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ASIEN/777: Pakistans Gegner von US-Drohnenangriffen machen mobil (SB)


Pakistans Gegner von US-Drohnenangriffen machen mobil

Autokonvoi nach Südwasiristan soll Stärke der Protestbewegung zeigen



In Pakistan geben die US-Drohnenangriffe auf mutmaßliche Taliban-Kämpfer in der Nähe der Grenze zu Afghanistan Anlaß für Empörung und Wut. Bei den Raketenangriffen werden nicht nur Aufständische, sondern zahlreiche Zivilisten getötet. Die Pakistaner betrachten solche Operationen der CIA, die, seit Barack Obama 2009 US-Präsident wurde, deutlich zugenommen haben, als grobe, illegale Verletzung der Souveränität ihres Landes. Sie fühlen sich von der eigenen Regierung verraten, weil diese entweder unfähig oder unwillig ist, die Amerikaner zur Einstellung der umstrittenen Maßnahme zu bewegen.

Das ehemalige Cricketidol Imran Khan stieg durch seine lautstarke Kritik an den US-Drohnenangriffen zum populärsten Politiker Pakistans auf. Sollte seine Partei, die Pakistan Tehreek-e-Insaf (PTI), im kommenden Jahr als stärkste Kraft aus den pakistanischen Parlamentswahlen hervorgehen, will Khan als Premierminister Washington zu einer Kursänderung im sogenannten "globalen Antiterrorkrieg" zwingen. Am 6. Oktober wird ein von Khan angeführter Autokonvoi von der Hauptstadt Islamabad nach Südwasiristan, das neben Nordwasiristan die meisten solcher Drohnenangriffe zu verzeichnen hat, aufbrechen. An dem motorisierten Protestmarsch nehmen Hunderte Pakistaner und sogar eine Gruppe aus 35 Friedensaktivisten aus den USA teil, an deren Sitze Medea Benjamin von der Gruppe Code Pink, die jüngst das Buch "Drone Warfare - Killing by Remote Control" veröffentlichte, steht.

Ob es den Drohnengegnern gelingen wird, die von ihnen für den 7. Oktober geplante Demonstration in der südwasirischen Stadt Jandola abzuhalten, muß sich noch zeigen. Die Stammesbezirke an der Grenze zu Südafghanistan gelten quasi als militärisches Sperrgebiet. Dort dürfen keine Ausländer hinein. Auf Drängen der USA haben die pakistanischen Streitkräfte in den letzten Jahren mehrere blutige Großoffensiven gegen die Taliban in den autonomen Stammesgebieten durchgeführt, das Militär weigert sich jedoch bis heute, in Nordwasiristan, das als Hochburg der anti-westlichen Militanten gilt, einzumarschieren. Khan Khan nach eigenen Angaben vom pakistanischen Generalstabschef Ashfak Parvez Kayani grünes Licht für die Kundgebung in Jandola erhalten haben sowie die Zusicherung, daß die Veranstaltung von der Armee geschützt wird. Seitens der afghanischen und pakistanischen Taliban gibt es unterschiedliche Signale. Einige Fraktionen freuen sich über die Solidarität der Friedensaktivisten und haben Khan Sicherheitsgarantien gegeben. Andere wiederum halten den PTI-Chef für eine Marionette des Westens. Sie stören sich an der Teilnahme von Christen und Juden aus dem Ausland an der Protestaktion und drohen mit Selbstmordanschlägen.

Unabhängig davon, ob die Veranstaltung in Jandola stattfinden oder ob Khan im kommenden Jahr Anführer der stärksten Fraktion im Parlament in Islamabad wird, hat der ehemalige Kapitän der pakistanischen Cricket-Nationalmannschaft, die 1992 die Weltmeisterschaft gewann, die dringend notwendige Diskussion über den Sinn und Zweck der Terrorbekämpfungspolitik der USA vorangetrieben. Khan macht geltend, daß mehr als 30.000 Pakistaner im Zuge von Amerikas Krieg gegen die Taliban ums Leben gekommen sind, und daß die Verluste der pakistanischen Streitkräfte in diesem Zusammenhang sogar höher liegen als die der NATO in Afghanistan. Was die Frage der bei den Drohnenangriffen getöteten Zivilisten betrifft, so macht es sich die Obama-Regierung leicht. Sie wertet jeden männlichen Getöteten im wehrfähigen Alter - also ab dem 14. Lebensjahr - als Aufständischen. Einer vor kurzem veröffentlichten Studie des Bureau of Investigative Journalism in den USA zufolge sind bei den mehr als 300 Drohnenangriffen der CIA allein in Nordwasiristan mehr als 2500 Menschen ums Leben gekommen, mindestens ein Viertel der Opfer waren Zivilisten.

6. Oktober 2012