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SICHERHEIT/071: Iran - Präsident bietet USA Kompromiss im Atomwaffenstreit an (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 23. September 2011

Iran:
Präsident bietet USA Kompromiss im Atomwaffenstreit an

Von Barbara Slavin


New York, 23. September - Der iranische Staatspräsident Mahmud Ahmadinedschad hat im Streit um das Atomprogramm seines Landes ein Kompromissangebot unterbreitet: Der Iran stellt die Produktion von angereichertem und möglicherweise bald waffenfähigem Uran ein und erhält dafür von den USA Treibstoff für den Betrieb eines Reaktors zur Produktion radioaktiver Isotope für medizinische Zwecke.

Gleichzeitig unterstrich Ahmadinedschad vor einer kleinen Gruppe von Journalisten in New York am 22. September, dass der Iran auf die Herstellung von niedrig angereichertem Uran nicht verzichten und seine Bestände nicht abrüsten werde. Die Weigerung macht ein Entgegenkommen Washingtons deshalb unwahrscheinlich.

Nach Angaben der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) besitzt der Iran mehr als 4.500 Kilogramm U-235, das um 3,5 Prozent angereichert ist und Atomstromreaktoren betreiben kann. Hinzu kommen über 70 Kilogramm um 20 Prozent angereichertes Uran, aus dem sich 90-prozentiges, waffenfähiges Uran herstellen lässt.

Der iranische Präsident hat in verschiedenen zurückliegenden Interviews vorgeschlagen, die Produktion von 20-prozentigem Uran einzustellen, sollten die USA zur Lieferung von Treibstoff für seinen Teheran-Forschungsreaktor bereit sein, der noch aus Schah-Zeiten stammt und von den USA bereitgestellt wurde. Aus Argentinien stammte die bisher letzte Treibstofflieferung für den Iran. Die Vorräte neigen sich nun ihrem Ende zu.

Wie Ahmadinedschad am 22. September auf einer Nebenveranstaltung der UN-Vollversammlung in New York einräumte, hat der Iran mit der Anreicherung von Uran auf 20 Prozent begonnen, "weil einige IAEA-Mitglieder Bedingungen an die Bereitstellung von Treibstofflieferungen geknüpft haben". Damit bezog er sich auf einen von den USA 2009 unterstützten Vorschlag, der Iran solle den Großteil seiner um 3,5 Prozent angereicherten Uranvorräte zur Weiterverarbeitung nach Russland oder Frankreich schicken.

Ahmadinedschad stimmte dem Deal zunächst zu, sagte ihn dann aber ab, nachdem er von seinen politischen Rivalen im Iran heftig kritisiert worden war. Der Vorschlag wurde später auf Vermittlung von Brasilien und Türkei wieder aufgegriffen. Doch zu diesem Zeitpunkt hatte der Iran sich selbst eine große Menge angereichertes Uran beschafft und mit der Anreicherung auf 20 Prozent begonnen. Zudem hatten die USA und deren Verbündeten jedes Interesse an der alten Abmachung verloren.


"Bescheidenes Angebot annehmen"

David Albright, Vorsitzender und Gründer des 'Institute for Science and International Security', einem Sicherheitsforschungsinstitut mit Sitz in Washington, hält den jüngsten Kompromissvorschlag von Ahmadinedschad zwar für dürftig, aber durchaus erwägenswert und geeignet, die iranische Produktion höher angereicherten Urans zu begrenzen. "Man sollte das bescheidene Angebot annehmen, dem Iran zwei Jahre lang Treibstoff liefern und dadurch dafür sorgen, dass der Grad der Anreicherung auf fünf Prozent begrenzt wird."

Die Sanktionen gegen den Iran würden solange bestehen bleiben, bis das Land die Resolutionen des UN-Sicherheitsrats erfüllt habe, die ein Ende der Urananreicherung fordern, sagte Albright. Doch würde die Dringlichkeit, mit der der Iran sein Nuklearprogramm vorantreibt, abnehmen und mehr Raum für diplomatische Bemühungen schaffen.


800.000 iranische Krebspatienten warten auf Strahlentherapie

Wie Ahmadinedschad in New York erklärte, leiden im Iran mehr als 800.000 Menschen an Krebs, die dringend auf eine Behandlung mit radioaktiven Isotopen angewiesen sind. Die internationale Gemeinschaft müsse sich über die verbliebenen Uranbestände keine Sorgen machen. Sie würden von der IAEA überwacht.

Doch solchen Zusicherungen schenkt die Weltgemeinschaft keinen Glauben, seit bekannt geworden ist, dass der Iran einige Aspekte seines Atomprogramms geheim gehalten hat und IAEA-Inspektoren keine Gelegenheit zu Gesprächen mit iranischen Wissenschaftlern geben will, die angeblich an der Herstellung eines atomaren Sprengkopfs arbeiten. Auch stellt sich die Frage, ob Ahmadinedschad seine Versprechen angesichts seiner geschwächten politischen Stellung im Iran und immer neuer Korruptionsvorwürfe tatsächlich einhalten kann. (Ende/IPS/kb/2011)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 24. September 2011