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HERRSCHAFT/1486: Fortgesetzte Geheimhaltung rund um die Nuklearenergie (SB)



Man sieht sie nicht, man schmeckt sie nicht, man spürt sie nicht: Radioaktive Strahlung entzieht sich den menschlichen Sinnen. Das macht sie so gefährlich. Und es gibt noch einen weiteren Grund für ihre Gefährlichkeit, nämlich die unverantwortliche Art und Weise, wie die eigentlich Verantwortlichen häufig mit dem Strahlenstoff umgehen. Sei es das Versuchsbergwerk Asse II in Niedersachsen, der Beinahe-GAU 1979 im Kernkraftwerk Three Miles Island, die signifikante Erhöhung der Krebshäufigkeit in der Nähe der Wiederaufbereitungsanlagen in Sellafield und La Hague sowie rund um deutsche und britische Kernkraftwerke oder auch der Tschernobyl-GAU von 1986 - wenn die jahrzehntelange zivile Nuklearenergienutzung eines gezeigt hat, dann daß Vertuschung, Verschleierung, Lügen und heimliche Machenschaften im Umgang mit dem Strahlenstoff die Zuverlässigkeit einer physikalischen Konstanten erreichen.

Ganz nach dem Motto, daß der letzte Stoßseufzer der Ehrlichkeit die vorletzte Lüge ist, gelangten in den letzten Monaten immer mehr Einzelheiten über die Unzulänglichkeiten des Versuchslagers Asse II und auch des geplanten Endlagerstandorts Gorleben an die Öffentlichkeit. Nicht nur daß die Asse eine nasse war von Anfang an, auch wurde dort das hochaktive Plutonium eingelagert. Giftmüll verschwand ebenfalls im Stollen, und um die Morbidität auf die Spitze zu treiben wurde in der Asse auch die Asche menschlicher Leichname "entsorgt".

Die Geheimhaltung rund um die Kernenergienutzung hat nicht nur in Deutschland System. Die Nachrichtenagentur AFP berichtete am Mittwoch (16.9.2009), daß Rumänien bis Anfang nächsten Jahres den Standort für einen zweiten Kernkraftwerksneubau festlegen, aber die Entscheidung zunächst nicht bekanntgeben will. Wegen der zu erwartenden Proteste von Umweltaktivisten. Warum diese protestieren sollten, wenn alles mit rechten Dingen zugeht, wurde in dem Artikel nicht gesagt.

Hier steht also die Geheimhaltung bereits am Anfang des Aufbaus einer nuklearen Infrastruktur, über die in den nächsten Jahren erfahrungsgemäß noch sehr viel mehr geheimhalten werden wird als die Standortfrage, die ohnehin spätestens mit Baubeginn beantwortet wird.

Während den EU-Bürgern aus Energiespargründen nicht die Wahl gelassen wird, unter welchen Lichtverhältnissen sie einen nicht unerheblichen Teil ihres Lebens verbringen werden, erweist sich die Kernenergie als enorme Energieschleuder, die ungeheure Mengen an Treibhausgasen auswirft - nicht beim unmittelbaren Abbrand des Urans in den Meilern, wohl aber in der gesamten Kette der Zu- und Nachbereitung des Strahlenmaterials. Jede neue Erkundung eines radioaktiven Endlagers, jede Ausschußsitzung von Politikern zur Aufklärung der Umweltsauereien in der Asse, jede Begleitung eines Castortransport ... die Zahl derjenigen Stellen, an denen bei der Nutzung von Kernenergie Treibhausgase produziert werden, ist Legion. Auch das wird von der Nuklearwirtschaft und ihren Lobbyisten in der Regierung verschwiegen, wenn sie behaupten, daß Kernenergie klimafreundlich sei, und gleichzeitig Beschränkungen der individuellen Treibhausgasemissionen befürworten.

Die zentralistische Energieerzeugung in Kernkraftwerken erfordert einen Überwachungsaufwand, bei dem im nebenbei umfangreiche Maßnahmen der Bevölkerungslenkung und -kontrolle aus- und eingeübt werden. Darüber hinaus wird mittels der zentralistischen Energieproduktion die Verfügungsgewalt des Staates gestärkt, das heißt, das Erpressungspotential gegen die Bürger nimmt zu.

Die permanente Heimlichtuerei von Wirtschaft und Politik zur Kernkraft ist mit ein Beleg dafür, daß hier eine Technologie eingesetzt wird, die besonders herrschaftskonform ist. Nicht zufällig hat die zivile Kernenergie ihre Wiege in dem Wunsch der herrschenden Klasse, das ultimative Bedrohungs- und Zerstörungsmittel in die Hand zu bekommen, die Atombombe. Ob in der zivilen oder der militärischen Variante, die klandestinen Machenschaften richten sich immer gegen die Bevölkerung. Sie soll im wesentlichen darüber getäuscht werden, daß Nuklearenergie in beiden Formen der Anwendung ein Mittel zur Durchsetzung von Herrschaftsabsichten ist.

17. September 2009