Schattenblick →INFOPOOL →POLITIK → REDAKTION

AFRIKA/1841: Dürre löst schwere Hungerkrise in Ostafrika aus (SB)


Waffen kann man nicht fressen

Somaliland bittet um Unterstützung gegen die Dürre


Während die USA Waffen an die in Bedrängnis geratene somalische Übergangsregierung liefern, was den Bürgerkrieg weiter anheizen dürfte, wird in der abtrünnigen nordsomalischen Provinz Somaliland Alarm geschlagen. Seit Jahrzehnten habe es nicht mehr eine solche Dürre gegeben, sagte Ahmed Yusuf Yasin, Vizepräsident und Vorsitzender des Nationalen Katastrophenkomitees (NERAD) auf einer Pressekonferenz in der Stadt Hargeisa. [1]

Alle sechs Regionen der Provinz sind gleichzeitig betroffen, weswegen die Dürre bei der Bevölkerung den Namen "Sima" erhalten hat. Das bedeutet in Somalisch "Gleichmacher" und verweist darauf, daß vormalige Klanrivalitäten und -fehden angesichts der gemeinsamen Not zurückgestellt werden.

Betroffen von der anhaltenden Trockenheit sind nach NERAD-Angaben 40 Prozent der 3,5 Millionen Einwohner Somalilands, also mindestens 1,4 Millionen Personen. Der Provinz mangelt es an vielem. Abgesehen von der Nothilfe für die Kranken und bereits Geschwächten bittet Yasin um Unterstützung beim Transport von Wasser, bei der Wiederherstellung von Bohrlöchern, der Entsandung von Wasserstellen und Dämmen. Auch fragt er Medizin und Mittel zur Wiederaufstockung der Viehherden an.

Da der Viehhandel ein wichtiger Erwerbszweig nicht nur für die Landbevölkerung ist, hat die Dürre begonnen, negative strukturelle Folgen zu zeigen. Die Viehzüchter müssen ihre mageren Tiere verkaufen, bekommen dafür wenig Geld, und müssen im nächsten Jahr bei Null anfangen. Das vom US-Entwicklungshilfeministerium finanzierte Famine Early Warning System Network (FEWSNET) warnte am 28. Juni davor, daß sich die negativen Folgen der Dürre gegenseitig aufschaukeln und eine humanitäre Katastrophe bevorstehe.

Auch andere Regionen Ostafrikas leiden unter akutem Wassermangel. Beispielsweise in der kenianischen Region von West Pokot, wo es nach Angaben des Bischofs Stephen Kewasis seit vier Monaten nicht mehr geregnet hat und rund 15.000 Einwohner auf Lebensmittelhilfe angewiesen sind. [2] Die Menschen müßten weite Strecken zurücklegen, um an Nahrung zu gelangen, berichtete er. Außerdem benötigten etwa 27.000 Stück Vieh dringend Wasser. Die Wasserstellen im benachbarten Uganda, wo die Viehtreiber ihre Herden normalerweise saufen lassen, seien ausgetrocknet.

Womöglich bekommt Somaliland bereits den Klimawandel zu spüren. Jedenfalls haben seit 2007 sowohl die kurze Regenzeit (Deyr) als auch die lange Regenzeit (Gu) unterdurchschnittliche Regenmengen gebracht, wobei dieses Jahr besonders schlimm ist. Klimaforscher prognostizieren für Ostafrika eine Zunahme von Dürren, was die letzten Jahre bereits gezeigt haben. Dem widerspricht nicht, daß regional Extremniederschläge und weitläufige Überschwemmungen auftreten können.

Vor der Küste Somalias tummelt sich eine Armada von Kriegsschiffen aus aller Herren Länder, um die Piraterie zu bekämpfen. Ein Bruchteil der Aufwände, um die Marinesoldaten zu versorgen, würde genügen, um den Einwohnern Somalilands aus der gröbsten Not herauszuhelfen.


*


Anmerkungen:

[1] "Somalia: Somaliland in Plea for Food Aid", UN Integrated Regional Information Networks (IRN), 29. Juni 2009
http://allafrica.com/stories/200906300588.html

[2] "Kenya: 15,000 Face Hunger in West Pokot", The Nation, 30. Juni 2009
http://allafrica.com/stories/200906300744.html

30. Juni 2009