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LAIRE/1296: Drohnendesaster (SB)


Wir. Dienten. Deutschland.

War der jüngste Afghanistanbesuch Thomas de Maizières zugleich seine Abschiedstournee?



Neueste Nachrichten aus dem Bundesverteidigungsministerium: Bis heute sind schon 124 Drohnen entweder abgestürzt oder "systemkonform gelandet", wie es so schön blumig im Jargon der Bundeswehr heißt [1]. Läuft aber auf das gleiche hinaus - die Drohnen sind hin. Bei 871 solcher Fluggeräte in allen Teilstreitkräften ist das fast jedes siebte. Man könnte sich fragen, wozu die Bundeswehr eigentlich so viele dieser unbemannten Fluggeräte (UAV - Unmanned Aerial Vehicles) braucht. Doch die Frage erübrigt sich, das heißt, sie beantwortet sich faktisch von selbst: Die noch flugfähigen Drohnen werden natürlich benötigt, um die abgestürzten Drohnen zu suchen ...

Das TDM-Modell [2], die Leitdrohne, die über dem gesamten Militärapparat thront, ist ebenfalls noch nicht abgestürzt. Sie soll allerdings ziemlich angegriffen wirken, wie man so hört. Möglicherweise wird sie, die eine Zeitlang Hoffnungsträgerin der deutschen Regierungskoalition war, aber in erstaunlich kurzer Zeit ihre Tarnanstrichfarbe verloren hat und, wie der hilflos wirkende Schlingerkurs der letzten Tage mutmaßen läßt, auch nur über einen unterentwickelten Antikollisionsschutz verfügt, in Bälde ausgemustert.

Eigentlich hat Te-de-em bisher ganz passabel funktioniert und auf jeden Steuerbefehl von Chefpilotin Merkel am Spaßstöckchen zuverlässig reagiert: Links, rechts, noch mehr rechts, im Kreis herum, aufsteigen, absteigen, bremsen, beschleunigen. Das Modell kam dabei immer sehr technokratisch rüber, wie man im Volksmund sagt, dennoch oder gerade deshalb hat ihn "Mutti" Merkel in ihr großes Herz geschlossen. Vermutlich wird sie ihr geliebtes TDM-Modell weich landen lassen (also genau nicht "systemkonform"!), zumal es auch noch gar nicht richtig ausgebrannt ist. Deutschland. Dienen. kann man schließlich auch aus der Chefetage eines Rüstungskonzerns oder etwa nicht?

Nachdem nun die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung [3] unter Berufung auf eine noch unveröffentlichte Antwort der Bundesregierung bezüglich einer Anfrage der Bundestagsfraktion Die Linke von jener hohen Zahl an Drohnenabstürzen berichtet hat, klingt die vom Verteidigungsminister Thomas de Maizière propagierte Idee ziemlich unverfroren, eine passagierflugzeuggroße Drohne namens Euro Hawk im europäischen Luftraum kreisen zu lassen. Wer weiß, ob daraus nicht häufiger ein Kreiseln würde! Allein der Gedanke, daß ein pilotenloses Fluggerät dem zivilen Luftverkehr dazwischenfunken könnte, bereitet Unbehagen und weckt Erinnerungen an den "Starfighter", auch "Witwenmacher" genannt: Von 916 Kampfjets dieses Typs in der Bundeswehr stürzten 269 ab; weitere 31 Maschinen gingen durch Unfälle verloren. 116 Piloten verunglückten tödlich. Bitte keinen Euro Hawk in die Hände dieser Institution!

Die deutschen Drohnen sind keine Witwenmacher. Bis jetzt jedenfalls nicht. Doch hegt das deutsche Militär, einschließlich ihrer TDM-Leitdrohne, den tiefen Wunsch, Kampfdrohnen beispielsweise von einem Typ anzuschaffen, wie ihn die Amerikaner im Luftraum von Afghanistan, Pakistan, Somalia und Jemen fliegen lassen. Allein bei ihrem (Zwangs-)Verbündeten Pakistan haben die USA mit Hilfe von bewaffneten Drohnen bis jetzt zwischen 2548 und 3533 Einwohner in den Tod gerissen, wie das in London ansässige "Buerau of Investigative Journalism" auflistet [4].

"Unbemannte, bewaffnete Luftfahrzeuge unterscheiden sich in der Wirkung nicht von bemannten. Immer entscheidet ein Mensch, eine Rakete abzuschießen", sagte Thomas de Maizière im Januar gegenüber der Bild-Zeitung [5].

Aus der Sicht beispielsweise einer pakistanischen Familie, die im Grenzgebiet zu Afghanistan in ständiger Angst vor Drohnenangriffen lebt, ist der Unterschied tatsächlich belanglos, ob ihr Haus oder das ihrer Freunde und Nachbarn von einer Drohnen- oder Kampfjetrakete getroffen wird. Für sie wäre jede Meldung über den Absturz einer Drohne eine gute Meldung, wenn nicht den Streitkräften die Möglichkeit zugestanden würde, ihre Verluste an Kriegsgerät fortwährend zu ersetzen.


Fußnoten:

[1] http://www.bmvg.de/resource/resource/MzEzNTM4MmUzMzMyMmUzMTM1MzMyZTM2MzEzMDMwMzAzMDMwMzAzMDY4NjkzODc4NjE2OTc0NmQyMDIwMjAyMDIw/130622-FAS-Drohnenabst%C3%BCrze.pdf

[2] http://schattenblick.com/infopool/unterhlt/spucknap/usmi0017.html

[3] http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/vorwuerfe-gegen-de-maiziere-jede-siebte-bundeswehr-drohne-stuerzt-ab-12240297.html

[4] http://www.thebureauinvestigates.com/category/projects/drone-data/

[5] http://www.bild.de/politik/inland/drohne/codename-talarion-das-ist-deutschlands-geheimes-drohnen-programm-28268748.bild.html


23. Juni 2013