Schattenblick →INFOPOOL →POLITIK → FINANZEN

REDE/024: Kanzlerin Dr. Angela Merkel zum Haushaltsgesetz 2014, 9.10.14 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Rede von Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel zum Haushaltsgesetz 2014 vor dem Deutschen Bundestag am 9. April 2014 in Berlin:



Herr Präsident!
Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Meine Damen und Herren!

Frau Kollegin, Ihr Versuch, über die Tatsachen zu sprechen, ist, glaube ich, kräftig danebengegangen.

Was sind die Tatsachen? Mit dem Regierungsentwurf zum Bundeshaushalt 2014 und der mittelfristigen Finanzplanung liegt der erste Haushalt ohne neue Schulden seit 1969 in greifbarer Nähe. Das heißt konkret: 2014 werden wir einen strukturell ausgeglichenen Haushalt haben. 2015 haben wir die Möglichkeit, keine neuen Schulden zu machen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das sind nicht einfach Zahlen, sondern das ist nicht mehr und nicht weniger als die Einlösung eines Versprechens an kommende Generationen, einmal ohne zukünftige Schulden auszukommen, einmal mit dem auszukommen, was in die Steuerkassen hineinkommt, einmal nicht auf Kosten der Zukunft zu leben. Es ist das bewusste Bekenntnis der Großen Koalition, sich um die Sorgen, Ansprüche und Möglichkeiten zukünftiger Generationen zu kümmern. Das ist unsere Pflicht - das sage ich ausdrücklich -, und wir tun es, und das zum ersten Mal seit Jahrzehnten.

Zuallererst ist dies der Erfolg und das Verdienst im Übrigen all derjenigen, die den Wohlstand erarbeiten, der vielen Menschen, die sich für dieses Land einbringen mit ihrem unternehmerischen Sachverstand und mit ihrer Rolle als Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Denen gilt in dieser Stunde unser aller Dank.

Das ist zum Zweiten auch das Verdienst vieler Bundesregierungen, auch dieser. Ich möchte die Gelegenheit wahrnehmen, dem Bundesfinanzminister für seine ruhige, besonnene und nachdrückliche Art, diesen Kurs immer wieder einzufordern, zu danken, genauso wie unseren Haushaltspolitikern, die darauf in den vielen Sitzungen der Begehrlichkeiten achten. Danke schön, dass wir auf diesem Kurs gut vorangekommen sind!

Richtig ist doch, dass die Voraussetzungen in den letzten Jahren alles andere als rosig waren. Ich will vielleicht noch mal daran erinnern: Kurz bevor wir die erste Große Koalition 2009 beendeten, war es auch so, dass ein ausgeglichener Haushalt in Reichweite lag. Es ist also keine neue Idee. Wir sind dann allerdings in eine Situation gekommen - ich habe da gestern schon zugehört -, die wir vielleicht nicht vergessen sollten, nämlich in eine internationale Finanz- und Wirtschaftskrise, die in Deutschland einen Einbruch des Bruttoinlandsprodukts von fünf Prozent mit sich gebracht hat. Es war richtig, diese Finanzkrise national so zu beantworten, dass wir reagiert haben, dass wir Konjunkturprogramme aufgelegt haben, dass wir Arbeitsplätze gesichert haben. Deshalb hat es länger gedauert, aber wir haben diesen Kurs konsequent fortgesetzt.

In der Zeit zwischen 2008 und der Bewältigung dieser internationalen Finanz- und Wirtschaftskrise haben wir eines gelernt: Wir können nicht alleine Politik machen, sondern unser Handeln hängt aufs Engste mit allem, was auf der Welt passiert, zusammen. Das ist Globalisierung. Keiner kann mehr heute alleine, für sich regieren, sondern jeder muss auch die Belange der anderen im Blick haben. Deshalb kümmern wir uns um internationale Finanzmarktregulierung, gar nicht nur, weil wir das zu Hause so brauchten - das könnten wir ja national regeln -, sondern weil es unabänderlich ist, weil jeder Fehler, der international passiert, zum Schluss auch uns und die Menschen in Deutschland trifft. Insofern leben wir heute in einer vernetzten Welt, auf die wir reagieren müssen.

Wir haben auch noch andere Unsicherheiten. Das ist einmal die europäische Schuldenkrise, die nach wie vor noch nicht überwunden ist. Es ist eine fragile Situation weltweit - wenn wir auch auf manche Entwicklungen in den Schwellenländern schauen. Und es kommen neue Unsicherheiten dazu - das haben wir in den letzten Wochen gelernt -, wie uns das Beispiel der Ukraine zeigt. Die illegale, völkerrechtswidrige Annexion der Krim hat uns etwas vor Augen geführt, was wir eigentlich vergessen glaubten, nämlich dass wir über Freiheit, über internationales Recht, über Frieden und Einhaltung von Völkerrecht noch sprechen müssen. Deshalb müssen wir alle Anstrengungen darauf richten - das wird die Tätigkeit dieser Großen Koalition in den nächsten Monaten sein -, für ein starkes Deutschland, für ein starkes Europa und für starke Partnerschaften in der Welt zu arbeiten. Wir wissen, wir können diese Ziele nur gemeinsam erreichen. Das gilt für Deutschland, das gilt für Europa, und das gilt auch für die globalisierte Welt.

