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LAIRE/1084: Massenverdursten in Europa (SB)


Eritreische Flüchtlingen verdursten bei Irrfahrt durchs Mittelmeer

Nur fünf Überlebende


Je mehr sich die Europäische Union zu einem monolithischen Staatenbund konsolidiert, desto repressiver scheint sie nach innen und aggressiver nach außen aufzutreten. Der eklatante Widerspruch extrem ungleicher Lebens- und Entwicklungschancen wird zu Lasten der Armutsregionen scheinbar aufgelöst, indem diese vollends abgeschottet werden. In Zukunft würde nicht einmal der Tod von rund 75 Bootsflüchtlingen aus Eritrea, die sich, wie heute berichtet wird, auf dem Weg nach Italien befanden und fast drei Wochen im Mittelmeer ohne Wasser herumirrten, wo sie verdurstet und verreckt sind, an jenen Widerspruch erinnern.

Die Europäische Union versucht, die Flucht zu verhindern, nicht aber den Anlaß der Flucht zu ergründen und vollständig zu beseitigen. Dazu wird die Grenzschutzbehörde Frontex personell und materiell besser ausgestattet, so daß die Flüchtlingsboote nach Verlassen der afrikanischen Küste so frühzeitig wie möglich zurückgedrängt werden können. Es werden aber auch Auffanglager in Nordafrika finanziert, in denen Flüchtlinge unter absichtlich abschreckend wirkenden, unhygienischen, gewaltgeladenen Verhältnissen zwecks späterer Abschiebung zusammengetrieben werden.

Die Voraussetzungen der Widerspruchsverschleierung werden allerdings bereits mit der willkürlichen Unterscheidung in Flucht aus politischen (legitim) und wirtschaftlichen (illegitim) Gründen geschaffen. Die Akzeptanz solcher definitorischen Differenzierung wurde tief im Wertekonsens der Wohlstandsregionen verankert und löst nicht einmal bei denen Bedenken aus, die noch nicht vollends abgestumpft sind und die unerträglichen Verhältnisse an den EU-Außengrenzen thematisieren.

In einer maßgeblich von den Interessen der Wohlstandsregionen wie der Europäischen Union bestimmten Welt, in der Menschen mit passiver oder aktiver Gewalt (unterlassene Hilfe oder Abdrängen von Flüchtlingsbooten) daran gehindert werden, sich geeignetere Überlebensbedingungen zu suchen, ist jeder Grund zur Flucht als politisch anzusehen.

22. August 2009