gibt nur eine Partei, die unter Freiheit auch Freiheit versteht - die FDP!

All jenen, die Angst vor Veränderungen haben, rufe ich zu:

Veränderungen sind anstrengend, Freiheit ist unbequem.

Aber alle, die sich über mangelnde Bequemlichkeit von Freiehit beschweren, haben wohl nie erfahren, wie unbequem Unfreiheit ist.

Deutschland ist stark.

Die Entwicklung der letzten 200 Jahre basiert nicht auf Zufall.

Es hat mit dem Geist der Freiheit zu tun, den dieses Land atmet und ein Klima der gesellschaftlichen Offenheit, die technische Innovationen nicht nur ermöglicht, sondern weitgehend positiv begleitet hat.

"Die Technik von heute ist das Brot von morgen - die Wissenschaft von heute ist die Technik von morgen. " (Richard von Weizsäcker, ehem. Bundespräsident)

Eine Gesellschaft, die jedes Risiko ausschließen will, vergibt auch jede Chance!

Wer sich nicht verändert, landet im Museum.

Sich in die Furche legen, jede Auseinandersetzung scheuen: so werden wir die Zukunft nicht gewinnen!

Wenn wir den Wohlstand in Deutschland halten wollen, dann geht das nicht durch Bewahrung des Erreichten.

Es geht nicht durch Stillstand.

Es geht nur durch Fortschritt.

Fortschritt braucht Freiheit.

Die Freiheit braucht eine starke Stimme.

Diese Stimme ist die FDP.

Machen Sie uns stark!

*

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veröffentlicht im Schattenblick zum 8. Januar 2013