Wie sieht es nun aus, wenn wir auf Deutschland schauen? Die Wirtschaftsprognosen sind einigermaßen positiv: 1,8 Prozent Wachstum in diesem Jahr; das ist mehr als der Durchschnitt im Euro-Raum. Der private Konsum ist der Treiber unserer binnenwirtschaftlichen Entwicklung. Der Export springt an, aber die Binnenkonjunktur trägt mehr zum Wachstum bei, als das in vergangenen Jahren der Fall war. Wir können heute sagen, dass wir bislang zu den Gewinnern der Globalisierung gehören, weil wir eine wettbewerbsfähige Industrie haben und weil wir einen sehr starken Mittelstand haben.

Aber es ist auch wichtig, immer wieder darauf hinzuweisen: Das alles ist eine Momentaufnahme. Wenn man sich die Dynamik der Welt anschaut, dann weiß man: Die Wettbewerbsfähigkeit muss erhalten werden. Vor allen Dingen kann sie erhalten werden, indem wir unsere Innovationsfähigkeit erhalten. Deshalb ist es wichtig, dass wir nicht nur heute wettbewerbsfähig sind, sondern dass wir international auch zu den Besten bei der Innovationskraft gehören und dass wir an vielen Stellen, gerade wegen unserer mittelständischen Unternehmen, Weltmarktführer sind.

Die Bundesregierung legt auf diesen Punkt besonderen Wert, mit unserer Hightech-Strategie, mit unserer Innovationsstrategie, wo wir den Bogen von der Grundlagenforschung bis zur Anwendung im Mittelstand spannen. Es darf und muss für Deutschland gelten: Keine gute Idee darf auf der Strecke bleiben; alles muss genutzt werden. Kreativität ist der Treiber unseres Wohlstands.

Wenn wir den Haushalt für dieses Jahr beraten, müssen wir uns auch fragen: Wo steht Deutschland in fünf, in zehn oder in 20 Jahren? Wie können wir erreichen, dass wir auch in Zukunft erfolgreich sind? Solide Finanzen, wie mit dem Haushaltsplan für dieses und nächstes Jahr sowie mit der mittelfristigen Finanzplanung vorgelegt, bedeuten nicht nur, dass man keine Schulden macht, sondern sie bedeuten genauso, dass man mit Weitblick und Klugheit in die Zukunft unseres Landes investiert.

Ich möchte in diesem Zusammenhang vier Bereiche nennen, in denen wir investieren:

Erstens. Wir investieren in unser wichtigstes Kapital, und das sind die Menschen. Das sind Investitionen in Bildung und Forschung. Wir unterstützen dabei die Länder und die Kommunen, indem wir ihnen bei der Finanzierung von Kitas, von Schulen und Hochschulen helfen. Damit auch wirklich genügend Geld für diese Aufgaben vorhanden ist, werden wir in dieser Legislaturperiode insgesamt sechs Milliarden Euro mehr für die Unterstützung genau dieser Bereiche zur Verfügung stellen.

Damit wir unser Drei-Prozent-Ziel, also drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für den Bereich Forschung und Innovation, auch in den nächsten Jahren halten können - wir haben es jetzt fast erreicht -, müssen wir drei Milliarden Euro mehr in Forschung und Entwicklung hineingeben. Das tun wir. Damit werden wir zu den Ländern gehören, die in Bezug auf Forschung in Europa führend sind. Weltweit gibt es Länder, die mehr investieren - ich habe es hier oft gesagt: Südkorea, zum Beispiel -, aber mit drei Prozent sind wir recht gut dabei.

Zweitens. Wir investieren in die Zukunft der Verkehrsinfrastruktur. Wir werden hierfür fünf Milliarden Euro einsetzen. Wir werden die Nutzerfinanzierung weiterentwickeln. - Ich weiß, dass das sicherlich mehr sein könnte, aber es sind immerhin fünf Milliarden Euro mehr als in der vergangenen Legislaturperiode. Das ist ein unabdinglicher, wichtiger Schritt in die richtige Richtung.

Drittens. Wir investieren in die Zukunft unserer Energieversorgung. Es geht darum, dauerhaft sichere, bezahlbare und umweltverträgliche Energie zur Verfügung zu stellen. Wir haben uns in der Großen Koalition entschieden, angesichts der Tatsache, dass der Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromversorgung derzeit 25 Prozent beträgt, einen neuen Pfad, einen berechenbaren Pfad für den Ausbau der erneuerbaren Energien einzuschlagen.

Wenn Sie sich die Situation im internationalen Vergleich anschauen, dann stellen Sie fest: Es ist relativ einzigartig, was wir tun. Wir sagen: Von heute 25 Prozent werden wir bis 2025 den Anteil der erneuerbaren Energien auf 40 bis 45 Prozent ausbauen. Wir gehen damit einen Weg, der uns das Erreichen des Ziels für 2050 - 80 Prozent der Erzeugung des Stroms aus erneuerbaren Energien - auf einem ganz berechenbaren Pfad möglich macht.

