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AFRIKA/1829: Nigerias Senat beschließt Ende des Gas-Abfackelns (SB)


Erste Teilabschnitte eines neuen Gesetzes zum Verbot des Gas-Abfackelns in Nigeria genehmigt

Erneuter Termin gesetzt, bis zu dem kein Erdgas mehr abgefackelt werden darf


Jetzt aber wirklich, ganz ehrlich ... der nigerianische Senat hat beschlossen, daß das Abfackeln von Gas bis Ende 2010 aufhören muß. Wie ist dieser Beschluß zu bewerten? Nun, der letzte Stoßseufzer der Ehrlichkeit ist bekanntlich die vorletzte Lüge. Schon mehrmals verstrichen die Termine, bis zu denen in Nigeria kein Gas mehr abgefackelt werden sollte. Zuletzt war den Erdölkonzernen, die bei der Förderung des Schwarzen Golds Tag und Nacht die Umwelt verpestendes Gas abbrennen, eine Frist bis Ende 2008 gesetzt worden. Der Zeitpunkt war lange vorher angekündigt worden, er kam wahrlich nicht überraschend. Dennoch hat sich nichts Entscheidendes getan, und das wird es auch nicht, solange die Konzerne nicht finanziell empfindlich zu spüren bekommen, daß sie das Gas abfackeln, das im übrigen mehrere Milliarden Dollar in die notorisch klamme Kasse des Landes spülen könnte.

Der nachträgliche Bau von Anlagen, die das Gas abfangen, ist technisch aufwendig und kostenintensiv. Pech für die Konzerne, die teils jahrzehntelang das Problem kannten, es aber der Bevölkerung des Niger-Deltas aufgehalst haben. Denn die muß deswegen erhebliche Einbußen ihrer Lebensqualität hinnehmen. Das Problem zu lösen sollten sich die stets gut verdienenden Ölkonzerne und selbstverständlich auch die nigerianische Bundesregierung, die Mitverantwortung für die desaströse Lage trägt, etwas kosten lassen wobei Royal Dutch Shell, der größte Ölkonzern im Nigerdelta, behauptet, die Menge an abgefackeltem Gas seit dem Jahr 2000 bereits um mehr als 30 Prozent gesenkt zu haben.

Der vom nigerianischen Senat beschlossene Termin 31. Dezember 2010 wird rechtsverbindlich, sobald die Nationalversammlung das Gesetz mit dem Titel " Gas Flaring (Prohibition and Punishment) Bill 2009" verabschiedet hat, wie die nigerianische Zeitung "This Day" am heutigen Freitag berichtete. [1] Der Haken: Bislang wurden nur vier der 18 Paragraphen des Gesetzes vom Senat durchgewunken, darunter auch jener, der das Ende des Gas-Abfackelns verlangt. Das Gesetz könnte also noch verhindert werden, wenn andere Teile keine Anerkennung finden. Aber selbst wenn es verabschiedet würde, ist nicht ersichtlich, worin der wesentliche Unterschied zu den früheren Terminen, bis zu denen das "Flaring" beendet werden mußte, bestehen soll. Die Ölkonzerne sind zwar auf das Wohlwollen der Regierung angewiesen, aber das gilt umgekehrt noch viel mehr. Der britisch-niederländische Ölkonzern Shell und andere besitzen großen Einfluß auf die Politik des Landes.

Mit einem Weltanteil von 12,5 Prozent nimmt Nigeria den zweiten Platz nach Rußland in Sachen Gas-Abfackeln ein. Etwa 40 Prozent des Gases, das aus Tausenden Förderanlagen entweicht, werden nutzlos verbrannt. [2] Das Abfackeln führt bei der Bevölkerung im ölreichen Nigerdelta zu chronischen Gesundheitsproblemen; insbesondere Asthma und Krebs treten gehäuft auf. In der wasserreichen Gegend betreiben die Einwohner zwar auch Gemüseanbau, aber die Erzeugnisse schmecken häufig ölig. Gleiches gilt für das Trinkwasser, denn bei entsprechender Windrichtung legt sich der ölige Ruß überall nieder. Darüber hinaus erzeugen die hohen Flammen insbesondere nachts eine "Lichtverschmutzung", und was wenig bedacht wird: Das Abfackeln macht einen Lärm wie von einem Flugzeugtriebwerk.

Die meisten Einwohner des Nigerdeltas dürften den Senatsbeschluß mit Gelassenheit zur Kenntnis nehmen, ist es doch nicht das erste Mal, daß ihnen von der Regierung eine Veränderung der unerträglichen Verhältnisse in Aussicht gestellt wird. Andere Einwohner dürften weiterhin zu den Waffen greifen und den Kampf gegen die Regierung zur Befreiung des Nigerdeltas von den ausländischen Ölkonzernen fortsetzen.


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Anmerkungen:

[1] "Nigeria: 'Gas Flaring Must End By December 2010'", This Day, 15. Mai 2009
http://allafrica.com/stories/200905150189.html

[2] "Nigeria's gas profits 'up in smoke'", BBC News, 13. Januar 2009
http://news.bbc.co.uk/go/pr/fr/-/2/hi/africa/7820384.stm

15. Mai 2009