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AFRIKA/2027: Südafrika - Widerstand gegen Fracking in der Karoo (SB)


Unkonventionelle Gasförderung stößt in Südafrika auf Skepsis

Besorgter Blick auf Umweltverschmutzungen in den USA als Folge des Fracking-Verfahrens


In einer Zeit, in der in einem der weltweit führenden Industriestaaten eine nukleare Katastrophe ungeheuren Ausmaßes stattfindet, von Umweltverschmutzungen als Folge der Förderung unkonventionellen Erdgases zu sprechen, erscheint übertrieben. Auf der einen Seite könnten ganze Landstriche, vielleicht sogar eine Metropole wie Tokio und im schlimmsten Fall eine ganze Insel und angrenzende Regionen vom nuklearen Regen heimgesucht werden, auf der anderen pumpen Unternehmen unter hohem Druck ein Gemisch aus Wasser, Sand und chemischen Substanzen in den Untergrund, um Klüfte zu weiten und das darin geborgene Erdgas zu fördern.

Aber nur weil irgendwo in der Welt gewaltige Umweltzerstörungen stattfinden, nicht auf die Umweltprobleme im Zusammenhang mit diesem Fracking genannten Verfahren der Erdgasförderung aufmerksam zu machen, hieße, sich stets nur am Worst-case-scenario zu orientieren. Anders gesagt: Fracking wird nicht dadurch auf einmal harmlos, weil andernorts unverhältnismäßig destruktivere Prozesse ablaufen, zumal dann nicht, wenn die mit der Gasförderung befaßten Unternehmen schon mal Diesel in das Gemisch einbringen, wie in den USA geschehen, und das Erdreich verseuchen.

Jenseits des großen Teichs wird seit einigen Jahren intensiv nach unkonventionellem Erdgas gebohrt, in Deutschland gelten Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen als attraktive Standorte. Hüben wie drüben hat sich in der Bevölkerung Widerstand entwickelt und organisiert. Auch in Südafrika begegnet die örtliche Bevölkerung der Förderung von unkonventionellem Erdgas mit Skepsis, wie Medien kürzlich berichteten [1]. Der Konzern Shell South Africa hat drei separate Explorationsanträge an die zuständige Petroleum Agency of South Africa gestellt, weil er im südwestlichen Karoo nach Erdgas bohren will. Umweltschützer und Bewohner dieser semiariden Region monieren, daß beim Fracking große Mengen Wasser verbraucht werden; das sei im Karoo viel zu knapp. Außerdem machen Kritiker auf die mit dem Fracking verbundenen Umweltgefahren aufmerksam. [2]

Diesen Vorwurf weist Shell-Manager Graham Tiley zurück. Das Unternehmen werde im Karoo eine sichere Technik einsetzen, von der keine Umweltschäden bekannt sind, sagte er aus Anlaß der Veröffentlichung des Entwurfs "Draft Environmental Management Plan for the South Western Karoo Basin Gas Exploration Project", der vom 7. März bis 5. April 2011 ausliegt und öffentlich kommentiert werden kann.

Zur Bekräftigung führt er das Argument an, daß die US-Umweltschutzbehörde (EPA) nirgends einen Beweis für einen Zusammenhang zwischen dem Fracking und der örtlichen Wasserkontamination gefunden habe. Allerdings hatte die "New York Times" ausgerechnet am selben Tag bekanntgegeben, daß die EPA bereits seit 25 Jahren wichtige Informationen über die Umweltgefahren des Frackings zurückbehalten und die Energiewirtschaft Druck auf die Behörde ausgeübt hat, damit sie die Breite ihrer Studien einenge.

In den internen EPA-Berichten, die der New York Times vorliegen, wird vor der Gefahr gewarnt, daß das Wasser, das zuvor in mehreren tausend Metern Tiefe horizontal ins Gestein gepreßt wurde, nach dem Hinaufpumpen Radionukleotide, Salze und jene zuvor eingebrachten chemischen Substanzen enthält. Diese belasteten die Entwässerungs- und Abwassersysteme in den Förderregionen, da sie bislang nicht herausgefiltert würden.

Wie aber sieht das Fracking in Südafrika aus? Die Bevölkerung sorgt sich, daß Shell zu solchen umweltschädlichen Mitteln greifen wird, auch wenn das Unternehmen behauptet, nur harmlose Verfahren anzuwenden. Shell hat eine angeblich unabhängige Beratungsfirma beauftragt, ein Umweltmanagementprogramm zu erstellen. [3] Anfang März verhängte die zuständige Ministerin für mineralische Ressourcen, Susan Shabangu, ein unbefristetes Moratorium auf alle neuen Explorations- und Produktionsansprüche in der Karoo. Davon nicht betroffen sind die bereits genehmigten Anträge. [4]

Südafrika, das einzige Schwellenland unter den Subsaharastaaten, wandelt in vieler Hinsicht auf den umstrittenen Pfaden westlicher Industrienationen, sei es bei der Grünen Gentechnik, Nukleartechnologie, Kohlekraft und auch beim Fracking. Die wirtschaftliche Entwicklung des Kapstaats bringt die gleichen Umweltprobleme hervor wie in einem industriell flächendeckenden Staat, und es hat den Anschein, als werde die Regierungspartei ANC unter Jacob Zuma die neoliberale Politik seines Vorgängers Thabo Mbeki in wesentlichen Zügen fortsetzen. Die industriell geprägten Produktionsverhältnisse Südafrikas ähneln denen westlicher Staaten - Fracking ist deren typische Antwort auf die Verteuerung anderer fossiler Energieträger.


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Anmerkungen:

[1] "'Fracking'War looms in the Karoo", Graaff-Reinet Tourism, 28. Februar 2011, übernommen von; Times Live, 27. Februar 2011
http://www.graaffreinet.co.za/index.php?page_name=more&list_id=160

[2]"South Africa: Shell South Africa Cites America's EPA On Credibility of Fracking, But EPA Stands Accused of Concealing Dangers of Natural Gas Extraction", The South African Civil Society Information Service (Johannesburg), 7. März 2011
http://allafrica.com/stories/201103080624.html

[3] "South Africa: Pandor Denies Meeting Shell Over Karoo Gas Exploration", BuaNews (Tshwane), 8. März 2011
http://allafrica.com/stories/201103080613.html

[4] "Süd-Afrika: Ministerin ordnet Fracking Moratorium an", Beitrag von Jörn Krüger auf der Website "Unkonventionelle Gasförderung. Berichte, Informationen und Neuigkeiten zur unkonventionellen Gasförderung in Deutschland", 4. Februar 2011
http://www.unkonventionelle-gasfoerderung.de/2011/02/04/sued-afrika-ministerin-ordnet-fracking-moratorium-an/

16. März 2011