Mit der EEG-Novelle, die wir gestern im Kabinett verabschiedet haben und die in den nächsten Wochen hier im Hause beraten wird, kommt etwas ganz Wichtiges für den Ausbau der erneuerbaren Energien zum ersten Mal zum Zuge, nämlich Berechenbarkeit. Es sind klare Korridore vorgegeben, und natürlich kann ich diese Korridore nur einhalten, indem ich, wenn mehr zugebaut wird, die Vergütungen reduziere, sodass ich einen atmenden Deckel habe und die Korridore auch einhalten kann.

Wir haben uns für einen vernünftigen Mix entschieden. Wir haben Gespräche mit den Ländern geführt. Ich möchte dafür danken, dass hier Gemeinsamkeit entstanden ist. Wir werden natürlich die Beratungen hier im Hause in aller Offenheit durchführen.

Damit können wir nicht versprechen, dass die EEG-Umlage dauerhaft sinkt. Aber wir können versprechen, dass die Kostendynamik der EEG-Umlage gebrochen ist und dass wir auf einen vernünftigen Pfad kommen. Das ist genau das, was die Bürgerinnen und Bürger von uns erwarten; denn sie tragen die Energiewende. Ich will dafür ausdrücklich Dankeschön sagen; denn das macht nicht die Politik, das machen die Bürgerinnen und Bürger. Es war aber auch ein Wunsch der Bürgerinnen und Bürger, eine neue Energiepolitik in Deutschland durchzusetzen. Das haben wir getan. Jetzt werden wir diesen Weg gemeinsam gehen.

Wenn wir über sichere Energieversorgung und über die Energiewende, die wir durchführen, sprechen, dann müssen wir auch sehen: Es war nicht beabsichtigt - das kann nicht gewollt gewesen sein -, dass wir durch die Energiewende unsere eigenen Stärken schwächen, nämlich die mittelständische Wirtschaft und die Industrie. In Deutschland beträgt der Anteil der Industrieproduktion am Bruttoinlandsprodukt über 20 Prozent. Damit sind wir führend in Europa. Die Europäische Kommission hat sich das Ziel gesetzt, weil sie sieht, dass wir in einem globalen Wettbewerb stehen, dass die Industrie wieder einen Anteil von 20 Prozent am europäischen Bruttoinlandsprodukt hat. Nun kann es doch nicht sein, dass wir durch eine vernünftige Maßnahme, nämlich dadurch, dass wir unsere Energieversorgung zukunftsfähig ausbauen, Arbeitsplätze vernichten und unsere Wirtschaft in Gefahr bringen. Ich bin mir ganz sicher, dass die Bürgerinnen und Bürger auf gar keinen Fall wollen, dass sichere, zukunftsfähige Arbeitsplätze durch die Energiewende verlorengehen. Deshalb haben wir so entschieden und für Ausnahmen für unsere im Wettbewerb stehende Industrie gekämpft.

Ich will dem Bundeswirtschaftsminister ein ausdrückliches Dankeschön dafür sagen. Wir haben uns eingesetzt für ein Ziel, das im Kontext europäischer Probleme das allervernünftigste und normalste ist. Wir reden Tag und Nacht mit Recht darüber, wie hoch die Arbeitslosigkeit in Europa ist. Wir reden Tag und Nacht über die Frage, wie wir für junge Leute neue Arbeitsplätze schaffen können. Da können wir uns doch nicht sehenden Auges in Europa wegen einer vermeintlichen Rolle im Klimaschutz damit abfinden, dass wir Arbeitsplätze vernichten. Nein, wir müssen Klimaschutz und Arbeitsplätze zusammenbringen. Sonst wird die Energiewende keine Akzeptanz in Deutschland haben.

Natürlich sind das Erneuerbare-Energien-Gesetz und das, was die Kommission heute im Zusammenhang mit den Leitlinien für Beihilfen beschließen wird, nur erste Schritte bei der Gestaltung der Energiewende. Auf der Grundlage dieses Ausbaupfads für erneuerbare Energien müssen wir jetzt die Netzplanung anpassen und dann den Netzausbau beschleunigen. Dafür sind die entsprechenden Vorkehrungen getroffen worden. Anschließend müssen wir uns natürlich mit den Kapazitätsmärkten beschäftigen, mit der Frage, wie wir eine vernünftige Kombination hinbekommen können, wie wir die begrenzte Verfügbarkeit der erneuerbaren Energien - mit Ausnahme der Biomasse - mit der Sicherstellung der Grundversorgung in Einklang bringen können. Das werden die nächsten Schritte sein.

Damit niemand denkt, dann sei die Arbeit vorbei, sage ich: Wir werden uns noch in dieser Legislaturperiode mit dem nächsten Schritt im Zusammenhang mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz befassen müssen, nämlich mit der Ausschreibung der jeweiligen Kapazitäten. Darauf wird die Europäische Kommission drängen, und das ist auch richtig, um die Kosteneffizienz vernünftig durchzusetzen. Wir werden also in der ganzen Legislaturperiode mit der Frage "Wie gestalten wir die Energiewende?" beschäftigt sein. Ich bin aber sehr optimistisch, dass uns das gut gelingen wird.

