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LAIRE/1311: Trumps Kabinett - megareich, männlich, militärisch (SB)


Republikanische "Machtergreifung" in den USA


Der Milliardär und designierte US-Präsident Donald Trump stellt sich eine Mannschaft von seinesgleichen zusammen. Das Vermögen der bislang von ihm benannten 17 Kabinettsmitglieder summiert sich auf 9,5 Milliarden Dollar (nach Daten der US-Zentralbank von 2013), was über das Vermögen von mehr als 43 Millionen der ärmsten US-Haushalte hinausgeht, berichtete CommonDreams unter Berufung auf die Website Quartz.com. [1]

Solche Zahlenvergleiche sind sehr anschaulich, aber auch problematisch, da jeder US-Bürger, der nicht verschuldet ist und nur einen Cent Vermögen besitzt, reicher als 13 Prozent der US-Haushalte ist. Das sind 16 Millionen Einwohner. Geldvermögen ist möglicherweise eine Begleiterscheinung oder Folge von gesellschaftlichem Einfluß, aber nicht seine Voraussetzung.

Abgesehen vom ausgesprochen großen Reichtum fällt auf, daß Trumps Kabinett von weißen Männern dominiert wird. Bisher passen nur drei Personen nicht in dieses Raster: der Afroamerikaner Ben Carson (Wohnen und urbane Entwicklung), die chinesischstämmige Elaine Chao (Transport) und als zweite Frau Betsy DeVos (Bildung). Ansonsten zeigt Trump eine Vorliebe für hochrangige Militärs. Der ehemalige General des US Marine Corps (USMC) James N. Mattis soll Verteidigungsminister werden, Minister für Innere Sicherheit wird demnach der Ex-General des USMC John Francis Kelly, der ehemalige Generalleutnant Michael Flynn wird voraussichtlich Nationaler Sicherheitsberater und mit Mike Pompeo soll ein Absolvent der Militärakademie West Point neuer CIA-Direktor werden.

Die Zusammenstellung des Trumpteams erweckt den Eindruck einer republikanischen Machtübernahme der US-Regierung. Obwohl der Immobilienhai laut den Wahlgesetzen der USA nicht die Mehrheit der Stimmen, wohl aber die Wahl gewonnen hat, kann man nicht von einem Putsch sprechen. Der Vorgang erinnert an eine politisch brisante Entwicklung in einer vollkommen anderen Weltregion, der Türkei. Deren Präsident Recep Erdogan wurde ebenfalls demokratisch gewählt (läßt man die zahlreichen Winkelzüge und Repressionen gegen Oppositionsparteien vor der Wahl außer acht) und baut inzwischen sein autokratisches Regime aus. So gestaltet er das politische System der Türkei Schritt für Schritt zu einem Präsidialsystem um, das weitreichende Machtmittel in seinen Händen zusammenführen soll.

In dieser Hinsicht dürfte auch von Trump nach seiner Vereidigung noch einiges zu erwarten sein. America First lautet die Parole, mit der einzelne designierte Kabinettsmitglieder ihre Ministerien neu ausrichten, und so hat das Übergangsteam bereits dem bisherigen Energieministerium einen geradezu inquisitorischen Fragebogen vorgelegt, mit dem unter anderem die Namen von Mitarbeitern, die im Klimaschutz tätig waren, abgefragt werden. Eine weitere Frage läßt die Vermutung aufkommen, daß unter Trump der von der Obama-Administration aufgegebene Standort Yucca Mountain für die Einrichtung eines radioaktiven Endlagers wieder ins Spiel gebracht werden soll. [2]

Trump will Amerika zur früheren Größe zurückführen, doch wäre es ein Irrtum anzunehmen, daß Regierungen in den USA je etwas anderes gemacht hätten, als sich als Sprachrohr und Handlanger der Reichen und Superreichen bzw. der gesellschaftlich vorherrschenden Kräfte und Interessen zu betätigen. Dem Wahlvolk werden Vertreterinnen und Vertreter zweier Parteiapparate, die dem gleichen Ziel dienen, vorgesetzt, so daß nur die Wahl zwischen Regen oder Traufe bleibt. Alternativen existieren, finden jedoch regelmäßig kein Gehör. Sollten beispielsweise die USA unter Trump nicht verstärkt gegen Rußland vorgehen, wie es von seiner Konkurrentin Hillary Clinton vom demokratischen Flügel des gleichen Establishments zu erwarten gewesen wäre, dann ist Trumps Hauptgegner anscheinend China, hat er doch die Ein-China-Politik der USA in Frage gestellt.

Am Beispiel der Türkei kann man ablesen, wie schnell ein Staat seine Maske fallen lassen und sich in eine Diktatur wandeln kann, in der jegliche Oppositionskräfte unterdrückt und ihre Vertreter aus dem Verkehr gezogen werden. Sollte es Trump und seinem Team gelingen, die innerrepublikanischen Angriffe konkurrierender Seilschaften zu überstehen, wäre von ihm ebenfalls eine Art Machtergreifung, vermutlich marktliberalen Zuschnitts, zu erwarten. Der absoluten Freiheit wirtschaftlichen Handelns stehen viele Dinge entgegen wie zum Beispiel Umweltgesetze und Sozialstandards, Arbeitsrechte und höhere Löhne. Das dürfte nicht zuletzt jene Klientel zu spüren bekommen, die Trump zum Wahlsieg verholfen hat.


Fußnoten:

[1] http://www.commondreams.org/news/2016/12/15/trumps-cabinet-wealthier-one-third-us-households-combined

[2] https://www.bloomberg.com/news/articles/2016-12-09/trump-team-s-memo-hints-at-broad-shake-up-of-u-s-energy-policy

16. Dezember 2016


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