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PROPAGANDA/1320: Neokonservative Kampfpresse bejubelt Obama (SB)



Als "Barack of Afpakia" bejubelt das Wall Street Journal (WSJ) den US-Präsidenten wie einen erfolgreichen Kolonialfeldherrn in der Überschrift zu einem Artikel, in dem über seine Entscheidung, 17.000 weitere US-Soldaten in Richtung Zentralasien in Marsch zu setzen, berichtet wird. Auch wenn Barack Obama damit vorerst noch nicht die Wünsche der Generäle nach einer annähernden Verdoppelung der 36.000 bereits in Afghanistan stationierten US-Soldaten erfüllt, scheinen die Chancen für eine weitere Verstärkung angesichts der zusehends prekären militärischen Lage der NATO- und US-Streitkräfte nicht schlecht zu stehen. Dem gab der Kommandeur der US-Truppen in Afghanistan, General David McKiernan, mit dem bedenklichen Rapport Zunder, daß die eigenen Soldaten im Süden des Landes den dort kämpfenden Taliban bestenfalls in einer Pattsituation gegenüberständen. Seiner Einschätzung nach müßte die mit den nun zugesagten Verstärkungen erreichte Truppenstärke angesichts des hartnäckigen Widerstands der Taliban bis zu fünf Jahre lang aufrechterhalten bleiben.

Im Wall Street Journal, das der früheren US-Administration als zuverlässiger Richtschütze beim Abfeuern ganzer Salven neokonservativer Kriegspropaganda diente, freut man sich denn auch darüber, daß Obama in diesem Krieg immer mehr auf die Linie seines Vorgängers einschwenkt.

"Neben anderen nützlichen Dingen könnte Mr. Obamas Truppenaufstockung dabei helfen, seine Freunde in der politischen Linken über islamistischen Terror zu belehren. Das National Security Network, eine Einrichtung, die keine Gelegenheit ausließ, auf Präsident Bush einzuprügeln, hat sich schnell hinter die Linie des neuen Präsidenten gestellt. Die Gruppe sagt, Mr. Obamas Strategie muß 'zuallererst' darauf konzentriert sein, 'die Region Afghanistan-Pakistan davor zu bewahren, ein Aufmarschgebiet für terroristische Angriffe auf die USA und andere Nationen oder eine Quelle der Instabilität, die Pakistan ins Chaos treiben könnte, zu werden'."
(Wall Street Journal, 17.02.2009)

Man rechnet Obama beim WSJ hoch an, schon vor mehr als einem Jahr unter Verwendung des Begriffs "Afpak" die beiden Staaten Afghanistan und Pakistan im allgemeinen und das Grenzgebiet zwischen ihnen im besonderen als wichtiges Ziel der US-Kriegführung ausgemacht zu haben. Daß man sich der gleichen Terrorideologie bedient, die vor acht Jahren den Vorwand zur Eroberung Afghanistans lieferte, spricht nicht eben dafür, daß auf die hierzulande verbreitete Behauptung, auch die US-Regierung strebe den Einsatz ziviler Mittel bei der Befriedung des Landes an, eine tatsächliche Annäherung der US-Kriegsdoktrin an die angebliche Friedensarbeit der Bundeswehr folgt.

Viel mehr scheint man in Washington davon auszugehen, daß man derartige eher belächelte Strategien ruhig den Europäern überlassen kann, während man die afghanische Bevölkerung weiterhin darin unterrichtet, sich der Sprache der Gewalt zu beugen. Ohnehin hat die Bundesregierung durch die Entscheidung, das eigene Kontingent an Kampftruppen unter Aufstockung der Quick Reaction Force (QRF) um mehrere hundert Soldaten unter Ausschöpfung des parlamentarisch vorgegebenen Rahmens von 4500 Bundeswehrsoldaten in Afghanistan zu verstärken, zu erkennen gegeben, daß sie dort nicht nur als technisches Hilfswerk unter Waffen in Erscheinung zu treten gedenkt. Daß die weitere Intensivierung des Krieges am Hindukusch die Zerrüttung Pakistans vorantreibt und nicht bremst, weiß man auch im Weißen Haus und im WSJ. Stabilität wird, selbst wenn es anders geht, über den Weg umfassender Zerstörung hergestellt. Sie ist erreicht, wenn das betroffene Land, so sehr es auch in Ruinen liegen mag, der eigenen Vormacht unterworfen wurde.

20. Februar 2009