Viertens. Wir werden natürlich auch in einen Bereich investieren, der unser Leben im 21. Jahrhundert in großem Maße prägt, nämlich in die Digitalisierung. Kaum ein Lebensbereich kommt heute ohne digitale Techniken aus, ob es das Auto ist, das Handy, die Flüge, die Bahnfahrten oder die industrielle Produktion. Wer sich in diesen Tagen auf der Hannover Messe die Produkte ansieht, die den Weg zur Industrie 4.0 charakterisieren, der weiß, in welch dramatischer Weise sich unsere gesamte Arbeitswelt verändern wird. Es ist beeindruckend, zu sehen, dass in Zukunft jede reale Fabrik noch einmal als digitale Fabrik existieren wird, wie Produkte entwickelt werden, wie Maschinen miteinander interagieren. All das wird unser Arbeitsleben sehr stark verändern, genauso wie das im privaten Bereich der Fall ist.

Deshalb freue ich mich, dass die drei hauptzuständigen Minister bereits auf der CeBIT die Digitale Agenda 2014 bis 2017 vorgestellt haben.

Diese Digitale Agenda hat drei Komponenten:

Eine Komponente sind gute Bedingungen, damit Start-ups, damit Unternehmen in Deutschland in die Digitalisierung investieren können.

Das Zweite ist der Sicherheitsaspekt, den wir natürlich brauchen.

Die dritte Komponente ist die Versorgung mit Breitband, damit jeder Zugang zu den digitalen Möglichkeiten hat.

Das Ausmaß der gesellschaftspolitischen Dimension der Digitalisierung kann nicht überschätzt werden. Unser gesamtes Leben wird sich verändern. Natürlich muss das gelten, was wir immer für die Wirtschaft gesagt haben: Auch die digitale Wirtschaft muss dem Menschen dienen und nicht etwa umgekehrt. Das ist das Wesen der sozialen Marktwirtschaft. Deshalb sind Datenschutz und Datensicherheit ganz legitime Notwendigkeiten. Wir werden noch viel arbeiten müssen, um das wirklich durchzusetzen.

Die Bundesregierung hat hier erste Schritte unternommen; weitere werden folgen müssen. Wir haben eine Taskforce "IT-Sicherheit in der Wirtschaft" und das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik für die Bürgerinnen und Bürger. Aber nationale Gesetzgebung allein wird hier nicht ausreichen, sondern wir werden natürlich international agieren müssen, zuallererst einmal in Europa. Hier geht es weiter um die Diskussion zur Datenschutzgrundverordnung. Das ist ein außerordentlich kompliziertes Unterfangen. Ich will das hier noch einmal darstellen: Auf der einen Seite wissen wir alle, dass wir ein gleiches Niveau von Datenschutz in Europa brauchen; denn ansonsten können sich Internetunternehmen zum Beispiel immer in einem Land in Europa niederlassen, in dem es eben nicht dieses Datenschutzniveau gibt. Auf der anderen Seite brauchen wir eine Einigung auf einem Niveau, das unserem Datenschutzniveau in Deutschland entspricht.

Das sehen aber nicht alle anderen Länder so wie wir. Das heißt, wir werden in den nächsten Monaten zunehmend in eine Situation kommen, in der wir genau abwägen müssen, was besser ist: eine Datenschutzgrundverordnung in Europa oder aber kein einheitliches Datenschutzniveau und damit immer wieder die Möglichkeit des Unterlaufens. Ich glaube, Deutschland muss, auch wenn wir kritisiert werden, dass es etwas länger dauert, mit aller Kraft auf ein vernünftiges Datenschutzniveau in Europa drängen. Alles andere kann ich mir nicht vorstellen.

Wir brauchen auch Initiativen für einen verlässlicheren internationalen Datenschutz. Deutschland hat hier gemeinsam mit Brasilien in den Vereinten Nationen Aktivitäten unternommen. Das ist ein dickes Brett, das zu bohren ist. Ich glaube, wir müssen erst einmal in Europa mit gutem Beispiel vorangehen, um international voranzukommen.

Alle Aufgaben, die ich bisher beschrieben habe, sind Aufgaben, die für alle Länder dieser Erde gelten. Jeder, der für seine Bevölkerung Wohlstand sicherstellen will, braucht Wachstum und Innovationsfähigkeit und muss sich damit weltweit in einem fairen Wettbewerb beweisen.

Auf Deutschland kommt eine zusätzliche Aufgabe zu: die Bewältigung der demografischen Entwicklung. Mir ist das noch einmal bewusst geworden, als ich in der letzten Woche auf dem EU-Afrika-Gipfel war. Afrika ist ein Kontinent, auf dem die Hälfte der Bevölkerung unter 18 Jahre alt ist. Das ist eine völlig andere Bevölkerungsstruktur als unsere in Europa. In Afrika betrachtet man uns als einen wirklich alternden Kontinent und fragt, wie wir ohne so viele junge Leute, wie sie es kennen, zurechtkommen. Wir müssen uns natürlich ganz entschieden auf die Veränderungen vorbereiten. Die sogenannten Babyboomer - ich meine jetzt den stärksten Nachkriegsjahrgang - feiern in diesem Jahr ihren 50. Geburtstag. Sie werden noch 17 Jahre in der Erwerbstätigkeit sein; danach werden wir abnehmende Zahlen haben. Das wird sich natürlich massiv auf unsere Arbeitswelt auswirken.

