Schattenblick →INFOPOOL →POLITIK → REDAKTION

LATEINAMERIKA/2242: Zweiter Rückkehrversuch Zelayas endet nach einer Stunde (SB)


Zusammentreffen mit seinen Anhängern von Sicherheitskräften verhindert


Der zweite Versuch des gestürzten honduranischen Staatschefs, in seine Heimat und das Präsidentenamt zurückzukehren, endete mit einer symbolischen Geste. Manuel Zelaya passierte in der Kleinstadt Las Manos die Grenze zwischen Nicaragua und Honduras, setzte seinen Fuß auf heimischen Boden und kehrte nach einer Stunde auf nicaraguanisches Territorium zurück. Die am Übergang postierten Sicherheitskräfte waren zwar bei seinem Erscheinen einige Schritte zurückgetreten, verstellten ihm aber dennoch den Weg und verhinderten so ein Zusammentreffen mit seinen Anhängern. Zuvor hatten die honduranischen Putschisten von einem "strategischen Plan" zur Festnahme Zelayas gesprochen, sobald dieser über die Landesgrenze komme. [1]

Um Tausende Anhänger des Präsidenten fernzuhalten, die sich auf den Weg gemacht hatten, die Rückkehr Zelayas zu sichern, verhängte die Putschregierung eine Ausgangssperre in den grenznahen Regionen und hinderte die Menschen gewaltsam daran, sich den Übergängen zu nähern. Bei Zusammenstößen ging die Polizei mit Tränengas gegen die Unterstützer des Präsidenten vor und unterband auf diese Weise das geplante Zusammentreffen an der Grenze, dem ein gemeinsamer Marsch auf die Hauptstadt folgen sollte. [2]

Zelaya hatte seine Anhänger dazu aufgerufen, zivilen Widerstand zu leisten und ihn von der Grenze aus nach Tegucigalpa zu begleiten, um ihm damit den Weg zurück ins Präsidentenamt zu ebnen. Die Widerstandsbewegung rief zum Generalstreik auf und besetzte zahlreiche öffentliche Einrichtungen. Tausende Menschen demonstrierten gegen die Putschisten und blockierten wichtige Zufahrtswege der Hauptstadt Tegucigalpa wie auch Straßenverbindungen zwischen den verschiedenen Regionen des Landes.

Um seiner drohenden Verhaftung zu entgehen, begab sich Zelaya in den Kreis seiner Begleiter und der internationalen Reporter und Kamerateams zurück. Wie er erklärte, wolle er mit dem Generalstab und den Putschisten sprechen und Verhandlungen mit seinen Gegnern in Honduras führen: "Ich kann nicht gegen die starke Opposition der Machtgruppen regieren und sie können nicht gegen das Volk regieren." Venezuelas Außenminister Nicolás Maduro, der Zelaya bis zur Grenze begleitet hatte, bekräftigte die Aufforderung seiner Regierung an US-Präsident Barack Obama, jegliche Hilfe an das Regime in Tegucigalpa einzustellen.

Zelaya hatte von dem Grenzort aus seine Familie angerufen, um ihr mitzuteilen, daß er sich auf honduranischer Seite befinde. Wie seine Frau, Xiomara Castro de Zelaya, dem multinationalen Fernsehsender Telesur telefonisch mitteilte, habe man sie daran gehindert, zur Grenze zu kommen. Wegen der vom Putschregime verhängten Zensur berichteten die Fernsehsender in Honduras nicht von dem kurzen Übertritt des Präsidenten. [3]

Am 5. Juli hatte Manuel Zelaya schon einmal versucht, nach Honduras zurückzukehren. Die Streitkräfte verhinderten dies jedoch, indem sie vor der Landung seines Flugzeugs in Tegucigalpa die Landebahn blockierten. Daraufhin kam es zu Zusammenstößen mit Anhängern Zelayas, bei denen mindestens ein Demonstrant von Soldaten erschossen wurde.

Da im November Präsidentschaftswahlen in Honduras stattfinden, bei denen Zelaya gemäß der Verfassung kein weiteres Mal kandidieren darf, spielen die Putschisten auf Zeit, worin sie von all jenen Kräften mittelbar unterstützt werden, die zwar den Staatsstreich verurteilen, aber eine Umgestaltung der honduranischen Gesellschaft und die Annäherung des Landes an Venezuela und dessen Verbündete zu verhindern trachten. Das gilt insbesondere für die US-Regierung, deren vorgeblich neuer Umgang mit den lateinamerikanischen Ländern unter Barack Obama darauf hinausläuft, Kreide zu fressen und hinterrücks die Krallen zu schärfen.

In Washington kritisierte US-Außenministerin Hillary Clinton den Grenzübertritt denn auch als "rücksichtslos" und erklärte, dieser Schritt werde nicht dazu beitragen, die demokratische und verfassungsmäßige Ordnung in dem mittelamerikanischen Land wiederherzustellen. Jeder einseitige Schritt Zelayas zur Rückkehr nach Tegucigalpa sei unklug und gefährlich. Der Generalsekretär der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS), José Miguel Insulza, forderte Zelaya im Fernsehen auf, keine Konfrontation zu suchen, sondern an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Hingegen hob der aus Nicaragua stammende Präsident der UN-Vollversammlung, Miguel d'Escoto Brockmann, hervor, daß der Rückkehrversuch "richtig" und "heldenhaft" gewesen sei.

Die Mitglieder der südamerikanischen Wirtschaftsgemeinschaft Mercosur verurteilten bei ihrem Gipfeltreffen in Paraguay den Staatsstreich in Honduras mit scharfen Worten. "Nie mehr, niemals mehr soll in Amerika eine Diktatur entstehen, die die Stille des Todes erzeugt", sagte Paraguays Präsident Fernando Lugo bei dem Treffen in Asunción. Die Absetzung Zelayas habe gezeigt, "wie zerbrechlich die Demokratien in Lateinamerika sind".

Anmerkungen:

[1] Gestürzter Präsident. Erneuter Rückkehrversuch Zelayas gescheitert (25.07.09)
http://www.welt.de/politik/article4188808/Erneuter-Rueckkehrversuch-Zelayas- gescheitert.html

[2] High Noon in Honduras (25.07.09)
http://www.kurier.at/nachrichten/1925733.php

[3] Zelaya zu Fuß kurzzeitig nach Honduras zurückgekehrt (25.07.09)
http://www.google.com/hostednews/afp/article/ALeqM5jtH5DI8jLKpAn2mtpLYouWz9rPYA

25. Juli 2009