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MEDIEN/466: eBay-Gründer Omidyar finanzierte Putsch in Kiew mit (SB)


eBay-Gründer Omidyar finanzierte Putsch in Kiew mit

Glenn Greenwald relativiert seine Verbindung zum Medien-Mäzen Omidyar



Die wochenlangen Proteste auf dem Maidan-Platz in Kiew gegen die ukrainische Regierung, die in der Nacht vom 21. auf den 22. Februar mit der Erstürmung des Parlaments durch Putschisten und der Flucht des um sein Leben fürchtenden Präsidenten Viktor Janukowitsch ihren Höhepunkt fanden, sind nicht nur diplomatisch und moralisch [sic], sondern auch finanziell und organisatorisch vom Westen unterstützt worden. Der wichtigste Beweis dieser Behauptung ist der berüchtigte, vermutlich vom russischen Geheimdienst abgefangene und veröffentlichte Mitschnitt eines Gespräches vom 25. Januar zwischen Victoria Nuland, der im Washingtoner Außenministerium für Europäische und Eurasische Angelegenheiten zuständigen Staatssekretärin, und dem US-Botschafter in Kiew, Geoffrey Pyatt.

Im besagten Telefonat besprachen Nuland und Pyatt, wie sie mit Hilfe von US-Vizepräsident Joseph Biden den Druck auf Janukowitsch aufrechterhalten wollten, damit er endlich aufgibt und die Macht an Arseni Jazenjuk von der oppositionellen Vaterlandspartei um Julia Timoschenko abgibt. Auf Anraten Nulands und Pyatts hat Jazenjuk Ende Januar das Angebot von Janukowitsch, zwecks nationaler Versöhnung und Beendigung der politischen Krise in der Ukraine Ministerpräsident einer Allparteienkoalition zu werden, ausgeschlagen. Stattdessen hat er sich nach dem Putsch zum Chef einer Regierung küren lassen, die hauptsächlich aus neoliberalen "Reformern" und neofaschistischen Ultranationalisten besteht.

Wer im Fernsehen die Berichterstattung über die riesigen Proteste auf dem Maidan-Platz verfolgt hat, könnte sich irgendwann die Frage gestellt haben, wer das alles bezahlt. Über Monate - und das im tiefsten Winter - wurden Tausende Demonstranten mit Zelten, Schlafsäcken, Heizmitteln, Nahrung, mobilen Toiletten und Duschräumen versorgt. Die Antwort darauf läßt sich aus einer Äußerung Nulands am 13. Dezember 2013 auf einer Konferenz zum Thema Ukraine und der dortigen Geschäftsmöglichkeiten entnehmen. Bei dem Anlaß erklärte die Ehefrau des Historikers Robert Kagan, des derzeit führenden Kopfes der US-Neokonservativen, daß Washington seit der Auflösung der Sowjetunion 1991 "mehr als fünf Milliarden Dollar" in "die Entwicklung demokratischer Institutionen, die Förderung einer zivilen Gesellschaft und einer guten Regierungsform" in der Ukraine investiert habe.

Ein am 28. Februar von Mark Ames bei der Onlinezeitung Pando Daily veröffentlichter Artikel liefert weitere Hinweise auf die Art der Finanzierung der ukrainischen Proteste, die man nicht anders als eine schwerwiegende Einmischung in die inneren Angelegenheiten der Ukraine bezeichnen kann. Demnach stammt mehr als die Hälfte - 54 Prozent - der 500.000 Dollar für die ukrainische Anti-Korruptionskampagne im Jahr 2012 von der United States Agency for International Development (USAID), die dem State Department untersteht. An zweiter Stelle der Finanziers der ukrainischen Konterrevolution stand mit 36 Prozent Pierre Omidyar, der schwerreiche Gründer und Miteigentümer der Internetbörse eBay, gefolgt von George Soros' Open-Society-Stiftung und der staatlich-amerikanischen National Endowment for Democracy (NED), die vor dreißig Jahren von Ronald Reagan und dessen CIA-Chef William Casey aus der Taufe gehoben wurde.

Mit dem Geld für die Anti-Korruptionskampagne wurden diverse Nicht-Regierungsorganisationen vornehmlich in der westlichen Ukraine gegründet. Im Zentrum des Geflechts der verschiedenen Oppositionsgruppen stand die Organisation "Centre UA", die von Oleh Rybachuk geleitet wurde. Der ehemalige Geheimdienstler, der über beste Verbindungen zu den wichtigsten Denkfabriken im Westen verfügen soll, gehörte 2005 als Vizepremierminister für die Annäherung an die Europäische Union der Regierung Julia Timoschenkos an, die nach nur wenigen Monaten aufgrund massiver Korruptionsvorwürfe vom damaligen Präsidenten Viktor Juschtschenko entlassen werden mußte. Letztere Einzelheit läßt erkennen, daß die Bekämpfung der Korruption für viele einfachen Anti-Janukowitsch-Protestierer das Hauptmotiv gewesen sein mag, für die oppostionellen Anführer jedoch lediglich als Vorwand diente, um ihre umstürzlerischen Pläne zu verwirklichen.

In seinem Pando-Artikel thematisiert Ames den Widerspruch, wonach eBay-Gründer Omidyar einerseits dem US-Außenministerium seit 2011 hilft, in der Ukraine einen demokratisch gewählten Präsidenten zu stürzen und durch ein pro-westliches Regime zu ersetzen, andererseits aber dem Anwalt Glenn Greenwald und den beiden Dokumentarfilmemachern Laura Poitras und Jeremy Scahill im vergangenen Jahr 100 Millionen Dollar zur Gründung des neuen Internetportals First Look gegeben hat, das künftig als erste Adresse für den regierungskritischen Investigativjournalismus gelten soll. In einer Replik beim eigenen Blog bei First Look, The Intercept, hat Greenwald am 1. März verärgert auf die Unterstellung Ames' reagiert, mit dem vielen Geld hätte sich Omidyar Zugriff auf die NSA-Daten Edward Snowdens gesichert und Amerikas prominenteste Kritiker des Imperialstrebens Washingtons kompromittiert. Greenwald meinte, bei allem käme es nicht auf die Politik der Medieneigentümer, sondern letztlich auf die Qualität des journalistischen Endprodukts an. Auch wenn Greenwald es nicht wahrhaben will, hat Omidyar mit der Bereitstellung der umfangreichen Mittel zur Gründung von First Look jedenfalls vorgesorgt, daß vom neuen Aushängeschild des US-Enthüllungsjournalismus eine Kritik zu erwarten ist, die lediglich auf eine Reform des kapitalistischen Systems und keinesfalls auf seine Abschaffung zielt.

3. März 2014