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HERRSCHAFT/1509: Eine Welt ohne Militär - der beste Klimaschutz (SB)



Die US-Bürger müßten ihren Energieverbrauch bis zum Jahr 2050 auf ein Zehntel senken, damit ihr Land das Klimaschutzziel erreicht, das als erforderlich angesehen wird, damit die Erderwärmung zum Stillstand kommt. Drastische Emissionssenkungen stehen auch den Bürgern der Europäischen Union ins Haus. Welche sozialen und gesellschaftlichen Veränderungen das mit sich bringt, wird im Vorfeld der am Montag beginnenden UN-Klimakonferenz in Kopenhagen weitgehend ausgeblendet. Obgleich Politiker unermüdlich predigen, daß sich das Bewußtsein der Bevölkerung verändern müsse, bleiben sie auffällig unkonkret bei der Frage, welche Einschränkungen auf den einzelnen zukommen. Dafür ein Bewußtsein zu entwickeln, kann gewiß nicht schaden.

Ein Erdenbewohner im Jahr 2050 wird voraussichtlich bei weitem nicht die Mobilität haben wie heute. Was Hartz-IV-Empfänger in Deutschland zu spüren bekommen, wenn sie ihr Auto abschaffen, Ferienreisen streichen und Kulturveranstaltungen meiden müssen, kann als Modell für die Folgen eines ökomäßig sauberen Lebens in der Industrie- und Wissensgesellschaft des 21. Jahrhundert dienen.

Bei eingeschränkter individueller Mobilität dürften Wohn- und Arbeitsplatz irgendwann wieder näher zusammenrücken, bei vielen Bildschirmarbeitern sogar in eins fallen. Die Regale in den Supermärkten werden lange nicht mehr die Vielfalt von heute haben. Das wurde bereits Anfang vergangenen Jahres, zur Zeit der weltweiten Verteuerung von Lebensmitteln, von einem britischen Minister prophezeit.

Würden die Menschen dahingehend Bewußtsein entwickeln, zu was sie von ihrer Regierung gedrängt werden sollen, baute sich womöglich ein Widerstandspotential gegenüber den neuen, öko-ideologisch begründete Herrschaftsformen auf, die in den nächsten Jahren aus Anlaß des Klimawandels und der Notwendigkeit, etwas dagegen zu unternehmen, etabliert werden sollen. Oder es würfe irgend jemand die Frage auf, wozu "wir" eigentlich riesige Militärapparate benötigen. Denn die verbrauchen gewaltige Mengen Energie. Militärs zeichnen sich durch eine ausgesprochen schlechte Klimabilanz aus - abgesehen davon, daß jeder Wiederaufbau nach einem Krieg zusätzlich CO2-Emissionen produziert.

Seit acht bzw. über sechs Jahren führen die USA und ihrer Verbündeten in Afghanistan bzw. Irak Krieg. Die Menge der dabei produzierten Treibhausgase ist gewaltig. Womöglich hätte die Vermeidung allein dieser beiden Kriege einen spürbaren Effekt bei der Minderung der CO2-Emissionen gebracht, vergleichbar mit der aktuellen Wirtschaftskrise. Bedenkt man nun, daß der Militärapparat der USA innerhalb eines Jahres die gleiche Menge an Treibhausgasen emittiert wie ganz Schweden, so läßt sich ahnen, welches enormes CO2-Einsparpotential die weltweite Abschaffung aller Militärapparate besitzt.

Sicherlich, das geht nicht so einfach - aber ginge Klimaschutz auf andere Weise einfacher? Wenn Politiker und Wissenschaftler schon einen radikalen Umbau der Gesellschaft fordern, warum nicht die Produktionsverhältnisse und gesellschaftlichen Strukturen dergestalt ändern, daß Schritt für Schritt, aber zügig keine Rüstungsgüter mehr hergestellt, keine Menschen mehr in der Bedienung von Militärgeräten ausgebildet und der gesamten Verwaltungsapparat rund um die Streitkräfte abgebaut werden? Ein Staat ohne Militär - das wäre mal wirklich ein schlanker Staat.

Der Vorschlag ist völlig irrational und hat von vornherein keine Chance, glauben Sie? Vielleicht, aber liegt eine solche Einschätzung nicht daran, daß die Menschen eher bereit sind, sich dem Diktat einer totalitären Mangelverwaltung zu unterwerfen, als sich einer solchen Gängelung zu widersetzen und sich mit denen anzulegen, die das gewaltige Arsenal an Waffen aufgehäuft haben? Und die wahrscheinlich die Mündungen und Zielerfassungen ihrer Tötungswerkzeuge auf jene richten werden, die eine Abschaffung solcher Gewaltmittel verlangen und andere davon überzeugen, daß diese Variante des Klimaschutzes um vieles erträglicher ist als die von den Nutznießern der militärische Gewaltmittel geforderten individuellen Klimaschutzmaßnahmen. Ein attraktiver Mitnahmeeffekt: Es würde nicht nur die Sicherheit der Menschen hinsichtlich der Klimakatastrophe verbessert, sondern auch hinsichtlich bewaffneter Konflikte.

4. Dezember 2009