Das heißt, wir müssen als Erstes überlegen: Wie können wir vor allen Dingen eine gute Struktur vor Ort hinbekommen, die die Belastungen aufgrund der demografischen Entwicklung auffangen und darauf reagieren kann? Deshalb haben wir uns ganz bewusst entschieden, die Kommunen weiter zu entlasten. Wolfgang Schäuble hat hier gestern ausführlich dazu Stellung genommen. Die Kommunen sind inzwischen vollständig von den Kosten der Grundsicherung entlastet. Das sind in diesem Jahr 5,5 Milliarden Euro für die Grundsicherung. Diese Leistung mussten die Kommunen noch vor wenigen Jahren selber tragen. Wir wollen nun den nächsten Schritt gehen und in dieser Legislaturperiode jedes Jahr eine Milliarde Euro zusätzlich für die Kommunen zur Verfügung stellen, mit Verabschiedung des Teilhabegesetzes aufwachsend auf fünf Milliarden Euro, weil wir den Kommunen auch bei der Eingliederung von Behinderten helfen wollen.

Das ist eine Leistung, die wir deshalb zur Verfügung stellen, weil wir überzeugt sind, dass die Lebenserfahrung jedes einzelnen Menschen zuallererst zu Hause, in der Kommune vor Ort gesammelt wird, und weil wir wissen, dass das große, oftmals ehrenamtliche Engagement der Kommunalpolitiker nur dann weiter Akzeptanz finden wird, wenn in den Kommunen auch etwas zu gestalten ist, wenn dort etwas zu machen und nicht nur Mangel zu verwalten ist.

Das zweite große Thema, das von Bedeutung ist, wenn wir auf den demografischen Wandel reagieren wollen, ist die Sicherung der Fachkräftebasis. Was haben wir da für Möglichkeiten? Auf der einen Seite müssen wir alles daransetzen, dass der Zuwachs an älteren Beschäftigten, der in den vergangenen Jahren stattgefunden hat, weiter anhält. Wir müssen auf der anderen Seite dazu beitragen, dass Frauen durch die verbesserte Vereinbarkeit von Beruf und Familie bessere Chancen im Berufsleben bekommen. Wenn ich hier von Frauen spreche, spreche ich genauso von Eltern, also auch von Vätern. Wir haben in dieser Legislaturperiode mit dem ElterngeldPlus bereits eine Initiative ergriffen, die die Vereinbarkeit von Beruf und Familie sowie die Arbeitsteilung verbessert. Ich denke, was das Zeitmanagement von Familien anbelangt, wird in den nächsten Jahren noch viel zu leisten sein.

Wir müssen allerdings auch das gesellschaftliche Umfeld so gestalten, dass die Bedürfnisse von Familien, gerade auch von Frauen, besser widergespiegelt werden. Das bedeutet, dass Frauen in Führungspositionen besser vertreten sein müssen. Das ist in erster Linie - das haben wir jetzt festgestellt - eine Aufgabe für alle Gremien des Bundes. Da haben wir noch eine Menge zu tun - die Frauenministerin nickt -, aber ich weiß auch, dass es nicht so einfach ist, alle Gremien entsprechend zu besetzen. Jedoch, wenn wir die Unternehmen verpflichten wollen, wird man sich zu Recht fragen: Wie sieht es denn in der Politik aus?

Es gab seitens der Wirtschaft, also zumindest der börsennotierten Unternehmen, bisher keinerlei Initiative, der Politik zu zeigen, dass es die Wirtschaft besser macht. Deshalb sehen wir uns jetzt doch gezwungen, gesetzliche Regelungen einzuführen, um die Sache ein bisschen voranzubringen. Das ist wichtig.

- Es ist auch mal schön, wenn die SPD begeistert ist. Ich bin es übrigens auch. Ich verstehe die Zurückhaltung bei uns gar nicht. Wir haben schließlich sehr harte Auseinandersetzungen gehabt.

Ein dritter Punkt ist, dass wir heute die Fachkräftebasis für morgen sichern. Deshalb hat sich der Bund bei der Finanzierung zusätzlicher Hochschulplätze engagiert. Er wird das im Rahmen des Hochschulpaktes auch weiterhin tun, damit wir im nächsten Jahrzehnt ausreichend Absolventen haben. Die Investitionen in die Universitäten und Fachhochschulen haben aber auch zu einer Entwicklung geführt, die wir gestern im Kabinett anlässlich der Vorlage des Berufsbildungsberichts diskutiert haben. Wir haben erkannt, dass wir die duale berufliche Ausbildung stärken müssen.

