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AFRIKA/1847: Lebendige Blockfreienbewegung - Treffen in Ägypten (SB)


15. Konferenz der Non-Aligned Movement einberufen

Ruf nach mehr Geschlossenheit gegenüber den führenden Wirtschaftsnationen, die mehrere globale Krisen zu verantworten haben


Einst als dritte Kraft zwischen den großen militärischen Blöcken NATO und Warschauer Pakt bzw. dem marktwirtschaftlich und staatssozialistischen Systemen gegründet, wurde der Blockfreienbewegung NAM (Non-Aligned Movement) 1991 nach dem Ende des Ost-West-Konflikts keine Zukunft attestiert. Doch die NAM ist nicht zerfallen, hat sogar weitere Mitglieder gewonnen und gilt nach wie vor als - wenn auch kleiner - Stachel im Fleisch der Big Player. Mit so einem Stachel können Dickhäuter leben, aber allein, daß er existiert, stellt eine Unbequemlichkeit dar.

Am Mittwoch, den 15. Juli, trafen sich Vertreter der 118 Mitglieder zählenden NAM im ägyptischen Badeort Sharm El Sheikh zu einer zweitägigen Konferenz, um erstens den Zusammenhalt der Organisation zu sichern und neue Aufgaben in Angriff zu nehmen. Allein die Tatsache, daß es im Rahmen dieser Konferenz zu direkten Gesprächen zwischen den verfeindeten Indien und Pakistan kam, war es wert, sie einzuberufen. Auch die Unterstützung des Friedensprozesses im Nahen Osten und die Fürsprache zu einem eigenen Staat für die Palästinenser, obgleich von verschiedenen Seiten seit Jahrzehnten gefordert, unterstreicht die Bedeutung der größten Staatengemeinschaft nach der UNO. So wenig Stimme indessen der NAM von den führenden Wirtschaftsnationen zugestanden wird, sie repräsentiert immerhin rund 55 Prozent der Weltbevölkerung.

Zu den vorherrschenden Themen gehört auch die wachsende Hungerkrise und die Aneignung von landwirtschaftlicher Fläche durch kapitalstarke Unternehmen, der Umgang mit der Schweinegrippe, der Klimawandel und die teuren Benzinpreise, um nur eine kleine Auswahl zu nennen.

Zu den Gründungsmitglieder der Blockfreienbewegung im Jahr 1955 gehörte auch der jugoslawische Präsident Tito. Die blockfreie Bundesrepublik Jugoslawien war auch das erste Land, das die NATO-Staaten in den 1990er Jahren nach dem Zerfall der Sowjetunion militärisch attackierten. Dafür lassen sich eine Reihe von Gründen nennen, einer von ihnen lautet, daß die NATO nach neuen Legitimationsvorwänden für ihre Existenz gesucht und nicht zufällig in der Zerschlagung einer der führenden Nationen der Blockfreienbewegung gefunden hat.

Auf den alle drei Jahre stattfindenden NAM-Treffen werden keine weltbewegenden Entscheidungen getroffen. Auch ist nicht zu erwarten, daß die teils historischen Gräben zwischen einzelnen Mitgliedern überwunden werden. Aber es könnte eine Stimmung entstehen, so daß die NAM-Mitglieder künftig selbstbewußter auftreten und sich gegenseitig dabei unterstützen, wenn es darum geht, bei Verhandlungen im Rahmen beispielsweise der Doha-Runde der Welthandelsorganisation WTO oder hinsichtlich des Abschlusses der Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (EPA) mit der Europäischen Union oder auch bezüglich der klandestinen Machenschaften der USA, das Lateinamerika als seinen Hinterhof betrachtet, geschlossener und dadurch stärker aufzutreten. Nicht zuletzt könnte die NAM versuchen, den Druck zu erhöhen, so daß die USA die Sanktionen gegen Kuba aufheben.

Wer den Fortbestand der Blockfreienbewegung nach dem Ende der großen Blockkonfrontation allein auf eine administrative Trägheit, die solchen Institutionen naturgemäß innewohnt, zurückführt, macht es sich bequem. Jeder Zusammenschluß von Staaten, die im Rahmen der Weltordnung einen Platz am unteren Ende zugewiesen bekommen, kann dazu beitragen, die Position der schwächeren Staaten zu stärken. Würde es die Bewegung der Blockfreien nicht schon geben, müßte sie erfunden werden.

15. Juli 2009