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PROPAGANDA/1314: Sozialchauvinistische Hetzjagd auf Christian Klar (SB)



Die Hetzjagd der Bild-Zeitung auf Christian Klar erinnert nicht von ungefähr an die Zeiten, in denen die Kampagne der Springer-Presse gegen Rudi Dutschke in ein Attentat auf den Studentenführer mündete. "Man darf auch nicht die ganze Drecksarbeit der Polizei und ihren Wasserwerfern überlassen", hieß es in Bild am 7. Februar 1968 in kaum verhohlener Aufforderung zur Gewaltanwendung gegen die linksradikalen Aktivisten. "RAF-Mörder spaziert durch Berlin", so 41 Jahre später eine Schlagzeile der Bild-Zeitung (10.01.2009), zu der ein aktuelles Foto von Christian Klar, das zuvor bereits in der B.Z. zu sehen war, veröffentlicht wurde.

Dessen Verbreitung untersagte das Landgericht Berlin zwar auf Antrag von Klars Anwalt mit einer einstweiligen Verfügung, doch das bringt die Springer-Presse erst richtig in Rage. Nun trommeln Bild und B.Z. gemeinsam gegen das gerichtliche Verbot, das sie mit juristischen und publizistischen Mitteln angreifen. Dem gehobenen Publikum teilt Die Welt (welt.de, 13.01.2009) derweil mit, wie viel Hartz IV Christian Klar erhalten kann, nachdem er das Angebot, ein Praktikum am Berliner Ensemble zu beginnen, aufgrund der gegen ihn und das Theater wie seinen Intendanten Claus Peyman gerichteten Anwürfe ablehnte. Die Absicht des akribisch alle in Frage kommenden Leistungen auflistenden Artikels ist klar - hier wird dem sozialchauvinistischen Ressentiment gegen Empfänger staatlicher Leistungen, ein in der Springer-Presse beliebter Topos spießbürgerlicher Erregung, Futter gegeben.

Massenmörder, die ihr blutiges Handwerk im Namen des deutschen Staates vollzogen hatten, wurden von der Springer-Presse meist geschont. Alte Nazis wurden gegen Anwürfe von links in Schutz genommen, und mit den Diktatoren dieser Welt stand man, so ihr antikommunistischer Leumund ohne Fehl und Tadel war, auf bestem Fuße. Die gegen einen Straftäter, der seine Strafe verbüßt und allen Anspruch darauf hat, in Ruhe gelassen zu werden, gerichtete Hetzjagd meint denn auch nur bedingt die Person Christian Klar. Sie ist gegen alle gesellschaftlichen Kräfte gerichtet, die das zusehends von Rissen und Brüchen im einst so festen Mauerwerk gezeichnete System des Kapitalismus in Frage stellen und zu seiner Überwindung aufrufen. Die Nachstellungen, denen Klar ausgesetzt ist, erfolgen nicht aus den Schatten der Vergangenheit heraus, sondern sind Element einer höchst aktuellen sozialen Kriegführung.

14. Januar 2009