Wir wollen den Ausbildungspakt im Zusammenhang mit einem Weiterbildungspakt neu auflegen. Wir müssen jetzt wieder dafür sorgen, dass uns in den nächsten Jahren nicht noch einmal passiert, was letztes Jahr passiert ist, nämlich dass 20.000 Absolventen keinen Ausbildungsplatz bekommen haben, obwohl es ein Überangebot an Ausbildungsplätzen gab. Die Zahl von Anbietern einer dualen Berufsausbildung sinkt. Dies muss geändert werden.

Solide Finanzen, Wirtschaftswachstum, Arbeitsplätze - das alles ist wichtig. Für das gesellschaftliche Klima ist aber auch die Frage des sozialen Zusammenhalts von allergrößter Bedeutung. Hier kommen wir zu einigen Vorhaben, für die sich die Große Koalition entschieden hat und die durchaus auch kontrovers diskutiert werden. Sie sind aber in Anbetracht der Situation, in der wir uns befinden - nah an einem ausgeglichenen Haushalt, mehr Beschäftigte als jemals zuvor -, für die Menschen insgesamt sehr wichtig.

Das gilt zum Beispiel für das Thema Mindestlohn. Wir haben den Gesetzentwurf zum Mindestlohn im Kabinett verabschiedet. Er geht jetzt in die parlamentarischen Beratungen. Es sind noch einige Fragen zu klären, und diese werden auch geklärt. Wir haben uns entschieden, eine Übergangszeit bis zum Ende 2016 zu ermöglichen, sofern abweichende Tarifverträge vorhanden sind. Ansonsten tritt der Mindestlohn mit dem 1. Januar 2015 in Kraft. Wir haben uns entschieden, bei jungen Menschen unter 18 Jahren und ohne Berufsabschluss auf dem Wege zur Ausbildung Ausnahmen zuzulassen. Gleiches gilt für Praktika. Für Langzeitarbeitslose soll es eine Frist von sechs Monaten geben, in denen zuerst die Chance genutzt werden kann, überhaupt wieder eine Arbeit aufzunehmen, um danach in eine Phase des Mindestlohnbezugs zu gelangen.

Gerade bei den Langzeitarbeitslosen haben wir nach wie vor ein Problem. Trotz der guten Beschäftigungslage erscheint das Niveau von drei Millionen Arbeitslosen ziemlich zementiert. Deshalb begrüße ich, dass die Bundesarbeitsministerin jetzt Initiativen entfaltet, um zu schauen, wie wir da rauskommen. Wir müssen vor allen Dingen bei den unter 30- beziehungsweise unter 35-jährigen Langzeitarbeitslosen schauen, dass wir vorankommen.

Wir haben mit Blick auf den sozialen Zusammenhalt ein Rentenpaket mit vier wesentlichen Maßnahmen vorgelegt: die Berücksichtigung von Erziehungsleistungen von Eltern, deren Kinder vor 1992 geboren wurden, Erhöhung der Erwerbsminderungsrenten, ein steigendes Rehabudget und abschlagsfreie Renten nach 45 Beitragsjahren. Letzterer Punkt wird ja noch sehr kontrovers diskutiert. Ich freue mich, dass wir uns alle einig sind - so haben wir das auch im Kabinett beschlossen -, dass wir alle Anreize zur Frühverrentung ausräumen müssen. Es lohnt die Mühe, darüber nachzudenken, wie wir das effektiv machen können. Frühverrentung kann nicht das Ansinnen sein. Im Übrigen wächst das Alter, ab dem wir die abschlagsfreie Rente ermöglichen, über die Jahre wieder auf 65 auf, weil wir davon ausgehen und auch alle Kraft darauf lenken werden, dass die Beschäftigungschancen Älterer, auch der über 60-Jährigen, deutlich besser werden. Das ist eine Notwendigkeit bis zum Ende des nächsten Jahrzehnts, um den demografischen Wandel überhaupt zu bewältigen.

Von allergrößter Bedeutung sind natürlich die Fragen einer sicheren, verlässlichen gesundheitlichen Versorgung und einer leistungsfähigen Pflegeversicherung. In beiden Bereichen ergreifen wir Initiativen. Ich will hier besonders das würdigen, was im Pflegebereich geschieht: Wir werden zum 1. Januar 2015 eine Reform der Pflegeversicherung vorlegen. Die Beiträge werden um 0,2 Prozentpunkte erhöht. Damit stehen 2,4 Milliarden Euro mehr für Pflegeleistungen zur Verfügung. Wir werden mit aller Kraft darauf hinarbeiten, dass nicht die Bürokratie, nicht die technischen Abläufe, sondern das, was die Menschen brauchen, die Pflege des einzelnen Menschen, wieder mehr im Vordergrund steht. Dazu werden wir einen neuen Pflegebegriff erproben und seine Praxistauglichkeit feststellen. Ich glaube, das ist die richtige Art, dies Schritt für Schritt anzugehen. Vor allen Dingen wollen wir die Pflegeberufe attraktiver machen, aber auch Pflege in der Familie in besonderer Weise befördern.

