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PROPAGANDA/1327: Miss Universe hatte viel Spaß in Guantánamo (SB)



Aus höchst berufenem Munde ist zu vernehmen, daß der US-amerikanische Militärstützpunkt Guantánamo Bay auf Kuba ein Hort der Ruhe, Entspannung und Erholung ist. Und wer sollte das besser beurteilen können als eine Frau, die mit dem bescheidenen Titel Miss Universe 2008 bedacht wurde? Die Rede ist von der 22jährigen Venezolanerin Dayana Mendoza. Gemeinsam mit Miss USA Crystle Stewart hat sie in der letzten Märzwoche den Stützpunkt besucht und auch - wie mutig von ihr! - echte Gefängnisse betrachtet. Das war eine "unglaubliche Erfahrung", schrieb die junge Frau am 27. März in ihrem Blog. Sie habe eine "Meeeenge Spaß!" gehabt, sei von Soldaten herumkutschiert worden, habe eine Bar besucht und einen "unglaublichen" Strand entdeckt. Das Gefangenenlager sei "sehr interessant". "Wir haben die Gefängnisse gesehen, wo sie [SB: die Insassen] duschen, wo sie sich mit Filmen, Kunstkursen, Büchern erholen."

Sie habe gar nicht mehr fort gewollt, bekannte Mendoza, die im vergangenen Jahr von den Begutachtern ja nicht nur wegen ihrer spezifischen Körpermaße, sondern auch wegen ihrer Ausstrahlung, also dem, was sie so rüberbringt, zum Fräulein Universum gewählt wurde. Wenn es noch eine Bestätigung für die damalige Entscheidung, diese und keine andere zur strahlenden Siegerin zu küren, bedurft hätte, so wurde Mendoza mit ihren frohgemuten Äußerungen zu dem Lager erbracht. Schade, daß sich die Insassen nicht auch einmal von außen betrachten dürfen. Jahrelang mit Müßiggang verbringen, 100 % relaxen, sich die Sonne der Karibik auf den Pelz braten und den Wind unter die Achseln pusten lassen - so etwas weiß man doch erst richtig zu schätzen, wenn man ein Stück weit Abstand gewonnen hat.

Mendoza ist echt zu beneiden. Das unvergeßliche Abenteuer wäre nur noch dadurch zu steigern gewesen, wenn die Soldaten sie an dem Genuß der sogenannten rumsfeldschen Wasserkur hätten teilnehmen lassen. Dabei wird mit den Sinnen gespielt wie sonst nirgends in der Unterhaltungsbranche. Ähnlich wie in einem modernen Jahrmarktkarussel wird die Person zum eigenen Schutz angeschnallt und kopfüber in eine leichte Schräglage gebracht. Dann eilen sachkundige Hände herbei, spannen ein Tuch über das Gesicht und gießen so lange Wasser über den Kopf, bis die Person keinen Atem mehr bekommt, den Mund aufreißt, aber statt Luft Wasser in die Lunge strömt. Welch ein Nervenkitzel, welch eine sinnliche Erfahrung! Nur wenigen Menschen ist es vergönnt, sich dermaßen intensiv kennenzulernen. Teilnehmer dieser Heilbehandlung für Körper, Seele und Geist sagen anschließend einhellig, daß die Erfahrung unvergeßlich ist.

Ähnlich wie beim Bungee-Springen müssen solche mutigen Körperertüchtigungen unbedingt von ausgebildeten Fachkräften durchgeführt werden. Allerdings bekommen die Teilnehmer der rumsfeldschen Wasserkur im Unterschied zum Bungee-Springen nach überstandener Tortur kein T-Shirt, auf dem "I did it!" (Ich tat es!) geschrieben steht. Das brauchen sie auch nicht, man sieht es ihnen sowieso an. Das Erlebnis gräbt sich tief in sie ein, ein Leben lang. Für das soziale Umfeld sind die betreffenden Personen so deutlich zu erkennen wie ein Leuchtturm bei Nacht.


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P.S.: Jede Spekulation, daß Mendozas naiv anmutende Schilderung ihres Guantánamo-Besuchs typischer Ausdruck einer eher körperbetonten, weiblichen Person sei, erweist sich als Irrtum und geht an der vielschichtigen Propaganda, welche die Einrichtung von ihrer Gründung an bestimmt hat, weit vorbei. Im übrigen hat eine weniger körperbetonte, männliche Person schon vor vielen Jahren etwas Ähnliches geschrieben. Unter der Überschrift "In the Land of Guantánamo" berichtete Ted Conover am 29. Juni 2003 für die "New York Times" (online):

"Die jugendlichen feindlichen Kämpfer leben in einem Gefängnis namens Camp Iguana. Es sieht wie ein Tennisplatz aus, der von einem Zaun umgeben ist, an dem zusätzlich einige gewöhnliche, nylongrüne Bahnen als Windschutz aufgehängt sind. Es liegt auf einer Klippe mit Blick aufs Meer; die Brise ist warm und angenehm. Nicht weit davon gibt es einen Strandabschnitt für Barbecues und Picknicks sowie ein Gebiet zur Wildtierbeobachtung. Aber die jungen Häftlinge besuchen diese Orte nicht ..."

2. April 2009