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AFRIKA/1822: Eritrea - Schauplatz für Iran-Israel-Konflikt? (SB)


Die Gerüchteküche brodelt

Unbestätigten Behauptungen zufolge unterhalten Israel und Iran militärische Stützpunkte in Eritrea


Eine der geostrategisch wichtigsten und vielbefahrensten Seeverbindungen, Rotes Meer/Golf von Aden, wandelt sich anscheinend zu einem vielschichtigen Kriegsschauplatz. Zum einen sind entlang der Küste Somalias Kriegsschiffe der USA, EU, Rußlands, Chinas, Japans, Irans und einer Reihe weiterer Staaten aufgezogen - als Vorwand für diese geballte militärische Präsenz dient die Sicherung der Route gegen Piraten, die aus dem Überfall auf Schiffe unter fremder Flagge und dem Erpressen von Lösegeldern ein einträgliches Geschäft gemacht haben. Zum anderen scheinen im Roten Meer sowie den afrikanischen Anrainerstaaten Sudan und Eritrea Spannungen zwischen Israel und Iran ausgetragen zu werden. Wobei die Auseinandersetzung bislang darin zu bestehen scheint, daß die israelische Luftwaffe iranische Frachter versenkt, die angeblich Waffen für die Hamas geladen haben, so man den Gerüchten Glauben schenkt. Entsprechende Behauptungen sind allerdings mit Vorsicht zu genießen, hat doch die iranische Regierung soeben erst der von einem ägyptischen Magazin aufgebrachten Behauptung widersprochen, daß Israel oder die USA ein iranisches Kriegsschiff versenkt haben. [1]

Auch hat Israel niemals offiziell zugegeben, daß es schon an zwei Gelegenheiten iranische Frachter versenkt und mehrere Lkw-Konvois auf sudanesischem Territorium zerstört hat, wobei angeblich auch Mitglieder der Revolutionären Garde Irans und eritreische Soldaten ums Leben gekommen sind. Wohl aber hat der frühere israelische Premierminister Ehud Olmert erklärt, daß Israel das Recht hat, wo es will gegen Waffenlieferungen an seine Feinde vorzugehen - eine Erklärung, die gemeinhin als Eingeständnis der Verantwortung für die erwähnten Anschläge gedeutet wird.

Mutmaßungen und Theorien beherrschen die Berichterstattung durch und durch. Das gilt auch für einen Artikel der "Sunday Times" [2], demzufolge Israel zwei geheime Marinestützpunkte auf eritreischem Territorium unterhält. Zum einen soll es sich um einen geheimdienstlichen Horchposten handeln, zum anderen um eine Basis zur Versorgung der in Deutschland hergestellten U-Boote.

Das eritreische Außenministerium wiederum erklärte, daß weder Israel noch Iran eine Basis in Eritrea unterhalten. [3] Der Bericht in der "Sunday Times" sei ein typisches Produkt westlicher Geheimdienstmachenschaften, um Eritrea zu schädigen. Um Zwietracht zwischen Eritrea und arabischen Staaten zu säen, streuten israelische Geheimdienste seit 17 Jahren das falsche Gerüchte aus, wonach Israel eine Militärbasis auf den Dahlak-Inseln unterhalte. Kaum seien diese Gerüchte restlos ausgeräumt worden, sei die nächste Behauptung aufgetischt worden, derzufolge Israel zwei Stützpunkte in Eritrea betreibe. Wobei der "Horchposten" auf die 1950er Jahre zurückgeht, als die USA versucht hatten, eine Basis bei der Kagnew Station in der eritreischen Hauptstadt Asmara einzurichten, was als Gegenleistung für die Unterstützung der äthiopischen Annexion Eritreas dienen sollte.

Lange Zeit galt der eritreische Diktator Isaias Afewerki als wohlgesonnen gegenüber Israel. 1993 hatte er sich dort einer Operation unterzogen. Doch im vergangenen Jahr besuchte er Iran und gilt seitdem als Verbündeter Präsident Mahmoud Ahmadinejads. Neben dem Aufbau von Handelsbeziehung zwischen den beiden Ländern wurde Iran laut der "Sunday Times" eingeräumt, eine Marinebasis im eritreischen Hafen Assab, an der Straße Bab el Mandeb, die das Rote Meer und den Golf von Aden verbindet, zu errichten. Eritrea leugnet dies. Dem ursprünglichen Bericht zufolge, der im vergangenen Jahr von dem israelischen Fernsehsender Infolive.tv in die Welt gesetzt wurde und auf den sich nun die Berichterstatter zu beziehen scheinen, hat Iran sogar Truppen und Kriegsschiffe nach Assab verlegt und dort zur Sicherung einer Erdölraffinerie Luftabwehrraketen aufgestellt.

Die Lage ist undurchsichtig. U-Boot-Basen Israels oder Irans oder iranische Luftabwehrraketen auf eritreischem Boden müssen, sofern nicht konkretere Beweise vorgelegt werden, der Gerüchteküche zugewiesen werden. Was also bleibt, abgesehen von unbestätigten Gerüchten?

- Eritrea und Iran haben im vergangenen Jahr begonnen, ihre wirtschaftlichen Beziehungen auszubauen. Anfang Mai 2008 reisten der eritreische Außenminister Osman Saleh Mohammed und Finanzminister Berhane Abrehe an der Spitze einer Delegation nach Teheran und bereiteten ein Treffen im selben Monat zwischen Eritreas Präsident Isaias Afewerki und dem iranischen Präsidenten Mahmoud Ahmadinejad vor.

- Iran hat Kriegsschiffe in den Golf von Aden gesandt, um seine Handelsschiffe gegenüber Überfällen zu schützen.

- Eritrea beherbergt und unterstützt radikale Islamisten der al-Shabaab in Somalia, die ihren früheren Verbündeten und heutigen Übergangspräsidenten Sharif Sheikh Ahmed von der Allianz für die Wiederbefreiung Somalias sowie die im Land stationierten Soldaten der Afrikanischen Union (AMISOM) bekämpfen.

- Im Januar und Februar wurden im Sudan Lastwagenkonvois zerstört.

Ungeachtet der teils undurchsichtigen Verhältnisse steht außer Frage, daß verschiedene Interessensgruppen an jener geostrategisch bedeutsamen Schnittstelle zwischen Afrika und dem arabischen Raum selbstverständlich nicht zuletzt mittels klandestiner Machenschaften versuchen, an Einfluß zu gewinnen. Da dies in der Regel zu Lasten anderer Interessen geht, muß auch mit offenen bis verdeckten Konfrontationen und einer propagandistischen Verkehrung der Verhältnisse gerechnet werden.


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Anmerkungen:

(Alle Internetzugriffe am 29. April 2009 )

[1] "Iran denies 'US-Israeli' assault on navy ship", Press TV, 28. April 2009
http://www.presstv.ir/detail.aspx?id=92820&sectionid=351020101

[2] "Israelis warn of Eritrea flashpoint", The Sunday Times, 19. April 2009
http://www.timesonline.co.uk/tol/news/world/middle_east/article6122337.ece

[3]"Eritrea: Govt Denies Israel, Iran Intelligence Training", 21. April 2009
http://allafrica.com/stories/200904220086.html

[4] "Report: Iran manning port south of Strait of Hormuz", 12. September 2008
http://www.ynet.co.il/english/articles/0,7340,L-3635752,00.html

29. April 2009