Ein weiterer wichtiger Bereich für den Zusammenhalt der Gesellschaft ist das gesamte Thema der Integration von Migrantinnen und Migranten. In diesem Jahr werden wir einen Integrationsgipfel zum Thema "Ausbildung und Bildung" abhalten. Gegen Ende des Jahres werden wir dann hoffentlich auch einen neuen Ausbildungs- und Weiterbildungspakt haben; denn unser Ziel muss natürlich sein, dass die Teilhabe der Migrantinnen und Migranten an der Berufsausbildung, am beruflichen Leben, am Arbeitsleben dieselbe ist wie bei denjenigen, die schon lange beziehungsweise immer in Deutschland leben. Das haben wir, auch wenn es Fortschritte gibt, noch nicht erreicht. Deshalb wird die Integration auch in dieser Legislaturperiode ein wesentliches Element unserer Arbeit sein.

Wir hoffen, dass wir mit dem gestern verabschiedeten Entwurf zur Neuregelung des Staatsangehörigkeitsrechts für in Deutschland geborene Kinder einen Impuls setzen, um den Migrantinnen und Migranten und ihren Kindern zu sagen: Ihr seid hier willkommen. Ihr seid Teil unserer Gesellschaft. Ihr bekommt alle Chancen, die andere auch bekommen. Ihr sollt euch einbringen und werdet genauso gefördert. - Ich hoffe, dass dies seine Wirkung nicht verfehlt.

In diesem Spektrum arbeiten wir in dem Umfang, den Deutschland aus eigener Kraft leisten kann. Aber wir wissen auch: Deutschland ist auf Dauer nur stark, wenn es auch Europa gut geht, wenn auch Europa stark ist. Deswegen setzen wir als Bundesregierung natürlich auch darauf, die europäische Politik intensiv zu gestalten und uns mit unserer Rolle dort einzubringen.

Aufgrund der Euro-Schuldenkrise haben wir schwere Jahre hinter uns. Wir können jetzt erste Erfolge sehen, und ich finde, wir dürfen diese Erfolge nicht kleinreden, obwohl wir wissen, dass wir damit den Weg natürlich noch nicht zu Ende gegangen sind. Weder sind die Zinssätze - schauen wir einmal auf Deutschland - so, dass man heute sagen kann: "Das Ganze ist schon wieder im Lot", noch ist die Arbeitslosigkeit - gerade bei jungen Menschen in anderen europäischen Ländern - akzeptabel oder hinnehmbar.

Richtig ist und bleibt für mich aber doch, dass es vernünftig und notwendig war, einen Fiskalpakt zu entwickeln, mit dem wir dem Maastrichter Stabilitäts- und Wachstumspakt wieder mehr Zähne gegeben haben; denn es war doch eine der Erfahrungen, dass uns das Nichteinhalten von Versprechungen und Beschlüssen in eine solche Situation gebracht hat. Es ist richtig und auch wichtig, dass wir sagen: Irland, Portugal, Spanien und Griechenland haben bei allen Bemühungen, die noch zu folgen haben, Fortschritte gemacht. Deshalb werden wir das auch weiter so hervorheben.

Anfang Juli wird es in Italien einen Gipfel geben, der sich wieder mit dem Thema Jugendarbeitslosigkeit beschäftigen wird. Dort wird es vor allen Dingen notwendig sein, zu schauen: Werden die in Europa bereitgestellten Mittel auch wirklich von den Ländern genutzt, die die größten Probleme haben? Häufig sind nämlich zwar Mittel für die Bekämpfung bestimmter Probleme vorhanden - natürlich wird dauernd darüber geredet, dass es eigentlich mehr sein sollte -, aber wenn man dann einmal genauer hinguckt, sieht man, dass die Mittel gar nicht abgerufen werden. Wir müssen jetzt erst einmal Wert darauf legen, dass die in der europäischen Finanzplanung für die Bekämpfung von Jugendarbeitslosigkeit zusätzlich vorgesehenen sechs Milliarden Euro dafür genutzt werden, wofür sie gebraucht werden, nämlich zur Schaffung von Arbeitsplätzen für junge Menschen.

Aus der Tatsache, dass wir von der Haushaltslage her heute besser dastehen als vor Jahren, die Arbeitsmarktsituation in vielen Ländern aber noch nicht besser ist, zum Teil sogar schlechter, ergibt sich im Übrigen auch die Aufgabenstellung für das neue Europäische Parlament und die neue Europäische Kommission: Wir müssen gucken, wo wir Bürokratie abbauen und wie wir Unternehmen in Europa Chancen geben können - denn langfristige, dauerhafte Arbeitsplätze werden nur durch Unternehmen und nicht durch Staaten geschaffen -, und wir müssen schauen, wie wir die Vorzüge eines Binnenmarktes auch im digitalen Bereich, im Energiebereich und im Forschungsbereich wirklich zur Geltung kommen lassen können.

Das werden die Aufgaben sein, auf die sich Europa konzentrieren muss. Nicht jede Aufgabe ist eine Aufgabe für Europa, aber die großen Aufgaben können inzwischen mit einer europäischen Dimension besser gelöst werden, als wir das alleine, als Nationalstaat, könnten.

