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REDE/006: Rösler - Gewährleistungen im Rahmen eines europäischen Stabilisierungsmechanismus, 29.9.11 (BPA)


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Rede des Bundesministers für Wirtschaft und Technologie, Dr. Philipp Rösler, zum Gesetzentwurf zur Änderung des Gesetzes zur Übernahme von Gewährleistungen im Rahmen eines europäischen Stabilisierungsmechanismus vor dem Deutschen Bundestag am 29. September 2011 in Berlin


Sehr geehrter Herr Präsident!
Meine sehr verehrten Damen und Herren!

Wir haben in Deutschland nicht nur großartige Wachstumszahlen. Gerade heute hat Frau von der Leyen auch großartige Zahlen zu verkünden, was die Beschäftigung anbelangt. Im September ist die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland unter 2,8 Millionen gesunken. Dass wir Wachstum, Wohlstand und Beschäftigung haben, ist unter anderem ein Verdienst eines starken, gemeinsamen Europas und eines starken, stabilen Euro. Deswegen ist es richtig, dass wir alles dafür tun, beide zu stärken. Wir brauchen ein starkes gemeinsames Europa, aber auch eine gemeinsame, starke Währung, eben einen stabilen Euro.

Das ist das Problem: Die Menschen haben längst das Vertrauen verloren. Es schadet der Politik insgesamt, dass die Menschen das Vertrauen verloren haben. Sie glauben nicht, dass ihnen Europa guttut und dass Europa richtig ist. Deswegen müssen wir alles dafür tun, das Vertrauen zurückzugewinnen. Jeder, der proeuropäisch denkt und fühlt, muss alles dafür tun, die Akzeptanz Europas zu erhöhen. Das heißt, man muss alles, was man macht, vernünftig erklären. Man muss die Frage beantworten, in welche Richtung sich Europa in den nächsten Jahren entwickeln soll. Wir beantworten diese Frage sehr klar. Wir wollen nicht wie Sie ein Schuldeneuropa, sondern endlich eine echte Stabilitätsunion in Europa.

Sie haben die Maastricht-Kriterien aufgeweicht. Sie wollen Euro-Bonds für alle. Obwohl Sie hier anders reden, haben Rot und Grün gestern im Europäischen Parlament gegen eine Verschärfung der Stabilitätskriterien gestimmt. Das hat nichts mit proeuropäischer Geisteshaltung zu tun und erst recht nichts mit wirtschaftspolitischer Kompetenz.

Es ist richtig, dass wir heute gemeinsam über die EFSF und das Gesetz zum Stabilisierungsmechanismus diskutieren. Denn hier werden klare Kriterien vorgegeben. Rettungspakte sind immer nur das letzte Mittel. Sie können und dürfen niemals der Ersatz für verfehlte Haushaltspolitik und verfehlte Wirtschaftspolitik in anderen Mitgliedstaaten der Euro-Zone sein. Künftig wird es Hilfen nur unter klar definierten Bedingungen geben. Ob es solche Hilfen gibt, wird dann positiv beschieden, wenn Einstimmigkeit in den entsprechenden Gremien herrscht. Das ist ein eindeutiger Vorteil im Vergleich zu anderen Gremien, in denen Deutschland wie in der EZB überstimmt werden kann und Entscheidungen manchmal vielleicht gegen die ordnungspolitische Vernunft und den ordnungspolitischen Sachverstand getroffen werden. Das wird jetzt durch die zu beschließenden Maßnahmen eindeutig besser werden.

Die Haftungsobergrenze ist selbstverständlich festgelegt. Natürlich kann es hier nur mithilfe des Deutschen Bundestages zu Änderungen kommen. Das heißt, das, was immer gefordert wurde und was vollkommen richtig ist, nämlich dass der Haushaltsgesetzgeber immer das letzte Wort hat, wird hiermit verwirklicht. Damit bleibt es dabei: Das Königsrecht, das Haushaltsrecht, bleibt beim Parlament. Das ist eine richtige und kluge Entscheidung und eine vernünftige Ausgestaltung der im Änderungsgesetz enthaltenen Maßnahmen.

Ich kann deswegen nur an Sie appellieren, nicht aus parteitaktischen Erwägungen zuzustimmen, sondern weil Sie wissen, dass Sie damit den richtigen Weg in Richtung einer Stabilitätsunion gehen, die klare Regeln vorgibt. So muss die Schuldenbremse in allen Mitgliedstaaten verankert werden, es muss ein Wettbewerbsfähigkeitstest, für den wir heute im Anschluss im Wettbewerbsfähigkeitsrat werben werden, eingeführt werden, und es müssen Maßnahmen für all die Staaten ergriffen werden, die nicht aus eigener Kraft in der Lage sind, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit herzustellen. Dafür brauchen diese Staaten die neuen Instrumente der EFSF und später des ESM. Das zeigt, dass wir mit den Maßnahmen, die jetzt noch anstehen, genau die richtigen Schritte in eine Stabilitätsunion tun; denn man muss den Menschen die Frage beantworten: Wohin soll sich Europa in den nächsten Jahren entwickeln? Nur wenn man diese Frage beantworten kann, dann wird man wieder Vertrauen in die Politik insgesamt herstellen können. Dafür steht die Regierungskoalition aus CDU/CSU und FDP.


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Quelle:
Bulletin Nr. 99-2 vom 29.09.2011
Rede des Bundesministers für Wirtschaft und Technologie, Dr. Philipp Rösler,
zum Gesetzentwurf zur Änderung des Gesetzes zur Übernahme von Gewährleistungen
im Rahmen eines europäischen Stabilisierungsmechanismus vor dem
Deutschen Bundestag am 29. September 2011 in Berlin
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veröffentlicht im Schattenblick zum 5. Oktober 2011