Schattenblick →INFOPOOL →POLITIK → REDAKTION

AFRIKA/1892: Nigeria - Ende des Gas-Abfackelns nun doch nicht so schnell (SB)


Ende 2012 soll in Nigeria fast kein Erdgas mehr abgefackelt werden


Seit Jahrzehnten werden die Bewohner des erdölreichen Nigerdeltas von der Zentralregierung hingehalten. Immer wieder wurde ihnen zugesagt, daß man sich um die Verbesserung ihrer Lebensverhältnisse kümmern werde. Auch das extrem umweltschädliche Abfackeln von Erdgas, das mit dem Erdöl aus der Tiefe hinaufgefördert wird, sollte schon längst beendet worden sein. Kürzlich wartete ein nigerianischer Minister mit der unglaubwürdigen Behauptung auf, daß ab dem kommenden Jahr in Nigeria keinerlei Gas mehr abgefackelt werde. [1] Jetzt gibt die Zeitung "Leadership" [2] die Erklärung eines hochrangigen nigerianischen Politikers wieder, demzufolge erst ab Ende 2012 kein Gas mehr abgefackelt werde.

Dieser Zeitpunkt wirkt sehr viel realistischer. Sofern die nigerianische Regierung entschlossen und die zum Ausdruck gebrachte Bereitschaft der Erdölgesellschaften nicht nur Hinhaltetaktik ist, könnte er tatsächlich eingehalten werden.

Der Abgeordnete und Vorsitzende des House Committee on Gas, Igo Aguma, erklärte gegenüber "Leadership", das Unterhaus mache sich dafür stark, daß das Gesetz zur Beendigung des Gas-Abfackelns bis zum 31. Dezember 2012 umgesetzt wird. Gleichzeitig stellte er klar, daß danach weiterhin mindestens fünf Prozent des Erdgases abgefackelt wird, so wie es in aller Welt üblich sei, um Explosionen zu vermeiden. Auch das klingt glaubwürdiger, wobei das Wörtchen "mindestens" (at least) bereits die Ausrede sein könnte, daß es vielleicht immer noch zehn, fünfzehn oder zwanzig Prozent sein werden.

Die Rohrleitungen, aus denen das Gas waagerecht oder senkrecht mit lautem Getöse ausströmt und meterhohe Flammen wirft, die eine meist rußig-schwarze Rauchwolke entstehen lassen, befinden sich manchmal inmitten der Dörfer oder auf Feldern, auf denen die Bauern ernten wollen. Die schadstoffbelastete Luft im unmittelbaren Umfeld der Fackeln, aber auch in weiterer Entfernung, in denen der Schmutz herabregnet, ist gesundheitsgefährlich und kann zu schweren Schäden der Atemwege sowie zu Krebs und Hautveränderungen führen.

Aufgrund des Drucks der Öffentlichkeit und heimischer wie auch internationaler Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen haben Politik und Wirtschaft das Gas-Abfackeln in Nigeria im Verhältnis zu früher deutlich reduziert. Wobei ein wichtiger Faktor dieser Entwicklung sicherlich darin besteht, daß Nigeria jährlich schätzungsweise zwei Milliarden Dollar Einnahmeverluste verzeichnet, wenn das Gas ungenutzt verbrannt wird. Außerdem ist die europäische Union an dem nigerianischen Erdgas interessiert. Es soll über eine Pipeline, die quer über die Sahara verlegt wird, nach Europa befördert werden. Insofern können die Bewohner des Nigerdeltas davon ausgehen, daß, wenn ihre Appelle schon nichts bewegt haben, zumindest das Geld die Aufmerksamkeit der Verantwortlichen erregt und sie es in der Aussicht auf gute Geschäfte auch mit dem Beenden des Gas-Abfackelns ernst meinen.

Damit würde den Einwohnern schon mal ein Teil der Umweltverschmutzungen erspart. Dennoch wird das Nigerdelta weiterhin zu den ärmsten und schadstoffbelastetsten Regionen des Kontinents zählen, da die gewöhnliche Erdölförderung aus den zahllosen Bohrlöchern und der Transport des Rohöls wie auch der raffinierten Ware durch Pipelines regelmäßig zu kleineren und größeren Leckagen führen.


*


Anmerkungen:

[1] Siehe AFRIKA/1891: Nigeria - Minister verspricht Ende des Gas-Abfackelns (SB)

[2] "Nigeria: Gas Flaring to End in 2012 - Lawmaker", Leadership (Abuja), 18. November 2009
http://allafrica.com/stories/200911180488.html

18. November 2009