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ASIEN/796: Musharrafs Rückkehr nach Pakistan gerät zur Farce (SB)


Musharrafs Rückkehr nach Pakistan gerät zur Farce

Statt Wahlkampf gibt es für den Ex-Diktator nur endlose Prozesse



Ganz anders dürfte sich Pervez Musharraf seine Rückkehr nach Pakistan vorgestellt haben. Statt als Retter der Nation, der die korrupte Politikerkaste des Landes wegfegt und wieder für stabile Verhältnisse sorgt, gefeiert zu werden, steht er nun unter Hausarrest. Ihm drohen mehrjährige Prozesse im Zusammenhang mit seiner früheren Präsidentschaft, die das Aus für die politischen Ambitionen des General a. D. bedeuten dürften. Die Chancen, daß Musharraf, wie er ursprünglich hoffte, aus den Parlamentswahlen am 11. Mai als Anführer der stärksten Fraktion und eventuell als aussichtsreichster Kandidat für den Posten des Premierministers hervorgehen wird, liegen jetzt schon bei Null.

Die Blamage zeichnete sich bereits bei der Rückkehr am 24. März ab. Statt der erhofften Volksmassen kamen nur wenige hundert Anhänger der von Musharraf 2010 aus dem Exil in London und Dubai gegründeten All Pakistan Muslim League (APML) zum Flughafen von Karachi, um den großen Triumphator feierlich in Empfang zu nehmen. Medienberichten zufolge traute sich der Möchtegern-Wahlkämpfer in den folgenden Wochen kaum aus seinem Hotel und wenn, dann nur in Begleitung eines riesigen Pulks an Sicherheitspersonal. Endgültig haben sich die politischen Ambitionen des Ex-Generals zerschlagen, als ihm am 16. April ein Gericht die Teilnahme an der Parlamentswahl verbot. Das Urteil wurde mit Musharrafs umstrittener Entlassung des Obersten Gerichtshofes 2007 begründet. Der 69jährige Politiker will angeblich die Entscheidung vor dem Obersten Gerichtshof anfechten. Nur hat er da ganz schlechte Karten. Vorsitzender des Gremiums ist mit Iftikhar Muhammad Chaudhry derselbe Richter, den Musharraf vor fünf Jahren unter Hausarrest stellen ließ und dadurch zum Helden der Bewegung für ein unabhängiges Justizwesen in Pakistan machte.

Statt der politischen Bühne dürfte bis auf weiteres Musharrafs Hauptbetätigungsfeld der Gerichtssaal sein. In drei schweren Fällen drohen ihm langwierige Prozesse. Es geht hier erstens um Verstoß gegen die Verfassung, als er, wie gerade erwähnt, im Streit mit Chaudry den Obersten Gerichtshof entließ und Pakistan in eine politische Krise stürzte, zweitens um eine mögliche Verwicklung in die Ermordung Benazir Bhuttos im Dezember 2007, als die Ex-Premierministerin kurz davorstand, ihre Pakistan Peoples Party (PPP) zum Sieg bei den Parlamentswahlen 2008 zu führen, und drittens um das tödliche Attentat 2006 auf Akbar Bugti, den ehemaligen nationalistischen Gouverneur der Unruheprovinz Belutschistan, wo seit Jahren Aufständische um die Unabhängigkeit von Pakistan kämpfen.

Bei alledem dürfte Unappetitliches über Musharrafs Rolle im "Antiterrorkampf" bekannt werden. Im Mittelpunkt des Streits mit Chaudry und dem Obersten Gerichtshof stand damals die Frage nach den Umständen der von Musharraf im Juli 2007 angeordneten, gewaltsamen Erstürmung der sogenannten Roten Moschee in Islamabad. Bei der Aktion kamen einer der beiden extremistischen Anführer der Moschee, Abdul Rashid Ghazi, acht Soldaten und rund ein Dutzend Besucherinnen der dortigen Schule ums Leben. Abdul Rashids Bruder und politischer Weggefährte Abdul Aziz Ghazi wurde beim Versuch, als Frau verkleidet zu entkommen, verhaftet. Zwar hatten die Ghazi-Brüder mit ihrer unverhohlenen Unterstützung der pakistanischen Taliban im Kampf gegen die regulären Streitkräfte den Showdown provoziert, doch das Blutvergießen und der Tod der zahlreichen Mädchen hat in der Öffentlichkeit Pakistans für Entsetzen gesorgt. Vor einigen Tagen hat Musharraf zudem bei einem Fernsehinterview erstmals zugegeben, 2007 einen geheimen Deal mit den USA über den Einsatz von unbemannten Flugzeugen abgeschlossen zu haben, damit die CIA per Raketen Jagd auf mutmaßliche Taliban-Anhänger im pakistanischen Grenzgebiet zu Afghanistan machen konnte. Bei der pakistanischen Bevölkerung sind die CIA-Drohnenangriffe verhaßt, weil dabei hauptsächlich unschuldige Zivilisten ums Leben kommen.

Als Musharraf nach Pakistan zurückkehrte, waren die Haftbefehle gegen ihn aufgehoben. Er durfte sich auf Kaution frei bewegen, mußte jedoch seinen Reisepaß abgeben und versprechen, das Land nicht zu verlassen. Am 18. April hat Richter Shaukat Aziz Siddiqui am High Court in Islamabad die Kautionsbedingungen aufgehoben und die sofortige Festnahme Musharrafs angeordnet. In Panik ist der Ex-Diktator mit Hilfe seiner Leibwächter dem Gericht entkommen und in seine Villa in einem Nobelvorort der pakistanischen Hauptstadt geflüchtet. Dort sitzt er nun unter Hausarrest und macht sich Gedanken über seine nächsten Schritte.

20. April 2013