Wir sind bei der Bankenunion vorangekommen. Ich will die Details hier jetzt nicht nennen. Das ist ein Riesenprojekt. Wenn Sie mich vor drei Jahren gefragt hätten: "Werden wir so weit kommen?", dann hätte ich sehr große Zweifel geäußert. Das bedeutet eine riesige Kraftanstrengung.

Deutschland ist im Übrigen in vielen Fragen vorangegangen:

Wir hatten schon eine Bankenabgabe, als es in Europa noch keine Bankenabgabe gab. Damit haben wir ein Modell geliefert. Wir hatten auch schon einen Bankenabwicklungsmechanismus, als es in Europa noch keinen solchen gab. Auch damit waren wir Vorreiter. Das heißt, wir haben mit unseren nationalen Regelungen immer wieder auch Hilfestellungen für europäische Regelungen geben können, und ich bin sehr froh, dass wir hier jetzt wirklich sehr gut vorangekommen sind.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir wissen, dass wir, wenn wir uns nur auf unsere eigenen Belange konzentrieren, natürlich nicht erfolgreich sein können. Deshalb beschäftigt uns das Thema "Frieden, Freiheit und Menschenwürde in Europa und in der Welt" natürlich sehr - gerade jetzt, in diesen Tagen.

Die Lage in der Ukraine bleibt schwierig. Sie haben das in den letzten Tagen wieder verfolgt, und es ist leider an vielen Stellen nicht erkennbar, wie Russland zur Entspannung der Situation beiträgt. Deshalb werden wir auf der einen Seite weiter das tun, was wir immer getan haben, nämlich die Gesprächsfäden nutzen, auf der anderen Seite aber auch klar und deutlich sagen: Die Ukraine hat aus unserer Sicht ein Recht auf einen eigenen Entwicklungsweg. - Den werden wir einfordern. Die Ukrainer müssen über ihr Schicksal selber entscheiden, und dabei werden wir der Ukraine behilflich sein.

Es ist jetzt dringend notwendig, dass die OSZE-Mission, die glücklicherweise angelaufen ist, auf die versprochenen 500 Personen aufgestockt wird.

Es ist dringend wichtig, dass es internationale Gespräche mit der Europäischen Union, mit den Vereinigten Staaten von Amerika und auch mit Russland gibt -, aber eben unter Beteiligung der Ukraine. Es ist wichtig, dass der Verfassungsprozess in der Ukraine vorankommt. Es ist wichtig, dass die Wahlen dort vernünftig vorbereitet werden können. Es ist vor allen Dingen wichtig, dass auch die internationale Finanzunterstützung anläuft. Das IWF-Programm für die Ukraine ist beschlossen. Es ist ein sehr anspruchsvolles Programm, das den Menschen Opfer abverlangen wird. Aber die europäischen Mittel und auch die IWF-Mittel müssen jetzt schnell fließen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir diskutieren all dies in einem Jahr, in dem sich der Beginn des Ersten Weltkriegs 100 Jahre, der des Zweiten Weltkriegs 75 Jahre, der Fall der Mauer und das Ende des Kalten Kriegs 25 Jahre jähren; Ereignisse, derer wir gedenken. Wir sind uns heute in Europa, aber auch in der Welt insgesamt viel näher, als das wahrscheinlich in der Geschichte der Menschheit jemals der Fall war.

Wir wissen, dass diejenigen, deren Denken nur um eigene Interessen kreist, die eine eindimensionale Weltsicht haben und die ohne Rücksicht auf andere ihre Stärke ausspielen, keine Chance haben, Zukunft zu gestalten. Natürlich gehört für jeden von uns die nationale Perspektive dazu, aber niemand, der erfolgreich sein möchte, kann heute nur seine eigenen Belange in den Vordergrund stellen. Er verbaut sich damit seine eigene Zukunft.

Deshalb ist die einzig wahre Antwort auf die Probleme unserer Zeit ein positives Gestalten der Globalisierung. Wir brauchen eine neue Art des Miteinanders, des fairen Interessenausgleichs auf der Welt. Wir wollen und brauchen eine neue Art, bei Dissens und Streit kooperative Lösungen zu finden. Je besser wir das in Deutschland miteinander praktizieren, desto eindrucksvoller ist die europäische Erfolgsgeschichte.

Das Modell des Interessenausgleichs ist das Modell der Zukunft. Deutschland leistet seinen Beitrag dazu: durch solide Finanzen und eine Wachstumspolitik, durch einen starken inneren und äußeren Zusammenhalt und durch ein starkes europäisches und globales Engagement.

Ich bitte Sie, auf diesem Weg mitzugehen, und danke für Ihre Aufmerksamkeit.

*

Quelle:
Bulletin Nr. 41-1 vom 9. April 2014
Rede von Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel zum Haushaltsgesetz 2014
vor dem Deutschen Bundestag am 9. April 2014 in Berlin
Presse- und Informationsamt der Bundesregierung
Dorotheenstr. 84, 10117 Berlin
Telefon: 030 18 272-0, Fax: 030 18 10 272-0
E-Mail: internetpost@bpa.bund.de
Internet: www.bundesregierung.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 11. April 2014