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LAIRE/1316: Die Wahl des Köders ... (SB)


CSU fischt weiter rechts


Ganz nach dem Spruch des früheren CSU-Vorsitzenden Franz Josef Strauß, "rechts von der CSU darf es keine demokratisch legitimierte Partei geben", überbieten sich sein heutiger Nachfolger und dessen christlich-soziale Parteigenossen gegenseitig mit Vorschlägen, um gemeinsam am rechten Rand kräftig abzuschöpfen. Flüchtlinge, die im Mittelmeer bei der Überfahrt nach Europa aufgegriffen werden, sollten nach Afrika zurückgebracht werden, heißt es laut "Rheinischer Post" in einem Beschlußpapier der CSU-Landesgruppe im Bundestag für die Klausur in der kommenden Woche. [1] Damit greift die CSU einen ähnlich lautenden Vorschlag des Bundesinnenministers Thomas de Maizière (CDU) vom November dieses Jahres auf. [2]

Allerdings versteckte dieser seinen Vorschlag noch hinter dem bloßen Vorwand, auf diese Weise Schleusern das Handwerk legen und die Zahl der im Mittelmeer ertrinkenden Flüchtlinge reduzieren zu wollen. Die CSU dagegen legt die Maske ab und wendet sich unverhohlen gegen den "Automatismus", Flüchtlinge aufzunehmen. Das entspricht ziemlich genau dem, was eine aufstrebende Partei rechts der CSU ebenfalls fordert.

Das Recht anerkannter Asylbewerber, Familienmitglieder nachzuholen, wird von der CSU ebenfalls attackiert. Bundestagsvizepräsident Johannes Singhammer (CSU) sieht deutsche Gemeinden und Städte vor großen Problemen, da sich aufgrund dieser Regelung die Zahl der Syrer im Land etwa verdoppeln werde. [3]

Auch in diesem Fall unternimmt die CSU einen Vorstoß, der von der Regierung längst eingeleitet wurde. Das im Februar verabschiedete Asylpaket II sieht bereits vor, daß der Familiennachzug von Flüchtlingen mit eingeschränktem Schutzstatus (subsidiär Schutzberechtigte) für zwei Jahre ausgesetzt wird. Das betrifft viele Syrer, da deren Fluchtgründe seit Anfang des Jahres genauer überprüft werden. Nur wenn sie individuelle Verfolgung geltend machen können, sind sie asylberechtigt. Die Flucht an sich verschafft ihnen diesen Status nicht. Durch das Asylpaket II wurde eine so weitgehende Beschneidung bestehenden Rechts vorgenommen, daß dies von dem damaligen Menschenrechtsbeauftragten der Regierung, Christoph Strässer (SPD), nicht mitgetragen wurde. Er nahm seinen Hut. [4]

Auch jene Partei rechts der CSU hat das Recht auf Familiennachzug aufs Korn genommen. Und warum beharrt der bayerische CSU-Landesvater Horst Seehofer so sehr darauf, daß für die Zahl an Flüchtlingen, die von Deutschland aufgenommen werden, eine Obergrenze eingeführt werden müsse? Nun, es gibt da so eine Partei rechts der CSU ...

Indem alle drei Regierungsparteien, CDU, CSU und SPD, einen kräftigen Schwenk nach rechts vollziehen, zeigen sie, daß sie nicht nach festgelegten politischen Prinzipien handeln (was nicht wirklich überrascht ...), es sei denn, man wollte Opportunismus als politisches Prinzip bezeichnen. Dem sind sie stets treu geblieben.

Was aber jene aufstrebende rechte Partei betrifft, deren Mitgliederzahl wächst und wächst, so ist der Opportunismus geradezu ihr Geburtshelfer. Seit ihrer Gründung lotet sie ständig neu aus, welche Standpunkte noch opportun sind und welche sie Wählerstimmen kosten könnten, beispielsweise weil zu viele Menschen als Folge einer sich offenbarenden Nähe zu nationalsozialistischem, antisemitischem Gedankengut abgeschreckt werden könnten. Anders gesagt: So wie die CSU und letztlich auch CDU und SPD im rechten Lager fischen, fischt die Partei rechts von ihr in der breiten bürgerlichen Mitte. Der Unterschied ist gering und läßt sich allenfalls an der Wahl des Köders festmachen.

Bis zur Landtagswahl in knapp zwei Jahren fließt noch viel Wasser die Donau hinunter, was heißt, daß die bajuwarische Regierungspartei bis dahin von ihrer Rechtsaußenposition noch einige extrem rechte Schwenks vollziehen wird, um ihr gefährdetes Privileg der Einparteienregierung zu verteidigen. Die Bundestagswahlen im August/September 2017 dienen dazu als Testlauf. Darauf schießt sich die CSU zur Zeit ein. Um Flüchtlinge und ihre notbedingten Gründe, weswegen sie ihre Heimat verlassen, geht es an letzter Stelle. Flüchtlinge bleiben auf der Strecke.


Fußnoten:

[1] http://www.deutschlandfunk.de/csu-plaene-gerettete-mittelmeerfluechtlinge-sollen-in.447.de.html?drn:news_id=693745

[2] http://www.heute.de/bundesinnenministerium-will-fluechtlinge-nach-afrika-zurueckschicken-45839746.html

[3] http://www.zeit.de/politik/deutschland/2016-12/familiennachzug-johannes-singhammer-syrische-fluechtlinge-asyl

[4] http://www.zeit.de/politik/deutschland/2016-02/asylpaket-ii-abschiebungen-familiennachzug

29. Dezember 2016


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